Das Weltgeheimnis (German Edition)
und seiner Großartigkeit.«
Als Zeichen des Himmels bezeichnet Galilei auch ein anderes Zusammentreffen: den zeitgleichen Beginn der Regentschaft Cosimos und das Erscheinen der vier Jupitermonde, die aus dem vornehmen Stand der Wandelsterne stammten. Cosimos Name werde »nicht eher verdunkeln, als bis der Glanz der Gestirne selbst erlischt«.
Vergeblich habe einst der römische Kaiser Augustus versucht, seinen Vorkämpfer Julius Cäsar in den Kreis der Gestirne einzuführen, aber »als er einen zu seiner Zeit aufgestiegenen Stern, es war einer von denen, die bei den Griechen Kometen und bei uns Schweifsterne heißen, Julisches Gestirn nennen lassen wollte, verschwand jener bald darauf«. Der Komet erlosch. Dem Großherzog dagegen seien Jupiters würdige Nachkommen vorbehalten. Und die würden niemals erlöschen!
Als Galilei den Fürsten auf diese Weise umschmeichelt, hat er schon einige wohlwollende Signale vonseiten des Hofes erhalten. Zu Ostern lädt der Fürst ihn nach Pisa ein, wo der Medici-Clan die Ferien verbringt. Dem Entdecker wird die Gelegenheit gegeben, den Herrschaften persönlich die Jupitermonde zu zeigen.
Das Bewerbungsgespräch läuft bestens. Als vorläufiges Dankesgeschenk bekommt er vom Fürsten eine Goldkette mit wertvollem Medaillon und verlässt Pisa mit der Aussicht darauf, dass konkrete Verhandlungen über eine Anstellung am Hof in Kürze beginnen können. Im Grunde muss er nur noch eine Hürde nehmen: Er braucht eine Beglaubigung seiner Entdeckungen.
Ein solches Qualitätsurteil ist damals wie heute Sache der Fachkollegen. Deren Stellungnahme möchte Galilei gleich auf der Rückreise von Pisa nach Padua einholen. In Bologna warten Giovanni Antonio Magini und andere Gelehrte schon auf ihn.
Neid unter Wissenschaftlern
Das Gutachterwesen in der Wissenschaft ist eine Welt mit eigenen Gesetzen. Auf die Unvoreingenommenheit der Forscherkollegen kann man dabei nicht unbedingt zählen. Die Gutachter stammen meist aus der unmittelbaren fachlichen Nachbarschaft, und das heißt bei der geringen Zahl an Mathematikern zu Galileis Lebzeiten: Man kennt sich bestens.
Es gibt wohlwollende Kollegen wie Kepler, aber auch solche, die nur darauf warten, dass der andere Schwächen zeigt, wie Magini. Die größte Gruppe bilden in der Regel diejenigen, die sich erst einmal gar nicht festlegen und das Problem so lange aussitzen, bis genügend Beweismittel auf dem Tisch liegen.
Zu diesen Verfechtern des organisierten Skeptizismus gehört der in Bamberg geborene Jesuit Christopher Clavius, eine der wichtigsten Stimmen unter den in Italien lebenden Mathematikern. Er hat sich vor allem bei der Einführung des Gregorianischen Kalenders 1582 einen Namen gemacht und arbeitet seither an seinem Lebenswerk: die Mathematik durch eine Reihe neuer Lehrbücher in der ganzen christlichen Welt zum zentralen Bestandteil der wissenschaftlichen Ausbildung zu machen.
Clavius ist bereits Anfang Siebzig, als der Sternenbote erscheint. Er kennt Galilei seit mehr als zwanzig Jahren, hat dessen Talent schon früh erkannt und ihm zumindest indirekt zu seiner ersten Anstellung in Pisa verholfen. Durch den Wirbel um den Sternenboten lässt sich der Mathematikprofessor jedoch in keiner Weise aus der Ruhe bringen. Es dauert fast ein Dreivierteljahr, bis er sich zu Galileis Entdeckungen anders äußert als durch gelegentliche, bisweilen abfällige Scherze: Man müsse eben nur ein Glas herstellen, »das die Sterne erzeuge und in dem man sie dann sehen könne«.
Galilei hat großen Respekt vor Clavius. Er möchte dem führenden Mathematiker am römischen Jesuitenkolleg nicht zu nahe treten. Noch ein Jahr später, als Clavius die Existenz der Jupitermonde endlich bestätigt hat, die Gebirge auf dem Mond dagegen noch immer in Zweifel zieht, hält er es für unangebracht, einen durch Alter und Gelehrsamkeit »so verehrungswürdigen Greis« mit seinem Anliegen zu belästigen.
Giovanni Antonio Magini dagegen ist nur zehn Jahre älter als Galilei. Ihm ist er schon des Öfteren begegnet, allerdings weniger als Freund denn als Konkurrent.
Als sich Galilei 1587 Hoffnung auf einen Lehrstuhl an der Universität Bologna machte, unterlag er dem erfahrenen und besser qualifizierten Mathematiker bei der Bewerbung um den begehrten Posten. Fünf Jahre später wurde dann ein Lehrstuhl in Padua frei, und wieder konkurrierte der aus Padua stammende Magini mit dem Florentiner. Nichts wäre ihm lieber gewesen, als in seine Heimat zurückzukehren. Diesmal
Weitere Kostenlose Bücher