Das Weltgeheimnis (German Edition)
Woche nach der Veröffentlichung des Sternenboten fragt Galilei beim toskanischen Staatssekretär Belisario Vinta an, ob er die Verbindungswege des Medici-Fürsten nutzen dürfe, um Fernrohre und die kleine Schrift nach Urbino und Frankreich, Spanien und Polen zu senden. Der Kardinal del Monte, der Kurfürst von Köln und der Herzog von Bayern hätten ihn schon um eine solche Lieferung gebeten.
Mit diesem Schachzug gelingt es ihm, einige ausgewählte internationale Adressaten, keine Wissenschaftler, sondern hohe weltliche und geistliche Würdenträger, mit Teleskopen zu versorgen. Plötzlich erweist es sich für ihn als Vorteil, dass das Fernrohr in seiner simplen Ausführung bereits im Umlauf ist. Viel begehrter als das Spielzeug ist jetzt natürlich das Rohr, das die sensationellen Entdeckungen am Himmel möglich gemacht haben soll.
Durch eine geschickte Publicity kurbelt Galilei die Nachfrage noch mehr an. Bald klopfen von allen Seiten Adlige und Angehörige des hohen Klerus, aber auch Freunde und Gelehrte bei ihm an, die ebenfalls ein Fernrohr haben möchten, sei es, um die verborgenen Gestirne mit eigenen Augen zu sehen, sei es zur eigenen Belustigung. Galilei wird von Anfragen, unter ihnen auch eine von Kepler aus Prag, regelrecht überrannt.
Der Kardinal Borghese lässt ihm aus Rom mitteilen, dass er ein Gerät wünscht, ebenso der Herzog Paolo Giordano Orsini sowie der spanische König Philipp IV. Der französische König Heinrich IV. spekuliert gar darauf, Galilei werde nach den Mediceischen Gestirnen noch weitere Planeten entdecken und einen davon nach ihm benennen. Für diesen Fall verspricht er dem Italiener und dessen Familie ewigen Reichtum.
Derart umworben sieht Galilei nun die Zeit gekommen, in seine Heimatstadt zurückzukehren und in den Dienst des Großherzogs der Toskana zu treten. Nicht dass er in der Republik Venedig unglücklich wäre. Er wird die siebzehn Jahre, die er hier verbracht hat, später einmal als »die besten meines Lebens« bezeichnen. Aber als Professor, der seine hauptsächlichen Einkünfte aus Lehrveranstaltungen, der Unterbringung von Studenten und dem Verkauf von Instrumenten bezieht, ist Galilei längst nicht am Ziel seiner Träume. Er setzt alles auf eine Karte.
Seit Jahren hat er Zugang zum Hof in Florenz, mehrfach wurde ihm die Gunst gewährt, den jungen Fürsten Cosimo in den Sommermonaten zu unterrichten. Derselbe Cosimo hat nach dem überraschenden Tod seines Vaters, Ferdinands I., vor gut einem Jahr den Thron bestiegen. Seither macht sich Galilei große Hoffnungen auf einen Karrieresprung.
In einem Brief an den Haushofmeister des Großherzogs hat er seine Ambitionen schon im Februar 1609 unmissverständlich dargestellt: Sein Sinnen und Trachten sei stets darauf gerichtet gewesen, seine Entdeckungen »meinem natürlichen Fürsten und Herrn darzubringen, damit diesem anheimgestellt bliebe, über sie und den Erfinder nach seinem Belieben zu verfügen und, so er Gefallen daran hat, nicht nur den Stein, sondern auch das Bergwerk entgegenzunehmen, da ich Tag für Tag neue finde«. Er würde noch mehr Wunderdinge auftun, wenn er mehr Muße und eine besser eingerichtete Werkstatt hätte und sich nicht um den Verkauf seiner Instrumente kümmern müsste. »Betreffs der täglichen Verrichtungen ist mir nichts mehr zuwider als diese hurerische Sklaverei, einem jeglichen Kunden meine Mühe zum willkürlichen Preis feilbieten zu müssen; aber einem Fürsten oder großen Herrn, der von ihm abhinge, zu dienen, wird mir nie zuwider sein, sondern wohl erwünscht und erstrebt.«
Nur ein Jahr später sieht er sich diesem Ziel sehr nahe. Er macht dem Medici-Fürsten das Fernrohr zum Geschenk, nicht irgendeines, sondern genau das Instrument, mit dem er die Jupitermonde entdeckt hat und von dem er nun hofft, Cosimo werde es in seinem Originalzustand aufbewahren, schmucklos und unpoliert.
Galilei protokolliert seine Beobachtungen der Jupitermonde im Jahr 1610 Nacht für Nacht. [5]
»Der Schöpfer der Gestirne selbst schien mich mit deutlichen Zeichen zu gemahnen, diese neuen Planeten für den weit gerühmten Namen Eurer Hoheit, und für niemand anderen, auszuersehen … Jupiter, sage ich, Jupiter hatte bei der Geburt Eurer Hoheit den trüben Dunst des Horizonts bereits überschritten, stand mitten am Himmel und beleuchtete mit seinem Hofstaat den östlichen Winkel; er blickt von diesem erhabenen Thron auf die glückverheißende Geburt und erfüllte die reine Luft mit all seinem Glanz
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