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Das weiße Amulett

Das weiße Amulett

Titel: Das weiße Amulett Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathinka Wantula
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Mansfield entgegen.
    »Sie sind ein Narr, Mansfield, ein bedauerlicher Narr. Oder sollte ich lieber sagen – Lescot? Sie verstehen nichts, gar nichts. Schauen Sie sich doch mal um! Kommt Ihnen die Galerie nicht bekannt vor?«
    Mansfield stutzte. »Was soll der Blödsinn! Nenn mich nicht Lescot! Ich bin …« Er fasste sich an die Stirn und schwankte plötzlich, als er versuchte die verschwommenen Bilder in seinem Kopf zu fassen, die ihn seit dem ersten Zusammentreffen mit Karen an der Metrostation in seinen Träumen verfolgten. Bilder, die ihm so fremd waren und gleichzeitig so tiefe Empfindungen in ihm auslösten. Bilder, die er bisher nicht verstand und die jetzt in einer langsamen tiefen Erkenntnis aus dem Unterbewusstsein unaufhaltsam nach oben strömten und einen Sinn ergaben.
    Bilder, die er nie vergessen würde.
    Mansfield schüttelte ungläubig den Kopf. »Nein«, flüsterte er. »Das ist nicht wahr!«
    »Ach nein? Dann schau auf das Schild dort unten und sag mir, dass du es heute zum ersten Mal siehst.« Der Fremde nickte zum Laden hinunter, wo ein weißes Reklameschild mit grünen geschwungenen Buchstaben prangte: Roquette.
    Mansfield wurde schwindlig. Wie im Traum sah er plötzlich das Schild in strahlendem Weiß über dem Eingang eines Herrenausstatters hängen. Der Laden, das Schaufenster, die Tür – alles war neu.
    Er griff nach der messingfarbenen Klinke und trat in den kleinen Laden, wo ihn ein älterer Herr mit kurzen glatten Haaren, Schnauzer und Nickelbrille empfing. Er brachte Mansfield zu einem großen ovalen Ankleidespiegel und deutete an ihm hinunter. Im Spiegel sah Mansfield einen etwa fünfundzwanzigjährigen jungen Mann in silbergrauem Anzug mit Taschenuhrkette, Hut und Schnauzer.
    Lescot!
    Michael zweifelte an seinem Verstand. War es eine Fehlfunktion in seinem Gehirn? Oder spielte ihm die eigene Fantasie einen Streich? Er hatte sicher zu viel im Tagebuch des Assistenten gelesen. Diese reale Erinnerung musste ein Fantasieprodukt sein.
    Aber …
    Wenn es ein Produkt seiner eigenen Fantasie war, warum hatte er dann diese Empfindungen, die aus den Tiefen seiner Seele kamen? Warum schnürte sich sein Herz bei der Erinnerung zusammen, wie er und Karen das Labor in der Sorbonne betraten und er damals plötzlich unbändige Wut in sich spürte? Er hatte es nicht mehr neben Karen ausgehalten und war ans Fenster getreten, aber der Blick in den Hof der Universität hatte ihn nicht beruhigen können. Wie auch? Lescot hatte nur bittere Gedanken gegen die Sorbonne gehegt.
    Mansfield wurde blass, als er an seine zwiespältigen Gefühle in der alten Nationalbibliothek dachte. Und die Erinnerung an seinen Schwindelanfall im Musée d’Orsay ließ ihm einen Kälteschauer über den Rücken laufen – der Ort, an dem Lescot starb.
    Er sah den fremden Mann fassungslos an.
    Der Unbekannte weidete sich an Mansfields Anblick. »Ah, ich sehe Erkennen in deinen Augen. Und die Frau? Natürlich ist es kein Zufall, dass du sie gefunden hast. In Wirklichkeit kennst du sie schon ewig. Sie starb in deinen Armen … vor langer Zeit.«
    Er grinste fies, während sich Mansfields Magen zusammenkrampfte und vor seinem inneren Auge ein Bild erschien – hellbraune hohe Wände, geschmückt mit bunten Malereien, Gold und Edelsteinen. Er befand sich in einem Palast. Stolze Papyrussäulen trugen die schwere Decke der Halle, durch die er hindurchgeschritten war, ehe er die königlichen Privatgemächer betrat.
    Und dort lag er, der Pharao, auf dem goldenen Fußboden, zusammengekrümmt und unter Todesqualen röchelnd. Cha-em-weset nahm ihn in die Arme und redete ihm gut zu, aber sein alter Freund konnte ihm nicht mehr antworten.
    Man hatte den Pharao getötet.
    Karen?
    In Mansfields Augen flackerte Verstehen, als er an das Amulett und das Tal der Könige dachte. Das Grab … die Mumie … die Mundöffnungszeremonie … das Osiris-Halbrelief in der Wand …
    Die Rückblende traf ihn wie ein Hammerschlag.
    Schwer taumelte er gegen das Eisengeländer, doch der Fremde ließ seine Schwäche ungenutzt und redete stattdessen weiter.
    »Du erinnerst dich also, Cha-em-weset? Das ist gut, denn in Wirklichkeit warst du es, der mich zum Mörder machte. Du hast das …l erfunden, das euch am Leben hielt. Aber ein alter Pharao ist ein schlechter Pharao für Kemet. Deswegen musste er sterben. Und seine Familie auch. Alle. Du hast als Beschützer und Freund versagt, Cha-emweset, und du wirst wieder versagen.«
    Die Worte des Fremden gingen in ein

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