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Das War Ich Nicht

Das War Ich Nicht

Titel: Das War Ich Nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristof Magnusson
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Ludemanns rätselhafter Großkunde. «
    »Graham Santos ist eine Romanfigur von mir, Sie Idiot«, sagte ich, da hob er den anderen Arm. Ich zog den Kopf zurück, gleich hatte ich bestimmt seine Faust im Gesicht, doch er hielt die Hand nur steil nach oben, sodass er nun aussah wie eine Art böser Zwillingsbruder der Freiheitsstatue.
    »Sie haben klotzig verdient«, sagte er dann. »Deswegen habe ich die Sache laufen lassen. War ja auch für meinen Bonus nicht schlecht, wie Sie sich denken können. Aber für Ludemann ist die Sache zu groß geworden. Ab jetzt kümmere ich mich um Ihren Account. Da ist noch einiges Potenzial, Ihre Strategie zu optimieren, das kann der eh nicht, aber ich kann das. Zusammen werden wir Ihre Rendite noch weiter erhöhen. Morgen leite ich alles in die Wege. Um Ludemann brauchen Sie sich keine Gedanken zu machen. Der hat einen ordentlichen Bonus bekommen. Als Abschiedsgeschenk. Für den finde ich eine Lösung.«
    Ein Taxi hielt direkt vor uns. Er ließ den nach oben gereckten Arm sinken, öffnete die Tür, entließ mich aus seinem Griff und setzte sich hinein. Ohne nachzudenken, sprang ich auf das Taxi zu.
    »Was soll das heißen?«, fragte ich.
    Als er die Hand an den inneren Türgriff legte, rutschte der Ärmel seines Mantels zurück. Ein weißes Hemd mit goldenen Manschettenknöpfen und eine enorme Uhr kamen zum Vorschein. Er wollte die Tür des Taxis zuziehen, doch ich hielt sie fest.
    »Wie meinen Sie das, Sie finden eine Lösung?«, ich beugte den Kopf zu ihm hinunter. »Dass das klar ist: Ich will nicht, dass Jasper etwas passiert!«
    Ohne zu reagieren, sagte er dem Taxifahrer eine Adresse. Ich musste etwas sagen, sofort musste mir etwas einfallen, da sah er mich an.
    »Mr. Santos. Wir sind hier nicht im Krimi. Ich will doch auch nicht, dass Ludemann etwas passiert. Aber Sie wissen ja, es gibt Dinge, die passieren trotzdem.« Ruckartig zog er die Tür des Taxis zu. Ich hatte seiner Kraft nichts entgegenzusetzen, schaffte es nicht einmal, den Kopf rechtzeitig wegzuziehen, sodass der Türrahmen mich am Jochbein traf.
    »Oh, entschuldigen Sie. Das wollte ich nicht«, sagte er, dann fuhr er davon.
    Ich sah ihm hinterher. Im ersten Moment versuchte ich, mir das Kennzeichen zu merken, dann fiel mir ein, dass es ein Taxi war. Ich befühlte die pulsierend schmerzende Stelle unterhalb meiner Augenhöhle. Ich hatte Glück, dass mich die Autotür mit einer gummierten Stelle erwischt hatte, nicht mit dem rohen Metall. Dann war das Taxi bereits nicht mehr zu sehen.
    MElKE
    Bei unserem Hamburger Übersetzerstammtisch in Omas Apotheke in der Schanzenstraße hatte ich oft erlebt, wie die Kollegen ihre Autoren wie Pokemons gegeneinander antreten ließen, um zu sehen, wer die Cooleren hatte. Ich mochte dieses Spiel, weil ich mit Henry LaMarck immer gewann.
    Eigentlich wollte ich ja nie wieder nach Hamburg fahren, aber nun konnte ich es kaum erwarten, die Gesichter der Kollegen zu sehen, wenn wir beim nächsten Stammtisch an dem unbehandelten Holztisch saßen, kleine, günstige Gerichte aßen und ich von Henry LaMarck erzählte. Wie er sich gefreut hatte, mich zu sehen, wie er gestrahlt und sofort gewusst hatte, wer ich war. Wie ich diesem weltberühmten Autor aus der Erschöpfung helfen konnte, in die er nach der Vollendung seines Romans gefallen war, und dann zurück nach Deutschland mit einem Jahrhundert-Manuskript kam, das noch niemand vorher gesehen hatte.
    Ich freute mich so darauf, was machte es da schon, dass er etwas zu spät kam. Ich kaufte mir einen doppelten Espresso und stellte mir vor, wie ich den Kollegen eine kurze Zusammenfassung des Gesprächs gab, das ich gleich mit Henry führen würde. Mir war nämlich eine Idee gekommen: Konnte es sein, dass er so viel Zeit in und vor dem Caribou verbrachte, weil es das zentrale Motiv seines Jahrhundertromans war? Dieses andauernde Herumschleppen von Kaffees, dieser Wahn, immer unterwegs zu sein und doch nicht auf sein individuell zubereitetes Getränk verzichten zu wollen, mit fettfreier Milch und Bio-Zimt?
    Eigentlich musste ich ihn gar nicht fragen, bestimmt war es so! Niemand kennt das Werk eines Autors so gut wie die Übersetzerin. Wäre ein Roman ein Wohnzimmer, so sehen Lektoren, Leser oder Kritikerinnen es sich lediglich an. Wenn sie gewissenhaft sind, schauen sie gründlich hin, aber nur die Übersetzerin hat unters Sofa geguckt, die Blumen aus der Vase genommen, den Fernseher auseinander- und wieder zusammengeschraubt. Niemand auf der

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