Das Washington-Dekret: Thriller (German Edition)
Präsidenten berichteten, er sei erschüttert, und dazu hatte er allen Grund.
Jeden Tag hatte der charismatische Jansen den Wahlkampfmitarbeitern des Gegenkandidaten mehr graue Haare beschert, und ebenso seinen Rivalen in der eigenen Partei. Inoffiziellen Analysen zufolge wollten bereits vor dem Nominierungsparteitag 61 Prozent der Delegierten Bruce Jansens leicht verständlicher und logischer Argumentation folgen. Es war eine Erfolgsstory sondergleichen.
Doch Jansens Mitarbeitern war dieser Erfolg nicht in den Schoß gefallen. Monatelang hatten alle unter der Führung des knallharten Wahlkampfleiters Thomas Sunderland geschuftet, der so seine Position am besten hatte festigen können. Sunderland, ein hagerer, ernster Mann und ehemaliger Offizier, hatte Bruce Jansen immer zur Seite gestanden, war aber stets in dessen Schatten geblieben. Als Belohnung winkte nun eines der höchsten und wichtigsten Ämter des Landes. Es gab mehrere Möglichkeiten, aber am wahrscheinlichsten war der Posten des Stabschefs im Weißen Haus.
Doggie hatte sich gleich nach ihrem Juraexamen dem Team um Jansen angeschlossen, und bereits nach zwei Monaten hatte man ihr für den Fall des Wahlsiegs einen Job im Weißen Haus in Aussicht gestellt.
Wesley Barefoot, seit jener folgenschweren Pekingreise ein Anhänger Jansens, hatte sein Jurastudium schon vier Jahre vor Doggie abgeschlossen, er würde höchstwahrscheinlich ihr direkter Vorgesetzter im Westflügel werden. Mit messerscharfem Verstand begabt, war er das reinste Kommunikationsgenie, was er bereits in Harvard, wo sie beide studiert hatten, mehrfach unter Beweis hatte stellen können. Er war brillant, beliebt und charmant, und seine Kommilitoninnen waren fasziniert von seiner Eloquenz und seinem guten Aussehen. Und er nahm sich, was er wollte. Doch ausgerechnet Doggie zeigte sich seinen gegenüber Avancen unempfänglich.
Als sie ihn damals in Harvard wiedersah, hatte sie für sich beschlossen, dass zwischen ihnen irgendwann einmal eine ernsthafte Beziehung entstehen würde, und dieser Überzeugung war sie bis heute. Wenn sie Lust auf Sex hatte, boten sich ihr mehr als genug Möglichkeiten, das hatte mit Wesley nichts zu tun. Eine attraktive junge Frau wie sie mit einem Hintergrund wie dem ihren konnte es sich erlauben, wählerisch zu sein. Und das war sie. Wesley hob sie sich für später auf.
Sie rieb sich die Augen und sah auf die Uhr. Zwanzig Minuten hatte sie geschlafen, aber es kam ihr vor, als wäre es eine Ewigkeit gewesen. Sie hob den Kopf und beobachtete zufrieden, wie Wesley am anderen Ende des Busses damit beschäftigt war, die seit Wochen mehr oder weniger gleichen fünf Fragen der Journalisten zu beantworten.
Sie sah, wie sich seine Lippen bewegten. Ja, bestätigte er seinen Zuhörern, Bruce Jansen sei sehr zufrieden mit den sinkenden Beliebtheitswerten des Gegenkandidaten und des amtierenden Präsidenten, und ja, seine Nominierung als Präsidentschaftskandidat der Demokraten sei so gut wie sicher. Und ja, er könne auch bestätigen, dass Mimi Todd Jansen schwanger sei.
Doggie schnellte hoch und stieß sich den Kopf an der Busdecke. Was hatte Wesley da gerade gesagt? Mimi Jansen warschwanger? Mannomann, das war die Nachricht des Jahres, und das war ihnen allen sofort klar. Der Gouverneur, der seine erste Frau auf so tragische Weise verloren hatte, der jahrelang getrauert und keine Frau an sich herangelassen hatte. Der Mann, der endlich zur Ruhe gekommen war und das Glück gehabt hatte, noch einmal die große Liebe zu finden – sollte er jetzt auch Vater werden? Die Journalisten johlten und übertönten sich gegenseitig: War das ganz sicher? Wie lange wusste man das schon? Was sagte Senator Jansen dazu? War es nicht beängstigend, mit 55 zum ersten Mal Vater zu werden? Wann war der Geburtstermin? Wusste man schon, ob es ein Mädchen oder ein Junge …
Sämtliche Fragen zu Lobbyismus und staatlichen Subventionen in der Landwirtschaft sowie zu den Bundesstaaten im Südwesten, in denen Jansens Wahlkampf noch nicht den gewünschten Erfolg gezeitigt hatte, waren auf einen Schlag uninteressant geworden. Mimi Todd Jansen war schwanger! Wenn Jansen die Wahl gewann – und diese Nachricht war ein Riesenschritt in genau diese Richtung –, dann würde es im Weißen Haus wieder kleine Kinder geben. Das wäre das erste Mal seit Präsident Kennedy!
John Bugatti stürzte breit grinsend durch den Bus auf Doggie zu. Sie lächelte verschlafen zurück.
»Doggie! Verdammt, warum hast du
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