Das Weltgeheimnis (German Edition)
abgereist sein. Magini und Horky dagegen haben viel mehr Vertrauen in das Gerät, als sie öffentlich zugestehen, denn zumindest bei irdischem Einsatz funktioniert das Fernrohr einwandfrei. Es holt die Geschlechtertürme und Kirchen Bolognas ganz nah ans Auge des Betrachters heran.
Horky bekennt gegenüber Kepler, er habe heimlich Abdrücke von Galileis Linsen gemacht, um damit »ein viel besseres Fernrohr« zu bauen. Obwohl er eine bösartige Schmähschrift gegen Galilei verfasst, wünscht er sich inständig, selbst in den Besitz eines Teleskops zu kommen. Auch Magini besorgt sich schleunigst Gläser aus Venedig, und ein halbes Jahr später zeichnet er selbst die Positionen der Jupitermonde auf.
Galilei bekommt bei seiner Rückkehr nach Padua den nächsten Dämpfer. Einige Universitätsangehörige weigern sich, auch nur einen Blick durch das Rohr mit den beiden Linsen zu werfen. Der bestdotierte Philosophieprofessor in Padua, Cesare Cremonini, sieht zeit seines Lebens nicht ein einziges Mal durch ein solches Instrument, das seinen »Kopf nur verwirren könne«. Warum sollte man ausgerechnet durch ein paar Gläser am Himmel irgendetwas real Existierendes sehen können, das dem unbewaffneten Auge verborgen bleibt? Über die Funktionsweise des Fernrohrs hat Galilei in seinem Sternenboten kein klärendes Wort verloren.
Kepler wird später in Prag in ähnlicher Weise erleben, wie breit der Graben ist, der ihn als Mathematiker von anderen Gelehrten trennt. Als er den Schweizer Humanisten Melchior Goldast dazu auffordert, sich mit einem Blick durch das Fernrohr selbst von den Unebenheiten der Mondoberfläche zu überzeugen, winkt dieser ab. »Ich aber«, so Goldast, »wolt es ihme lieber glauben, dann hinauff steigen und besichtigen.«
Mit Keplers Hilfe zum Erfolg
Mit drei öffentlichen Vorlesungen versucht Galilei, Boden gut zu machen. Voller Stolz berichtet er, die ganze Universität Padua sei zu diesem Anlass erschienen, selbst die schärfsten Kritiker habe er überzeugen können. Von seinen wahren Gedanken und seiner Stimmung in jenen Tagen kann man sich nur schwer eine Vorstellung machen.
Höchstwahrscheinlich hat er eine Achterbahnfahrt der Gefühle hinter sich, als er bald nach seiner Rückkehr genau das Gutachten bekommt, das ihm für sein offizielles Bewerbungsschreiben noch fehlt: das Urteil eines angesehenen Fachmanns. Und was für eines!
»Eure Exzellenz und durch Euch auch seine Hoheit sollen wissen, dass ich vom Mathematiker des Kaisers einen Brief, nein, eine ganze Abhandlung auf acht Bogen erhalten habe, in der er alles, was in meinem Buch geschrieben steht, billigt, ohne auch nur irgendeiner Einzelheit zu widersprechen oder sie in Zweifel zu ziehen«, schreibt Galilei am 7. Mai euphorisch an den toskanischen Staatssekretär. »Und glaubt mir, Eure Exzellenz, dasselbe würden in der selben Weise auch Italiens Gelehrte von Anfang an gesagt haben, wenn ich in Deutschland oder weiter weg gewesen wäre.«
Für Galilei ist Keplers Gutachten zu diesem Zeitpunkt kaum zu überschätzen. Der Deutsche ist der erste Wissenschaftler von Rang, der sich auf seine Seite stellt. Durch sein rundum positives Urteil bleibt Galilei das Ringen um die Anerkennung seiner Ergebnisse zwar nicht erspart, aber er kann seinen Widersachern nun einen Kommentar zu seinem Sternenboten vorlegen, der an gedanklicher Schärfe und Weitblick kaum zu überbieten ist. Dass die Expertise vom Mathematiker des Kaisers stammt, verleiht ihr auch außerhalb der Fachkreise höchstes Gewicht. Noch im selben Jahr wird das Dokument in Florenz nachgedruckt.
Dem Neid seiner Widersacher seien nun alle Angriffspunkte genommen, schreibt Galilei an Belisario Vinta in der Toskana und teilt ihm ein paar Sätze später seine Gehaltsvorstellungen mit. Der Entdecker will sich keinesfalls unter Wert verkaufen. Er malt dem Staatssekretär aus, was er bisher in Padua neben seiner monatlichen Universitätsbesoldung noch alles durch Privatstunden und den Verkauf von Instrumenten hinzuverdient hat und was der Fürst von ihm erwarten darf, wenn er ihn seiner Lehrverpflichtungen enthebt.
Solcher Unterricht sei ohnehin nur ein Hindernis und keine Hilfe bei der Vollendung seiner Werke. »Wie es mir die größte Ehre ist, Prinzen zu unterrichten, so möchte ich bei anderen doch gerne darauf verzichten. Stattdessen sollen mir meine Bücher (immer unserem Herrscher gewidmet) meine zusätzliche Einkommensquelle sein ebenso wie meine Erfindungen.«
Der Umfang der Werke,
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