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Das Weisse Kleid Des Todes

Das Weisse Kleid Des Todes

Titel: Das Weisse Kleid Des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Spencer-Fleming
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seine Frau nicht in der Nähe war, doch er überraschte sie mit wunderschön gehäkelten Platzdeckchen und riesigen Stoffservietten, zusammen mit altem Tafelbesteck, das aus den frühesten Tagen dieser Küche hätte stammen können. Während des Essens hörte er sehr geduldig zu, wie sie sich zu einer Beschreibung all ihres Krimskrams von Williams-Sonoma hinreißen ließ, und lachte nur ein Mal, als sie über ihre neueste Erwerbung berichtete, ein Gerät zum Auslösen von Krabbenfleisch. Sie fragte ihn ganz offen, ob er den Wein zu den Mahlzeiten vermisse, und er zog die Augenbrauen hoch, bevor er antwortete, er sei nie Weintrinker gewesen, aber eine Flasche Whisky danach, die fehle ihm manchmal.
    »Sie meinen ein Glas«, sagte Clare.
    »Ich meine eine Flasche«, betonte er. Danach spülte er das Geschirr, und sie trocknete ab. Sie machte mehrere spitze Bemerkungen über Authentizitäts-Freaks, die keine Spülmaschine haben wollten, weil die nicht zum Stil ihrer Küche passte. Er lächelte souverän und ermahnte sie, keine Wasserflecken auf den Gläsern zu lassen. Als die Küche in ihren Urzustand zurückversetzt war – Clare konnte kaum glauben, dass es dort immer so aussah, denn ihre war nie lupenrein, selbst wenn sie wegen bevorstehendem Besuch geputzt hatte –, schnappte sie sich eine zweite Bierflasche, und er führte sie durch das ganze Haus.
    Es war ein echtes Schmuckkästchen, klein, aber wunderschön hergerichtet. Russ erzählte ihr komische Anekdoten über seine Anfängerfehler, die er wieder hatte ausbessern müssen, und sie bewunderte die kunstvollen Wandteppiche, Kissen und Bezüge. Er führte sie nach oben, wo er den alten Speicher zu einem gewaltigen Arbeitsraum für Linda ausgebaut hatte, zeigte Clare sein neuestes Projekt, das halb fertige Bad, und jammerte über die Unmöglichkeit, irgendwo eine Wanne zu finden, die auch nur annähernd lang genug für ihn war.
    Clare erzählte ihm von ihrem Vater, dessen technischer Verstand bei Flugzeugen begann und aufhörte, der sich aber trotzdem Do-it-yourself-Projekte in den Kopf gesetzt hatte, die zur Familienlegende geworden waren, beziehungsweise zu Horrorstorys. Daraus entspann sich eine Diskussion über die Werkstatt als Heiligtum des amerikanischen Mannes, und Russ ging mit Clare in den Keller, wo seine eindrucksvolle Sammlung von Elektrogeräten wie Hightech-Folterwerkzeug wirkte, das an Gittern an den ursprünglichen, aus behauenem Stein erbauten Grundmauern hing. Genau wie bei Clares Dad enthielt auch Russ’ Werkstatt einen Fernseher und einen verdächtig bequemen Sessel, obwohl die Dutzende Modellflugzeuge fehlten, die von der Decke ihres Vaters baumelten.
    »Wieso sehe ich nirgends Pin-ups hier?«, fragte Clare. »Das wäre doch der ideale Ort für ein paar schlüpfrige Poster.«
    »Das weibliche Element würde den eisernen, schweißtriefenden, exklusiven Charakter dieses Männlichkeitstempels nur zerstören«, erwiderte Russ. »Welche Art von Kalender hat zum Beispiel Ihr Daddy in seiner Werkstatt?«
    »Äh … Schnauzenkunst des Zweiten Weltkriegs.«
    »Schnauzenkunst?«
    »Malereien auf Flugzeugschnauzen. Bitte verlangen Sie keine Erklärung von mir.«
    Russ öffnete eine der Schranktüren. Auf der Innenseite hing ein Hochglanzkalender, der einen Mann in leuchtend orangefarbener Kleidung beim Anpirschen an einen Hirsch zeigte. Scheinbar seelenruhig wartete der Zwölfender darauf, dass der Orangefarbene ihm den Garaus machen würde. »Sehen Sie? Alles männlich, durch und durch.«
    Clare lachte. »In Ordnung. Ich hab’s kapiert. Müssen Sie den Raum nach meinem Verschwinden ausräuchern?«
    »Nein, aber wenn Sie auch nur eines unserer Geheimnisse verraten, kommt die Loge der Masken mitten in der Nacht zu Ihrem Haus und spielt ›Louie, Louie‹, bis Sie bereuen.«
    »Loge der Masken?«
    »Iroquois-Zeremoniengruppe. Sagen Sie bloß, Sie wüssten nichts von den Irokesen?« Von einem Vortrag über die Geschichte der Irokesen begleitet, stieg sie wieder die Treppe hinauf. Sie organisierte sich ein drittes Bier, während sie alles über die politische Struktur dieses Stammes und über dessen Kultur erfuhr, damals und heute, und machte es sich auf dem Chippendale-Sofa im Wohnzimmer bequem. Nach dem Bekenntnis zu ihrer abgrundtiefen Unwissenheit über irgendetwas im Adirondack-Gebiet, das vor, sagen wir, letztem März passiert war, stöberte Russ mit unwirschem Grunzen herum, bis er fünf Bücher zum Vorschein brachte, die sie unbedingt lesen müsse,

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