Das weiße Grab
Moment nach, obwohl er seinen Entschluss längst gefasst hatte.
»Okay, ich fahre hin und rede mit ihm.«
Arne Pedersen fragte verwundert: »Ich habe natürlich schon von Doktor Cold gehört, aber warum nennt ihr ihn Snotfather?«
Sein Chef und Poul Troulsen grinsten breit.
»So haben wir ihn früher genannt«, antwortete Konrad Simonsen. »Vermutlich ist das heute aus der Mode. Der Grund ist seine wirklich auffallend große Nase. Außerdem ärgert ihn dieser Spitzname, was aber leider schon unsere einzige Möglichkeit war, ihn ein bisschen zu schikanieren. Wollt ihr mitkommen?«
Beide schüttelten den Kopf.
»Ich würde lieber nach Hause. Ständig rufen Reporter an, und jetzt werden auch schon meiner Frau Fragen gestellt. Ich muss jetzt bei meiner Familie sein«, sagte Poul Troulsen.
Er sah auf seine Armbanduhr. Es war zu früh, um freizumachen, auch wenn er seinen Arbeitstag begonnen hatte, als die meisten noch in ihren Betten lagen. Konrad Simonsen spürte seine Zweifel und sagte: »Ja, diese Journalisten können einem wirklich schrecklich auf den Geist gehen. Fahr ruhig nach Hause, aber vorher gibst du mir dein Wort, dass du morgen wieder zur Arbeit erscheinst, was auch immer passiert.«
»Ja, du hast mein Wort, sollte ich nicht gefeuert werden.«
»Du wirst nicht gefeuert werden, und das mit den Journalisten hört auch irgendwann wieder auf, das ist immer so. Verweise sie einfach an mich, wenn dir das hilft.«
»Na ja, das will ich ja nun auch nicht.«
»Dann hör auf zu jammern. Und grüß deine Frau von mir.«
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35
D er Mann, der Konrad Simonsen die Tür öffnete, war gut gekleidet, benahm sich wie ein Gentleman, hatte aber die kalten Augen eines Fisches. Sein Name war Marcus Kolding, und er war ausgebildeter Arzt, so dass sein Spitzname Doktor Cold äußerst naheliegend war. Noch dazu passte dieser Name zu ihm. Besser als Snotfather, dachte Konrad Simonsen nicht ohne eine gewisse Verärgerung.
Sollte der Mann überrascht über seinen Gast gewesen sein, zeigte er es nicht. »Der Herr Dezernatsleiter persönlich, na so etwas. Was verschafft mir die Ehre?«
Konrad Simonsen unternahm keinen Versuch, seinem Zeugen einen Gefallen zu tun. Das würde doch nur an ihm abprallen.
»Ich brauche Ihre Hilfe.«
»Lassen Sie hören, aber wir bleiben hier draußen stehen. Ich will Sie nicht in meiner Wohnung haben. Nehmen Sie das nicht persönlich, das ist einfach ein Prinzip von mir.«
»Ist mir recht. Liz Suenson, sagt Ihnen der Name etwas?«
Der Mann dachte eine Weile nach und sagte dann etwas zurückhaltend: »Kann schon sein, warum?«
Konrad Simonsen zeigte ihm zwei Fotografien.
»Hat sie diesen beiden Frauen ähnlich gesehen?«
Er sah sich die Bilder an und antwortete dieses Mal etwas schneller.
»Möglich, warum?«
Konrad Simonsen zeigte ihm noch eine Fotografie.
»Weil sie ihre Tage vielleicht so beendet hat und weil Sie selbst eine Enkelin in ihrem Alter haben. Deshalb.«
»Was wollen Sie wissen?«
»Ist Liz Suenson ihr richtiger Name?«
»Nein.«
»Dann will ich wissen, wie sie wirklich hieß und was sie für Sie gemacht hat.«
Er dachte mit etwas misstrauischer Miene nach.
»Sie war Finnin, und sie ist zwischen Dänemark und Schweden hin und her gefahren, aber sie war keine meiner wichtigen Mitarbeiterinnen.«
»Kurier?«
Der Mann nickte.
»Was hat sie hier bei Ihnen gemacht?«
»Sie war schön«, antwortete er übertrieben zuvorkommend.
»Ja, das war sie. Ihr richtiger Name?«
»Daran erinnere ich mich nicht. Finnen haben keine richtigen Namen, bloß Buchstaben in zufälliger Reihenfolge. Aber ich kann ihn herausfinden, wenn das wichtig ist.«
»Es ist wichtig. Was ist mit ihr passiert?«
»Sie war plötzlich eines Tages weg. Das muss irgendwann 1992 oder vielleicht 1993 gewesen sein, aber sie hat nichts mitgehen lassen, das mir gehörte, weshalb wir dachten, sie wäre einfach nach Finnland zurückgegangen.«
»Sie haben nicht nach ihr gesucht?«
»Nein, nicht wirklich. Wie schon gesagt, sie … war nicht eingeweiht.«
»Wie war sie für Sie unterwegs? Ich meine: Auto, Zug, Bus, Flugzeug?«
»Mit dem Zug, und ich kann Ihnen auch den Namen einer Stadt nennen. Die Sache liegt mittlerweile so lange zurück, dass sie heute keine Bedeutung mehr hat, mehr sage ich Ihnen aber nicht.«
»Und die wäre?«
»Hässleholm.«
»Wo hat sie gewohnt, wenn sie hier in Dänemark war?«
»Keine Ahnung, vielleicht bei einem Freund, vielleicht in einem meiner Hotels, das kann ich
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