Das weiße Grab
unterbrach sie.
»Danke, ich habe verstanden. Irgendetwas mit Büchern. Was dachten Sie damals, als Maryann Nygaard verschwand?«
»Ich fand das schrecklich und so rätselhaft, vollkommen unverständlich. Die meisten waren ja der Meinung, sie wäre aus freien Stücken aufs Eis gegangen, also dass sie Selbstmord begangen hat. So etwas kam damals öfter vor. Häufig wurden diese Leute nie gefunden, aber bei Maryann hätte das wirklich niemand vermutet, weshalb es ein richtiger Schock war und einer der Gründe, weshalb ich wieder zurück nach Hause bin, als mein Vertrag auslief.«
»Ihr Verschwinden stand in Verbindung mit einem Besuch an einem Ort, den sie damals als DYE - 5 bezeichnet haben. Eine Radarstation auf dem Inlandeis, wenn ich richtig informiert bin. Waren Sie selbst mal da?«
»Zweimal. Ich war auf allen fünf DYE -Stationen, auf DYE - 4 aber nur einmal. Die lag ganz oben an der Ostküste. Es fällt mir aber nicht ganz leicht, die einzelnen Besuche auseinanderzuhalten, leider, ich meine, das ist fünfundzwanzig Jahre her, so dass ich mich an meine Besuche auf der DYE - 5 nicht mehr wirklich erinnere. Alle fünf DYE -Stationen sahen mehr oder minder gleich aus.«
»Versuchen Sie, mir von einer dieser Touren zu erzählen. Wie sind Sie da hingekommen?«
»Wir wurden geflogen. Entweder mit einem Flugzeug oder mit einem Helikopter. Zur DYE - 4 ging es immer mit dem Flugzeug, die war für einen Helikopter zu weit entfernt.«
»Flogen Sie allein dorthin, oder waren da auch noch andere dabei?«
»Nur ich allein. Manchmal wurde auch noch Material transportiert, und immer Briefe.«
»Sie waren mit dem Piloten allein?«
»Ja, so war das.«
»Waren die Piloten Amerikaner oder Dänen?«
»Das kam darauf an, meistens waren es aber Dänen. Nach den Militärvorschriften sollten die Piloten eigentlich Amerikaner sein, aber die meisten Regeln wurden systematisch gebrochen, nur die ungeschriebenen nicht. Einige Dänen haben da oben den Flugschein gemacht, auch für Helikopter. Ich glaube, das war Bestandteil ihres Vertrages, ich bin mir aber nicht ganz sicher. Sie müssen wissen, dass die meisten sehr viel Freizeit hatten, und die Amerikaner waren sehr hilfsbereit, was Weiterbildungen anging. Die waren überhaupt sehr hilfsbereit und nett, und die grenzenlose Vergeudung war denen vollkommen egal. Es kümmerte sie nicht, dass ihr Staat eine Unmenge Geld aus dem Fenster warf.«
»Wie lange dauerte so eine Ausbildung zum Helikopterpiloten?«
»Acht Wochen, und ich weiß auch noch, dass die 150 000 Kronen gekostet hat. Natürlich hatte man damit nur diese Privatpilotenlizenz PPL - H .«
»Sie sagen, dass es in der Regel Dänen waren, die zu den DYE -Stationen geflogen sind? Wie kann das denn sein?«
»Nicht nur zu den DYE -Stationen, sondern überallhin. Der Grund ist ganz einfach, die professionellen Piloten hatten keine Lust im Gegensatz zu den Dänen. Die Amerikaner haben ihren Namen eingetragen und die Dänen für sich fliegen lassen. Aber natürlich erst, wenn sie sicher waren, dass die frisch ausgebildeten Piloten das auch konnten. So ein Helikopter kostet schließlich ein Vermögen, und wenn mit einem falschen Piloten hinter dem Steuer irgendetwas schiefging, dann lief Washington Amok. Das ist einmal oben in Thule passiert. Danach wurden die Flugregeln ein paar Monate lang exakt eingehalten, bis irgendwann alles wieder in Vergessenheit geriet.«
»Können Sie mir sagen, wie so ein Besuch auf einer DYE -Station abgelaufen ist?«
»Hm, was soll ich da sagen? So viel zu tun hatten wir da ja nicht, ich musste den Medikamentenvorrat überprüfen und die Erste-Hilfe-Koffer checken. Wenn man sich beeilte, war man damit in einer Stunde fertig, sonst brauchte man vielleicht zwei. In der Regel hat man sich Zeit gelassen. Am besten erinnere ich mich daran, dass unter den Medikamenten auch Malariapillen waren, weil alle amerikanischen Militärbasen über einen Kamm geschoren wurden, egal, wo sie lagen. Einmal haben wir per Eilsendung neue Malariamittel für die Basis bestellt, weil die alten abgelaufen waren. Nur zum Spaß, wir wollten sehen, was passiert.«
»Und, was ist passiert?«
»Nichts, das heißt, wir haben ohne Probleme eine neue Lieferung aus den USA bekommen. Einmal im Jahr kamen auch vier ganz tolle Rasenmäher. Die waren ziemlich gefragt und landeten im Handumdrehen in irgendeinem Garten in Dänemark.«
»Vernünftig. Haben Sie auf diesen DYE -Stationen noch etwas anderes getan, als nur die
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