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Das Weisse Kleid Des Todes

Das Weisse Kleid Des Todes

Titel: Das Weisse Kleid Des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Spencer-Fleming
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um in ihrer neuen Heimat Wurzeln zu schlagen.
    »Geschichte! Die ist das A und O«, sagte er.
    »Wahrscheinlich«, antwortete sie und betrachtete all die geschichtswissenschaftlichen Titel, mit denen der Bücherschrank vollgestopft war.
    »Ich habe festgestellt, dass sich auch die Polizeiarbeit um Geschichte dreht«, fuhr er fort, während er sich in den hochlehnigen Martha-Washington-Stuhl fallen ließ.
    »Ach ja?«, sagte Clare, von den Büchern abgelenkt, die er ihr übergeben hatte. »Wie das?«
    Er stützte seine Füße auf einen Schemel. »Erstens muss man den Tathergang rekonstruieren. Wer die Tat wann, wo verübt hat, all so was. Dann ist es meist die Geschichte der einzelnen Beteiligten, die einem die Motive liefert. Dieser oder jener wurde als Kind missbraucht, also missbraucht er als Erwachsener seinerseits Kinder.«
    Clare verzog das Gesicht. »Sie meinen, so wie Darrell McWhorter? Das verstehe ich nicht. Ich sehe ja ein, dass bei seiner Geschichte eine Therapie helfen würde. Aber was nutzt Ihnen das, um ihn hinter Gitter zu bringen?«
    »Wenn man jemandes Vorgeschichte kennt, dann ist der Betreffende leichter berechenbar. Die Vorgeschichte kann der Schlüssel zum Verständnis seiner Motive sein. Zum Beispiel im Fall Katie.« Russ beugte sich nach vorne, stellte die Füße auf den Boden und stützte die Ellbogen auf die Knie. »Wir wissen, dass Ethan als Vater von Cody in Frage kommt. Aber warum sollte er Katie ermorden? Gibt es etwas in seiner eigenen oder ihrer gemeinsamen Vorgeschichte, das diese Tat erwarten lässt? Und was ist mit McWhorter? Offenbar würde er über Leichen gehen, um zu vertuschen, dass er Katie missbraucht hat. Aber es scheint verdammt sicher, dass das Kind nicht von ihm stammt. Was in seiner Vorgeschichte macht ihn zum Verdächtigen?«
    »Sein Bedürfnis, über seine Töchter zu bestimmen?«, schlug sie vor. »Indem sie das Kind austrug, hat Katie klar gemacht, dass sie selbst über ihren Körper bestimmt, also rächte er sich durch diesen Mord?«
    »Möglich. Aber vergleichen Sie das mit der Geschichte der Burns. Da versucht ein Paar seit Jahren ein Baby zu bekommen, strapaziert seine Ehe und seine finanziellen Ressourcen, dann fällt ihm ein Kind in den Schoß, aber die Mutter taucht auf und sagt, es sei alles ein Irrtum gewesen, sie wolle Cody zurückhaben. Ich finde, das ist ein verdammt gutes Motiv für einen Mord.«
    »Bis auf eines.« Clare rutschte an die Kante des Polsterbänkchens. »Hätte Katie Cody zurückgewollt, dann hätte sie zum Jugendamt gehen können. Sie ist die leibliche Mutter, sie muss nicht mit den Burns um ihr Kind feilschen.«
    »Okay, also will sie ihn nicht zurück. Sie will Geld dafür, dass sie wegbleibt.«
    »Jetzt übersehen Sie aber die Vorgeschichte. Klingt das nach der Katie McWhorter, die man uns beschrieben hat? Und überhaupt, die Burns würden für Cody nicht zahlen. Erst heute Morgen haben sie –«
    Das Klingeln des Telefons schnitt ihr das Wort ab. »Da muss ich ran.« Russ sprang aus seinem Stuhl. »Ich erwarte die Ergebnisse der Blutproben und was bei Ethans Vernehmung herausgekommen ist.« Er sah auf seine Uhr. »Jesus, schon fast zehn! Der Abend ist ja wie im Flug vergangen!«
    Clare stand auf und folgte ihm in die Küche. »Ich verstehe das als Kompliment für meine Unterhaltsamkeit.«
    Er grinste. »Das sind Sie«, sagte er beim Abnehmen des Hörers. »Hallo?«
    Clare ging in den eiskalten Flur, um ihre Jacke und Stiefeletten zu holen. Missmutig schaute sie aus dem Fenster. Seit wann schneite es? Bitte, lieber Gott, lass die Schneepflüge draußen sein und räumen. Der Gedanke, zwischen hier und der Stadt stecken zu bleiben, behagte ihr gar nicht. Sie nahm ihre Sachen mit in die Küche. »Russ?«, fragte sie.
    Immer noch telefonierend, winkte er ab. »Okay«, sagte er. »In Ordnung. Ich werde kommen. Halbe bis Dreiviertelstunde, höchstens.« Er hängte ein und stützte sich kopfschüttelnd auf den Apparat.
    »Ich wollte mich Ihnen für die Rückfahrt aufdrängen, weil es draußen jetzt richtig runterkommt. Aber ich sehe schon, es ist ein schlechter Zeitpunkt …« Sie biss sich auf die Unterlippe. Sollte sie fragen, was los war?
    Er fuhr sich mit einer Hand übers Gesicht. »Das war die Einsatzzentrale drüben in Glenn Falls. Ein Mann auf der Landstraße hat etwas gemeldet, das er zuerst für ein totes Reh hielt. Es war aber eine Leiche. Durkee und Flynn sind schon hingefahren. Die Brieftasche steckte in der Hose des Typen.« Er

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