Das weiße Grab

Titel: Das weiße Grab Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lotte Hammer , Søren Hammer

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Medikamente durchzusehen? Was war mit den Männern, mussten die nicht untersucht werden?«
    »Nein, wir haben uns nur um den Medikamentenbestand gekümmert. Die Männer haben wir nicht getroffen, nur den DYE -Leiter. Das war immer ein besonderes Erlebnis, denn alle wussten, wann wir kommen sollten. Ich habe mir sagen lassen, dass das für sie ein großer Tag war. Immerhin durchbrach das ihre Monotonie, außerdem waren wir ja die ersten Frauen, die sie seit Monaten zu Gesicht bekamen. Die Männer hatten immer gebadet, bevor wir kamen, und es war schon seltsam, von wo aus sie einen überall beobachtet haben, ohne wirklich Kontakt zu uns zu suchen. Wenn ich im Fernsehen Erdhörnchen sehe, muss ich immer an diese Männer denken. Ihre Köpfe tauchten ständig irgendwo um einen herum auf, um dann gleich wieder zu verschwinden.«
    »Aber verunsichert hat Sie das nicht?«
    »Überhaupt nicht. Dafür gab es keinen Grund.«
    Der Wagen kam leicht von der Fahrbahn ab, als sie etwas unkontrolliert das Lenkrad fester umklammerte. Gleich darauf hatte sie das Auto aber wieder unter Kontrolle.
    »Also, ich glaube nicht, dass es Grund zur Beunruhigung gegeben hätte. Nein, was für ein unangenehmer Gedanke. Können Sie mir sagen, wie Maryann zu Tode gekommen ist? In der Zeitung stehen so viele schreckliche Sachen. Stimmen die wirklich?«
    »Ja, leider. Sie wurde mit einer Plastiktüte erstickt.«
    »Oh Gott, wie schrecklich! Hätte ich das sein können?«
    »Nein, Sie hätten das nicht sein können. Der Täter hatte es vermutlich auf einen bestimmten Frauentyp abgesehen, zu dem Sie nicht gehören. Erinnern Sie sich daran, wer Maryann an dem Tag, an dem sie verschwand, zu dieser DYE - 5 geflogen hat?«
    »Ja, daran erinnere ich mich, das war ein sehr spezieller Tag. Wir waren alle total entsetzt, als wir von ihrem Verschwinden gehört haben, wir wussten ja, was das bedeuten konnte. Schließlich war das schon öfter passiert. Der Helikopterpilot musste seine Geschichte wieder und wieder erzählen, auch wenn er eigentlich nicht viel zu erzählen hatte. Ich meine, was sollte er schon sagen, sie haben überall nach ihr gesucht und konnten sie nicht finden. Aber wir konnten ja nur ihn fragen.«
    »Waren nur Maryann und er auf diesem Flug?«
    »Das muss so gewesen sein, ja.«
    »War es ein Däne?«
    »Ja, er war Däne.«
    »Wie war sein Name?«
    »Gott im Himmel. Hat er sie umgebracht?«
    »Das wissen wir nicht, aber ich würde sehr gerne seinen Namen wissen. Erinnern Sie sich, wie er hieß?«
    »Nein, das ist das Problem. Ich erinnere mich an sein Gesicht, und ich weiß auch noch, dass er Ingenieur war und alle möglichen witzigen elektronischen Sachen gebaut hat, aber sein Name … doch, warten Sie. An seinen richtigen Namen kann ich mich nicht erinnern, aber wie wir anderen hatte auch er einen Spitznamen – Bunda oder Blondie oder so etwas in der Art – nein, nein, jetzt habe ich es: Pronto, Pronto war’s. Maryann hatte auch einen Spitznamen, fällt mir jetzt ein. Wir nannten sie Polly, weil sie die etwas nervige Angewohnheit hatte, alles wie ein Papagei zu wiederholen.«
    »Okay. Was können Sie mir sonst noch über Pronto sagen?«
    »Ich weiß noch, dass er unglaublich naiv war. Was man ihm auch sagte, er glaubte es. Manchmal wurde er deshalb auch verarscht.«
    »Können Sie mir ein Beispiel nennen?«
    Die Frau dachte einen Augenblick nach. Dann sagte sie: »Einmal saßen wir in der
chow hall,
also in der Kantine, und am Fastfoodschalter gab es diese panierten, in Form gepressten Schinkenstücke. Die waren dreieckig wie Schweinsohren und ziemlich gummiartig, weshalb wir sie Schlappohren nannten, aber die waren eigentlich ganz lecker. Daneben war eine Softeismaschine, und irgendjemand hat Pronto eingeredet, dass Schlappohren mit Softeis ein wunderbares Essen sei, das in Amerika in der Weihnachtszeit ziemlich häufig gegessen werde. Eine Zeitlang hat er das dann wirklich gegessen. Ich habe ihn sogar einmal nachts, als er allein dort saß, Schinken mit Softeis essen sehen.«
    »War er denn dumm?«
    »Im Gegenteil, nur ziemlich kindlich. Nein, ich weiß noch, dass er ein ziemlich heller Kopf war. Wie gesagt, er war schließlich Ingenieur, nur einer, der alles für bare Münze nahm und sich einfach nicht vorstellen konnte, dass die Leute bloß Spaß machten oder gar logen.«
    »Was hatte Pronto auf der Basis für eine Funktion?«
    Die Frau schüttelte den Kopf, daran erinnerte sie sich nicht. Pauline Berg schlussfolgerte: »Der