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Das weiße Amulett

Das weiße Amulett

Titel: Das weiße Amulett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathinka Wantula
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Mansfield?«
    »Im Wohnzimmer! Der Kerl ist weg, aber es hat Laurent erwischt!« Er sah Durel mit schussbereiter Waffe ins Zimmer stürzen und stand auf. »Hier, kommen Sie und helfen Sie ihm. Ich muss hinter dem Kerl her.« Mansfield griff nach seiner Pistole und war schon auf dem Weg zum Fenster, als Durel seine Waffe auf ihn richtete.
    »Runter mit der Pistole, Mansfield! Sofort!«
    Mansfield warf ihm einen erstaunten Blick zu und hob langsam die Hände.
    »Das kann nicht Ihr Ernst sein, Durel. Ich war es nicht, verdammt noch mal. Ich kam auch erst hier an, als es schon passiert war. Ich wollte Sie gerade anrufen, aber da standen Sie schon in der Tür.«
    »Natürlich! Runter mit der Waffe, sage ich.«
    Mansfield schüttelte nur langsam den Kopf. »Nein, das werde ich nicht tun. Ich werde jetzt ganz langsam aus diesem Fenster steigen und dieses Schwein, das Laurent das angetan hat, einige Kugeln auf den Leib brennen. Sehen Sie den Jeansstoff dort am Fenster? Der ist von Karen, und dieser Kerl ist gerade hinter ihr her. Also entweder erschießen Sie mich jetzt, oder Sie lassen mich gehen, verdammt noch mal!«
    Langsam machte er einige Schritte rückwärts zum Fenster, dann drehte er sich um und wandte Durel den Rücken zu. Der warf einen schnellen Blick auf Laurent und bemerkte die vielen Handtücher, die jemand herbeigebracht hatte, um die Blutung zu stillen. Seine Gedanken flogen. Dann ließ er die Arme sinken, und seine verkrampften Schultern entspannten sich.
    »Mansfield?«
    »Ja?«
    Durel kniete sich neben Laurent.
    »Machen Sie den Scheißkerl fertig«, sagte er und presste die Handtücher auf Laurents Bauchwunde.
    Mansfield nickte nur und sprang aus dem Fenster in den Hof.
    Er hatte wertvolle Zeit verloren.

50
    Karen humpelte durch die leeren Straßen. Wohin sollte sie sich wenden? Sie war so schnell wie möglich vom Hof gerannt und hatte anscheinend die falsche Straße gewählt. Es war aussichtslos, sich zu orientieren. Die Sonne war bereits hinter den Häusern verschwunden, und eine rötlichblaue Dämmerung legte sich über die Stadt. Wie lang würde sie dem Mann entkommen? Einmal hatte sie ihn hinter sich gesehen, und ein eiskalter Schauer war ihr über den Rücken gelaufen. Der Fremde würde nicht aufgeben. Niemals.
    Laurent – was war aus ihm geworden? Sie hatte nicht gewartet, sondern war nach dem Schuss sofort aus dem Fenster der Parterrewohnung gesprungen.
    »Karen!«
    Woher kam das?
    »Michael!«, schrie sie, während sie in die Richtung eilte, aus der der Ruf kam. Es schien sehr nahe gewesen zu sein. Aber der Fremde hatte es auch gehört und schnitt ihr den Weg ab. Es gab keine andere Möglichkeit, sie musste sich wieder von Michael entfernen.
    Doch Mansfield hatte Karens Ruf gehört und rannte in die immer dunkler werdenden Gassen des Quartier Latin. Nach mehreren Minuten vernahm er einige Straßen entfernt ein scharfes Autobremsen und einen Schuss. Er ballte die Fäuste zusammen und rannte die Straße hinunter. Keine hundert Meter entfernt sah er einen schwarzen Schatten in einen Hof verschwinden und folgte ihm.
    Überrascht stellte er fest, dass er sich in einer alten Verkaufspassage befand, deren gusseiserne Treppen auf einen oberen Laufsteg führten. Seine Augen suchten zwischen den verfallenen Läden nach menschlichen Gestalten, aber da waren nur gespenstisch tote Fenster. Auf einer verwitterten Hauswand lud eine alte Schrift in die Galerien Venise ein, und gleich darunter hing ein schiefes Verkaufsschild in der geschwungenen Schrift der Belle Époque. Plötzlich krampfte sich Mansfields Magen zusammen, und er musste sich gegen eine der alten Hauswände lehnen. Ihm war schwindlig, aber er stieß sich trotzdem von der Wand ab und taumelte weiter.
    Über ihm rollte eine Flasche auf der Galerie hin und her. Mansfield warf den Kopf in den Nacken. Durch den gitterartigen Laufsteg konnte er Karen erkennen, die von einem schwarzen Schatten verfolgt wurde. Er hörte schwere Schritte und einen Ruf. »Halt!«
    Über ihm fiel ein Schuss.
    Zu spät! Zu spät!
    Nein!, widersprach eine andere Stimme in seinem Inneren.
    Es durfte nicht sein!
    »Ich habe das Amulett nicht bei mir. Wenn Sie mich erschießen, werden Sie es nie bekommen«, schrie Karen dem Verfolger mit bebender Stimme entgegen.
    Mansfield atmete tief durch. Sie war am Leben. Seine Augen suchten nach einem Weg auf die obere Galerie, als der Schein einer alten Milchglaslampe in der Mitte der Passage auf eine schwarze Treppe fiel. Mit wenigen

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