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Das Weisse Kleid Des Todes

Das Weisse Kleid Des Todes

Titel: Das Weisse Kleid Des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Spencer-Fleming
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Computerzentrum verschafft, dort hatte sie den Sommer über gearbeitet. Wenigstens hat sie’s mir so erzählt. Wir haben mindestens einmal die Woche telefoniert. Sie hörte sich gut an! Auf so was wäre ich nie gekommen.« Sie ließ Clares Hand los und nahm ihre Kaffeetasse.
    »Das Mädchen, das Katie als Erste identifiziert hat, sagt, sie hätte einen Freund gehabt, Ethan Stoner. Besteht irgendwie die Möglichkeit, dass er Codys Vater ist?«
    »Ethan? Mein Gott, es fällt schwer, sich das vorzustellen. Sie sind zwar lange zusammen gegangen, aber im letzten Jahr vor dem High-School-Examen hat Katie Schluss gemacht.«
    »Sie hat Schluss gemacht? Und wie reagierte Ethan darauf?«
    »Ich weiß nicht. Wahrscheinlich nicht sehr erfreut. Katie war« – sie machte eine ausladende Geste – »das Größte, was er im Leben hatte. Ich weiß, sie trennte sich nicht, weil sie irgendwie sauer war. Sie fand einfach, sie hätten sich über die Jahre auseinander entwickelt.«
    »Katies Ziel war das College, und Ethan würde auf einer Farm für Milchvieh landen – meinen Sie das?«, fragte Clare.
    »Ja. Und obendrein war Katie ja nicht auf den Kopf gefallen. Sie unterhielt sich gern über Bücher und Gedichte – all so was. Ethan war ziemlich mundfaul, und wenn er was zu sagen hatte, dann meistens über irgend ’ne Fernsehsendung oder die Nine Inch Nails. Sie wissen, was ich meine?«
    Clare nickte. »Hatte sie denn sonst noch Freunde? Vielleicht jemanden, der mehr wie sie war?«
    »Nein. Katie hat sich da schwer getan. Sie war ’n ziemlicher Außenseiter. Besaß keine neuen Klamotten und auch kein Geld für Fun, so wie die anderen, die aufs College gehen würden. Aber genauso wenig hatte sie mit dem Fußvolk gemeinsam.«
    »Dem Fußvolk?«
    »So wie Ethan eben. Kids, die sich bis zum Schulabschluss durchbeißen, die dann heiraten und an ’ner Tankstelle arbeiten.«
    Russ stand auf. »Will noch jemand frischen Kaffee?«, fragte er. Die beiden Frauen lehnten ab. »Kristen«, sagte er, die Augen auf den heißen Kaffee gerichtet, der aus der Kanne floss, »warum glauben Sie, dass Ihr Vater und nicht Ethan Katie geschwängert hat?«
    Sie drehte sich auf ihrem Stuhl herum, damit sie ihn sehen konnte. »Das … das eine ist wohl genauso wahrscheinlich wie das andere. Sie hat mir nie irgendwas erzählt, dass sie mit jemandem ins Bett ginge. Nach allem, was ich wusste, war sie immer noch Jungfrau.« Kristen fuhr sich mit den Fingern durchs Haar. »Schätze, das klingt ziemlich naiv, was? Ich sag Ihnen eins: Dass Ethan Katie gegenüber gewalttätig wurde, kann ich mir nicht vorstellen. Aber mein Vater, bei dem kann ich das verdammt gut. Der ist ein Drecksack, durch und durch schlecht. Der hätte Katie umbringen können und dann seelenruhig heimgehen und schlafen … wie ein unschuldiges Kind.«

    Der Polizeichef starrte aus der relativen Wärme seines Autos zu den Fenstern der South Street 162 hinauf. Er war schon oft an dieser Adresse gewesen, wenn auch noch nie bei Darrell McWhorter im vierten Stock. Anders als seine Nachbarn, die vor aller Welt einen draufmachten, soffen und sich rumschlugen, brach Darrell McWhorter im Stillen das Gesetz.
    Russ öffnete die Tür seines Wagens und zuckte leicht zusammen, als die Kälte ihm in die Nase biss und in die Augen stach. Im zweiten Stock wurde sekundenlang ein Vorhang zur Seite gezogen und fiel dann wieder. Bullen waren in diesem hässlichen gelben Gebäude nicht willkommen, und Russ fragte sich, wie viele Tütchen das Klo runtergespült wurden, während er den Bürgersteig überquerte, das Maschendrahttor öffnete und die ausgetretenen Stufen zur Haustür hinaufstieg. Er ließ seinen Finger an einer Doppelreihe von verfärbten Klingelknöpfen entlangwandern. McWHORTER: 3D. Er drückte auf den Knopf und wartete.
    »Was ist?«, krächzte eine verrauschte Stimme durch die Sprechanlage.
    »Mr. McWhorter? Chief Van Alstyne, Polizei Millers Kill. Ich muss mit Ihnen sprechen, bitte.«
    Russ sah zu einem kleinen Plastikschlitten und einem Dreirad, die in dem so genannten Hof halb unterm Schnee begraben lagen. Auf dem Gehsteig standen trotz der Kälte ein paar Mädchen mit hochtoupierten Haaren zusammen und rauchten Zigaretten, während zwei kleine Kinder in Schnee-Overalls unbeachtet warteten. Eins von ihnen, mit leerem Gesicht und feuchter Nase, starrte Russ an. Wie konnte irgendjemand an einen Gott glauben, der einige Kinder im Überfluss aufwachsen und andere zeitlebens dahinvegetieren

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