Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das weingetränkte Notizbuch: Stories und Essays 1944-1990Fischer Klassik PLUS (German Edition)

Das weingetränkte Notizbuch: Stories und Essays 1944-1990Fischer Klassik PLUS (German Edition)

Titel: Das weingetränkte Notizbuch: Stories und Essays 1944-1990Fischer Klassik PLUS (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Bukowski
Vom Netzwerk:
saugt nur noch fester. Heilige Mutter Maria. Der Wärter versucht alles. Ruhig durchatmen. So tun, als ob er schläft. Reden: »Lass doch los. Ich versprech dir auch, nie, nie wieder ein Tier zu ficken.« Jetzt ist es drei Uhr früh, und der Elefant hält ihn seit anderthalb Stunden gepackt … Mit seiner Frau konnte ihm das nicht passieren, da griff überhaupt nichts … Der Elefant hält ihn fest. Da kommt dem Wärter eine Idee, er nimmt sein Feuerzeug heraus, knipst es an, hält die Flamme unter den Rüssel. Der Griff lockert sich, dann geht das Feuerzeug aus. Der Wärter knipst dran. Umsonst. Er knipst und knipst. Kein Gas mehr. Pech. Fünfzehn Dienstjahre, und wenn sie ihn morgen früh so finden, ist er seinen Job los, oder es kommt noch schlimmer …
    »He, Wichser!«, ruft Sandra aus dem Nebenzimmer, »schreibst du was Gutes?«
    »Ja, aber ich weiß noch keinen Schluss.«
    »Lass sie die scheiß Bombe werfen.«
    »He, fabelhaft ! Mach ich glatt! Noch keiner, keiner hat so eine Story geschrieben!«
    Genau da knickt das Tischbein weg, und ich kann nur gerade noch die Flasche schnappen, als die Schreibmaschine auf den Boden kracht. Mailer oder Tolstoi ist das nie passiert. Ich nehme einen Schluck aus der Flasche, dann geh ich rüber zu der Uraltmaschine. Geh mir nicht kaputt, du gottverdammte Klapper … Sie ist aufrecht gelandet. Ich setze mich auf den Hintern und greife in die Tasten. Ich tippe: STIRB MEINER UNERMESSLICHKEIT NICHT WEG. Sie schreibt’s. Sie ist zäh, genau wie ich. Ich feiere uns beide mit dem nächsten Drink. Dann kommt mir ein Einfall: Ich entschließe mich, auf dem g.v. Boden weiterzutippen, ich werde meine g.v. Story auf dem g.v. Fußboden zu Ende bringen. Céline hätte das gefallen.

    Genau in dem Moment kommt ein unerhörtes Geschrei vom Himmel und Explosionslärm wie bei einem Überraschungsangriff, als tausend flitzende, flirrende, fetzende, fickerilierende Glasscherben in Wände, Fenster und sonstwas krachen. Der Süden ist verloren. Alles ist verloren. Bing Crosby rüttelt und schüttelt sich im Grab. Es herrscht Krieg. Krieg in East Hollywood, gleich hinter dem Western und dem Hollywood Boulevard, da wo die Imbissstände rund um die Uhr geöffnet sind, wo ich, wo wir wohnen, seit Jahren soll hier aufgeräumt werden, aber alles wird nur immer schlimmer.
    (Wenn ich mal was von den besten Zeiten hier erzählen darf, als die Flamme nur so lohte und das Leben endlich gut war: An der Südseite des Hollywood Boulevard hatte ein Lude einen ganzen Block gemietet. Na ja, ein ganzer Block war’s nicht, aber der Löwenanteil zwischen dem Resteladen und der heißen Nacktbar, und er ließ die Mädchen in häuslichem Ambiente in den Fenstern sitzen: Sessel, Fernseher, Teppich, manchmal eine Katze oder ein Hund, Vorhänge; und die Mädchen saßen da immer, als wären sie aus Glas, aus Wachs, und wenn sie auch nicht immer schön waren, so fand ich es doch sehr mutig oder zumindest tapfer von ihnen, das alles auf sich zu nehmen, bloß damit die Freier in Ruhe die richtige Wahl treffen konnten … Das war der Lude mit dem optimalen Stil, aber den optimalen Schnitt konnte er damit offensichtlich nicht machen: 18 Abende saßen sie da, am nächsten Abend waren sie weg.)
    Aber jetzt gehe ich raus auf die Veranda, hinter mir Sandra, die ihre Euter auf meinem Rücken ruhen lässt. Die Explosionen nehmen zu, während Funken, Splitter und Dolche aus Glas umhersausen. Ich setze die Sonnenbrille auf, um meine Augen zu schützen. Am Western drüben steht das große alte Hotel, acht oder zehn Stockwerke hoch, das voll ist von Süchtigen, Nutten, Zuhältern, Kriminellen, verrückten Männern und Frauen, Schwachsinnigen und Heiligen.
    Auf dem Dach des Hotels steht ein nackter Schwarzer, und dass er nackt und schwarz ist, sehen wir, weil der Polizeihubschrauber, der ständig über Hollywood und Western kreist, ihn anstrahlt. Wir können ihn sehen. Gut sehen. Aber die Crew fordert kein Überfallkommando an. Das ist nicht nötig. Nicht, solange wir uns gegenseitig massakrieren. Wir sind nicht schützenswert, weil sich geschätzte 3000 von uns in der Gegend knubbeln und wir in diesem Moment insgesamt noch keine zweitausend Dollar vorzuweisen hätten. Und wir haben weder Wohneigentum noch American-Express-Karten. Soweit es das Gesetz betrifft, können wir uns also killen, dass das Blut nur so spritzt, nein, bis es durch die Straßen wabert, sickert wie dickflüssiges, stinkendes rotes Malz …
    Wir heben die

Weitere Kostenlose Bücher