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Das weisse Kaenguruh

Das weisse Kaenguruh

Titel: Das weisse Kaenguruh Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthias Praxenthaler
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so: Sie wissen nicht, was Sie tun wollen in Ihrem Leben. Gleichzeitig wissen Sie aber, daß am Tun an sich kein Weg vorbeiführt. In diesem Sinne haben Sie Kästner hoffentlich begriffen. Und das bringt mich zu folgendem Schluß. Wenn Sie nämlich gar nicht wissen, was Sie tun wollen, ist es dann nicht völlig einerlei, was Sie tun? Solange Sie überhaupt etwas tun? Und ich bleibe dabei, Sie wollen im Grunde nicht zu BMW. Sie würden es aus einer Verlegenheittun, sicher, aber nicht aus tiefer Überzeugung. Und damit bin ich auch schon da, wo ich hinwollte. Wenn Kästner nämlich recht hat, können Sie Ihre fixe Idee mit BMW genausogut vergessen und statt dessen diesen Vertrag hier unterschreiben.«
    Und dann nahm alles seinen Lauf. Mit einem zufriedenen Lächeln hielt Johann Billy die losen Blätter hin. Billy nahm sie wortlos entgegen und fing an, sie zu studieren.
    »Sie brauchen das jetzt nicht zu lesen, Billy«, unterbrach ihn Johann. »Sie würden es sowieso nicht verstehen. Dafür ist es zu dunkel. Außerdem würde sich der Inhalt durch das Lesen nicht verändern. Also, hören Sie mir lieber zu. Ich habe den Vertrag schließlich selbst aufgesetzt. Ich weiß am besten, was drinsteht.«
    Billy hatte den Blick bereits wieder gehoben und war erneut ganz bei Johann.
    »Hier ist mein Angebot«, fuhr Johann fort. »Statt bei BMW zu arbeiten, werden Sie bei mir eine Ausbildung machen. Genau ein Jahr lang. In Bad Münstereifel. Im ›Haus der zwei roten Sonnen‹. In diesem Jahr werde ich Ihnen beibringen, wie man ein guter Trödler wird. Ich werde Sie in alle Geheimnisse einweihen, die ich über diesen Beruf weiß. Um das zu schaffen, kann ich Ihnen in dieser Zeit allerdings keinen Urlaub anbieten. Auch Wochenenden wird es nicht geben. Sie werden 365 Tage durcharbeiten. Als Dank für Ihre Mühen werden Sie zunächst eine Vergütung von 1000 Mark pro Monat erhalten. Außerdem werde ich Ihnen eine Bleibe zur kostenlosen Nutzung überlassen und mich vor allem um Ihre Garderobe kümmern. Wie Sie aussehen! Sie brauchen dringend ein paar Anzüge, Billy! Und vernünftige Schuhe. Und so weiter. Ach ja, eine Sache ist noch wichtig. Ihr Auto dürfen Sie behalten. Vorerst. Also, überlegen Sie es sich. Ich gebe Ihnen eine Minute Bedenkzeit.«
    »Und was passiert, wenn ich das Jahr überstanden habe?« wollte Billy wissen.
    Johann schlug die Hände über dem Kopf zusammen.
    »Sie stellen Fragen«, rief er in die Nacht. »Dann sind Sie ausgebildeter Trödler! Dann liegt Ihnen die Welt zu Füßen.«
    Mit einem zufriedenen Grinsen holte er seinen Montblanc-Füller aus der Anzugtasche und hielt ihn Billy hin.
    »Wenn Sie jetzt bitte unterschreiben wollen, nehmen Sie den hier. Der schreibt.«
    Billy nahm den Füller und überlegte. Eine Minute lang. Obwohl es eigentlich nichts zu überlegen gab. Er hatte sich ja sowieso schon entschieden. Es war ihm lange Zeit nur noch nicht klar gewesen.
    »Eins verstehe ich nicht«, sagte Billy, als er Johann den unterschriebenen Vertrag und den Füller zurückgab.
    »Dafür, daß Sie bereits unterschrieben haben, kommt jede Frage ziemlich spät«, entgegnete Johann.
    Billy überging das.
    »Warum habe ich jetzt eigentlich den Bigbird versenkt?« fragte er. »Ich meine, wozu der ganze Streß?«
    Johann lachte. »Ich mußte doch sichergehen, daß Sie tatsächlich verrückt sind, was glauben Sie? Ich habe Sie jetzt schließlich ein Jahr am Hals. Mindestens, hoffentlich. Und mit einem normalen Menschen hält man das nicht aus. Da würde man ja wahnsinnig werden.«
    Jetzt mußte auch Billy lachen. Wie so oft innerlich. Was hatte er da nur getan? Ein Jahr Ausbildung bei einem selber Verrückten, der Angst davor hatte, wahnsinnig zu werden. Das konnte ja heiter werden.
    »Eine letzte Frage noch«, sagte er nach einem Moment und freute sich schon auf das, was kam. »Die zwei roten Sonnen, was hat das für eine Bedeutung? Das ist doch ein Zeichen, oder Johann?«
    »Ich bitte Sie, Billy«, antwortete Johann. »Vergessen Sie das mit den Zeichen bloß wieder. Nur weil die Menschen die Welt immer weniger verstehen, glauben sie plötzlich überallwelche zu sehen. Früher nannte man das wenigstens noch Aberglaube. Und das allein trifft es, habe ich recht? Als ob der liebe Gott Zeit dafür hätte, schwarze Katzen von links nach rechts zu schicken.«
    »Aber Sie sprechen doch selber die ganze Zeit davon, daß man mehr auf die Zeichen achten soll«, entgegnete Billy.
    »Ich spreche gar nicht, Billy«, sagte Johann.

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