Das weiße Amulett
bitte«, flehte Karen, »ich brauche das Amulett dringend.«
»Na, das glaube ich gern. Es sieht ziemlich wertvoll aus.
Bringt bestimmt gut und gerne einige hundert Euro auf dem Markt.«
»Wenn das mein Ziel gewesen wäre, hätte ich es doch schon längst verkauft.«
Das Argument gab Laurent zu denken. »Was ist es dann? Wissenschaftlicher Ruhm? Ist das Amulett einzigartig?« Er hielt es Karen vors Gesicht und suchte Gier in ihren Augen, aber er las nur Angst und Besorgnis, was ihn irritierte.
Es klingelte an der Tür.
»Ah, das wird Ihr amerikanischer Freund sein«, sagte er und legte das Amulett sehr langsam in Karens rechte Hand. »Ich gebe es Ihnen zurück, aber Sie werden mir gleich alles erklären, versprochen?«
»Versprochen«, murmelte Karen und streichelte glücklich den alten Alabaster, während Laurent in den Flur ging und die Haustür öffnete.
»Wer … was …?«
Karens Kopf schreckte hoch, als sie Laurents verblüffte Worte hörte. Es folgte ein Schuss. Ein schwerer Körper fiel auf das Parkett.
Mit wenigen Schritten war der Fremde im Wohnzimmer und warf einen schnellen Blick durch den Raum, aber es war niemand zu sehen. In der Küche und den anderen Zimmern war auch niemand. Doch dann hörte er die leichten Schritte einer Frau auf dem Hinterhof und lächelte grimmig. Er beugte sich aus dem Fenster und konnte Karens Silhouette um die Ecke verschwinden sehen.
Panterartig schwang er sich aus dem Fenster und folgte Karen.
49
Mansfield hatte ein Problem. Und das Problem fuhr zwei Autos hinter ihm. Er hatte in den letzten Tagen schon öfter Verfolger hinter sich gehabt, und es war müßig zu überlegen, ob es Brennars oder Laurents Leute waren. Wobei ihm die Franzosen eindeutig lieber gewesen wären, da sie ihn nicht umbringen wollten, während Brennar nur darauf wartete, ihn zwischen die Finger zu bekommen. In den Tagen zuvor war es ihm immer wieder gelungen, den Verfolger loszuwerden, und auch diesmal schaffte er es, den Wagen abzuhängen. Es hatte ihn einige Minuten gekostet, aber dafür war die Rue Vinard leicht zu finden.
Mansfields Augen suchten die Häuser nach Laurents Nummer ab, als er bemerkte, dass eine der Häusertüren weit offen stand. Eine dunkle Ahnung stieg in ihm auf, als er neben der offenen Haustür die Fünf auf einem alten Emailschild stehen sah. Mit einem Ruck brachte er den BMW vor dem Haus zum Stehen, griff in sein Handschuhfach und nahm die Smith & Wesson heraus. Dann rannte er über den kurzen Weg zur Tür, lehnte sich an die Außenwand und warf einen schnellen Blick in den Flur. Eine Blutspur war dort zu sehen, die sich in den rechten Raum zog. Mansfield biss die Zähne zusammen und entsicherte seine Automatik.
»Laurent?«
Nichts rührte sich.
Schritt für Schritt glitt er durch den Flur, immer wieder den Namen des Kommissars rufend, und horchte auf verdächtige Geräusche, aber es war nichts zu hören. Er folgte der Blutspur ins Wohnzimmer, wo er Laurent bäuchlings neben dem Telefon auf dem Boden liegen sah. Mit einem lauten Fluch eilte er zu ihm, packte ihn an den Schultern und drehte ihn um. Laurents Kopf fiel kraftlos zur Seite, als Mansfield ihn gegen das Sofa lehnte. Er blutete aus einer tiefen Bauchwunde.
Mansfield rüttelte ihn leicht.
»Laurent! Hören Sie mich? Laurent! Verdammt noch mal! Kommen Sie zu sich!«
Tatsächlich kam ihm ein leichtes Grummeln entgegen. Mansfield lief schnell ins Badezimmer und holte Handtücher, um die blutende Wunde abzudecken. Dann griff er zu seinem Handy.
»Halten Sie durch, Laurent! Sie schaffen das schon«, redete er weiter auf ihn ein und wollte nach einem Arzt rufen, als er sah, wie Laurent mit letzter Kraft seinen Arm hob und zum Fenster deutete.
»Alexandre«, stöhnte er und ließ den Arm sinken, während Mansfield mitten in der Bewegung erstarrte.
»Was haben Sie gesagt?« Er schüttelte Laurent erneut, dass der kraftlose Kopf hin und her schleuderte. »Los, reden Sie schon!«
»Alexandre«, wiederholte Laurent halb besinnungslos, und erst jetzt entdeckte Mansfield einen kleinen abgerissenen Fetzen Jeansstoff, der an der einen Ecke des Fenstersims hing.
»Verdammt!«, rief er und sah auf den bewusstlosen Kommissar hinab. »Laurent! Wann war das? Wann war Karen hier?«
Doch der Kommissar konnte ihm keine Antwort mehr geben.
Von der Haustür kam auf einmal eine aufgeregte Stimme. »Jean-Philippe? Madame Alexandre?«
»Durel!«, schrie Mansfield. »Wir sind hier hinten!«
»Wo sind Sie,
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