Das Washington-Dekret: Thriller (German Edition)
wachsamen Blicken und Geringschätzung treffen würde. Doch Doggie straffte die Schultern und richtete den Blick stur geradeaus. Das Pressezentrumwar schließlich auch ihr Arbeitsbereich, und wer konnte schon wissen, welche Informationen sie womöglich erreicht hatten – und von welchem Wert diese für Wesley Barefoot waren? Sie musste einfach so aussehen, als hätte sie die Antwort auf jede erdenkliche Frage, dann würden sie sie schon durchlassen. Und dann musste Wesley natürlich in seinem Büro sein.
Vor seiner Tür wurde sie von zwei Männern angehalten und abgetastet. Sie sahen in ihre Mappe und fragten, warum sie nicht wie angewiesen in ihrem Büro wartete. Den Männern entging Doggies Trotz nicht, als sie entgegnete, sie werde sich schon brav an ihren Platz setzen, aber bis dahin möchten sie sie doch bitte ihre Arbeit machen lassen, damit Wesley Barefoot und der Präsident das Material bekamen, auf das sie warteten. Daraufhin wartete sie zwanzig Minuten vor Wesleys Tür, die Mappe fest an die Brust gedrückt.
Wesley kam nicht selbst heraus. Zwei Männer verließen sein Büro, dann führte man sie hinein. Er saß hinter seinem Schreibtisch, beide Hände um einen Becher Kaffee gelegt, und wirkte völlig verändert. Wie ein Schuljunge, dem man gerade mitgeteilt hatte, dass er nicht versetzt würde, kam er ihr vor. Sein Bemühen, Doggie anzulächeln, scheiterte kläglich.
Sie schlug einen lockeren Ton an. »Also, heute hier zu sein, ist ja wohl echt eine Strafe!«
Er nickte. »Du hast es also schon gehört?«
»Was gehört?«
»Also nicht.« Er ließ den Kopf etwas hängen und holte tief Luft. »Na ja, du wirst es ohnehin gleich erfahren, also zum Teufel mit dem Dienstweg. Donald Beglaubter ist tot.« Sein Blick war fast schon entschuldigend, als sie taumelte und sich setzte.
»Nein. Sag, dass das nicht stimmt, Wesley!«
Er senkte den Blick. »Doch, leider. Donald ist bei dem Attentat ums Leben gekommen.«
»O Gott.« Es schnürte Doggie die Luft ab. Einer ihrer besten Freunde war tot, und Wesley saß vor ihr und tat, als hätte er es selbst eben erst erfahren. Das konnte doch gar nicht sein! Wenn der Kommunikationschef des Weißen Hauses tot war, wäre Wesley doch der Erste, der davon erfahren müsste! Schließlich würde er jetzt Donalds Aufgaben übernehmen müssen, denn Lance Burton hatte alle Hände voll damit zu tun, den Stabschef zu geben. Sie war völlig durcheinander. Er stand auf und hockte sich neben sie.
»Nein, das kann nicht sein. Verdammt noch mal, wir waren doch gestern alle hier! Wie kann man so etwas so lange geheim halten? Hier stimmt doch etwas nicht. Du musst das doch schon gestern erfahren haben, warum hast du mir nichts davon gesagt?«
Wesley versuchte, ihr in die Augen zu sehen, doch sie wich seinem Blick aus. Er seufzte. »Glaub mir, ich wusste nichts davon. Ich erfahre längst nicht mehr alles. – Warum bist du hergekommen, Doggie?«
Sie musste ein paar Mal schlucken, bevor sie wieder etwas sagen konnte. »Wesley. Ich muss zu Jansen. Kannst du mir bitte helfen?« Sie schlug die Hände vors Gesicht. »Jansen muss die Hinrichtung meines Vaters aufschieben. Er muss einfach! Mein Vater ist möglicherweise unschuldig, ich glaube jedenfalls immer mehr daran, aber ich habe nicht genug Zeit, es zu beweisen. T. Perkins arbeitet bereits an der Sache, aber wir brauchen mehr Zeit.« Sie ergriff Wesleys Hände. »Du musst mir helfen, Wesley. Bitte.«
Sein Blick war traurig. »Ich kann nicht, Doggie.«
Der Druck auf Doggies Brust nahm zu. Ob man sich wohl bei der Verkündung des eigenen Todesurteils so fühlte? ›Ich kann nicht, Doggie‹, war das alles, was er dazu zu sagen hatte?
»Versuch’s!«, sagte sie.
Er erhob sich, verschränkte die Arme vor der Brust, lehnte sich an sein Regal und versuchte sich zu sammeln. »Ich mussdich warnen, Doggie. Ich glaube nicht, dass es klug ist, deinen Vater wieder ins Spiel zu bringen.«
Er drückte mit der Hand auf seinen ID-Chip und bedeutete Doggie, es ihm nachzutun. »Weißt du denn nicht, wie gefährlich es zurzeit ist, hier im Haus zu sein?«, flüsterte er. »Donald ist tot, und etliche andere sind ebenfalls tot oder verschwunden. Es gibt da so vieles, das ich gerne verstehen würde, und Jansen könnte mir dabei vermutlich helfen. Aber selbst ich darf nicht mehr mit dem Präsidenten alleine sein. Gestern war ich bei ihm. Ich wollte ihm erklären, wieso wir den Kurs ändern müssen, aber er hat mich komplett ausgebremst. Er wollte
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