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Das Weisse Kleid Des Todes

Das Weisse Kleid Des Todes

Titel: Das Weisse Kleid Des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Spencer-Fleming
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nein, ich bin kein Adrenalin-Junkie. Ich wäre wunschlos glücklich, wenn ich nie mehr Action erleben müsste als auf dem Rummelplatz, glauben Sie mir.«
    »Ist es, weil Sie hätten wissen müssen, dass Ethan mit den Nerven fertig und bereit zu feuern war? Dass er nie zu dieser Flinte gegriffen hätte, wären Sie mit der Situation anders umgegangen?«
    Er ließ sich auf seinem Stuhl zurückfallen und erbleichte. »Heiliger Strohsack! Glauben Sie das im Ernst?«
    »Glauben Sie’s?« Sie beugte sich weiter vor, um ihn in die Enge zu treiben, ihn zur Wahrheit zu zwingen.
    »Wenn man’s so ausdrücken will … Scheiße.« Er schluckte. »Ja, ich fühle mich dafür verantwortlich. Es war dumm, in so eine Situation zu geraten. Dauernd dachte ich, was für eine schreckliche Verschwendung es wäre, wenn Ethan nicht durchkommt – weil ich mir nicht die Zeit genommen hatte, herauszufinden, dass die Kids in der Schule ihm schon den Prozess gemacht und ihn verurteilt hatten. Stattdessen bin ich mit meinem Streifenwagen, meiner Dienstwaffe und meinem Gerichtsbeschluss dort angetanzt. Hab nicht mal zuerst angerufen, damit seine Eltern ihn vorbereiten könnten. Das ist schlicht und einfach idiotisch. Idiotisch, schlampig und leichtsinnig.« Er umklammerte die Tischkante.
    »Ich wusste, was die Schüler über ihn sagen. Habe Montagabend davon gehört und nichts unternommen.«
    Er betrachtete sie mit finsterem Gesicht. »Das ist was anderes.«
    Sie sah ebenso finster zurück. »Weshalb? Weil es nicht meine Aufgabe ist, alles über jeden zu wissen? Weil ich nicht persönlich verantwortlich bin, wenn einer der Bürger von Millers Kill aus der Reihe tanzt? Weil ich nicht das tun sollte, was ich kann, um … um … Freund und Helfer zu sein?«
    Er lachte leise. »Dieses Motto gilt für die Polizei.«
    »Jawohl, es ist Ihres.« Sie trank von ihrem Bier. »Der Engel am Himmelstor, der mit dem Flammenschwert, das sind Sie. Bewachen Ihr persönliches Paradiesgärtlein vor den Bösen aus einer bösen Welt.«
    Er schloss seine Hand um ein imaginäres Schwert. »Mit dem Flammenschwert, ja?«
    »Genau.«
    »Sie finden also, ich sollte – was? Mehr Leck-mich-am-Arsch-Haltung entwickeln?«
    Clare rutschte mit ihrem Ellbogen neben das Glas und stützte ihren Kopf in die Hand. »Nein, keineswegs. Ich finde es schön, dass Sie so viel Hingabe und Leidenschaft für Ihre Arbeit mitbringen. Aber Sie sollten sich nicht selbst zum Prügelknaben machen, wenn Sie irgendeine eingebildete Rekordmarke mal verfehlen.« Sie lächelte ihn schief an. »Kommen Sie lieber das nächste Mal und reden Sie mit mir. Es wäre mir ein Vergnügen, Ihnen die kleinen Fehler in Ihrer Selbsteinschätzung aufzuzeigen.«
    »Im Gegensatz zu meinen realen Fehlern.«
    »Ich glaube, bevor ich mit denen anfange, muss ich Sie besser kennen.«
    Er lächelte sie an. »Für meinen Geschmack kennen Sie mich schon ein bisschen zu gut.«
    Sie schüttelte schmunzelnd den Kopf, senkte den Blick und malte mit dem Kondenswasser von ihrem Glas Fantasiemuster auf die Tischplatte. Ein gedämpftes Knallen ertönte, als die Heizung sich einschaltete. Der Thermostat musste auf eine hohe Temperatur eingestellt worden sein, denn es war schon sehr warm in der Küche. Im Nebenzimmer tickte eine Uhr.
    »Würden Sie …«, setzte er an.
    »Jetzt, wo wir …«, sagte sie gleichzeitig. Sie lachten.
    »Sie zuerst«, forderte er sie auf.
    »Ich wollte sagen, jetzt, wo wir all Ihre Probleme gelöst haben, wie wär’s da mit dem versprochenen Hamburger?«
    »Und ich wollte gerade fragen, ob Sie Lust zum Abendessen hätten. Da sieht man’s wieder: zwei Dumme, ein Gedanke.«
    »Eher: zwei Mägen, ein Knurren; aber: ja.«
    Russ machte das, was für Clare »Macho-Burger« waren: die gleichen, fast zehn Zentimeter dicken Ungetüme, wie ihr Bruder sie bei Familienpicknicks baute. Sie bat, sich nützlich machen zu dürfen, und Russ beauftragte sie mit Salatputzen, obwohl er es vielleicht bereute, dass er ihr nicht nur das Tischdecken anvertraut hatte, als sie die Speisekammer zu durchstöbern begann und Dosen mit Artischockenherzen und Mandarinen herauszog. Sie sprachen über Kochen als Hausarbeit und als Selbstverwirklichung, diskutierten, welcher Bundesstaat die tollsten Barbecues habe, und kamen überein, dass Essig-und-Salz-Kartoffelchips besser zu Burgern schmeckten – obendrein viel schneller parat waren – als hausgemachte Fritten.
    Clare hätte ihn als Pappteller-und-Papierservietten-Typ eingestuft, wenn

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