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Das Weltgeheimnis (German Edition)

Das Weltgeheimnis (German Edition)

Titel: Das Weltgeheimnis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas de Padova
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selbst bewegen uns als Zuschauer des Himmelsspektakels in entgegengesetzter Richtung von West nach Ost.
    Im kopernikanischen Modell lösen sich außerdem viele Unregelmäßigkeiten im Lauf der Planeten auf. Die Erde dreht sich darin nämlich nicht nur um sich selbst, sondern auch um die Sonne. Ein Jahr braucht sie für einen Umlauf, und damit länger als die beiden sonnennächsten Planeten Merkur und Venus und weniger als die äußeren Planeten Mars, Jupiter und Saturn. Wegen dieser unterschiedlichen Umlaufzeiten wandern die Planeten aus Sicht eines irdischen Betrachters nicht gleichmäßig über den Himmel, sondern gelegentlich sogar rückwärts.
    Wenn die Erde zum Beispiel den weiter außen kreisenden Mars auf der Innenbahn überholt, kehrt sich dessen Bewegungsrichtung scheinbar um. Aus irdischer Sicht beschreibt er dann eine Schleife. Dieses Phänomen erklärt sich jedoch aus demselben Grund, aus dem man aus einer fahrenden Kutsche heraus die Bäume am Wegesrand rückwärts laufen sieht.
    Kepler erscheint diese Deutung der Planetenbewegungen plausibel. Zumindest qualitativ lassen sich auf diese Weise sämtliche Himmelsphänomene aus wenigen Annahmen ableiten. »So hat jener Mann nicht nur die Natur von jenem lästigen und unnützen Hausrat der ganz großen Zahl von Sphären befreit, er hat zudem einen immer noch unerschöpflichen Schatz von wahrhaft göttlichen Einsichten in die so herrliche Ordnung der ganzen Welt und aller Körper erschlossen«, schwärmt der Mathematiklehrer und macht sich daran, nach den Ursachen für die Zahl, die Abstände und die Umlaufzeiten der Planeten im kopernikanischen Modell zu suchen.
    Eine Welt aus platonischen Körpern
    Folgt man den Ausführungen in seinem Erstlingswerk, dem Mysterium Cosmographicum oder Weltgeheimnis , beginnt sein Unternehmen mit einem munteren Rätselraten. Er jongliert mit Zahlen und folgt allerhand originellen Einfällen. »Ich schob zwischen Jupiter und Mars sowie zwischen Venus und Merkur zwei neue Planeten ein, die beide wegen ihrer Kleinheit unsichtbar seien, und schrieb ihnen Umlaufzeiten zu.« Zwar helfen ihm auch diese hypothetischen Planeten nicht dabei, eine Ordnung in den Abständen und Geschwindigkeiten der Planeten zu erkennen. Bemerkenswert ist jedoch, dass Kepler schon zu diesem Zeitpunkt in Betracht zieht, es könnte bis dato unentdeckte Planeten geben.
    »Schließlich kam ich bei einer ganz unwichtigen Gelegenheit dem Sachverhalt näher.« Das Datum hält er genau fest: Am 19. Juli 1595 sei er während des Mathematikunterrichts plötzlich auf ein vielversprechendes geometrisches Schema gestoßen. Der unerwartete Fund lässt ihm keine Ruhe mehr, beschäftigt ihn Tag und Nacht. Er verfängt sich in der Logik der Mathematik und gelangt zu der Vermutung, dass ein vollkommener Kosmos am ehesten nach dem Muster der fünf platonischen Körper entworfen worden sein könne. Die Struktur des Weltalls würde sich also aus fünf regelmäßigen Vielecken ergeben, die aus gleichseitigen und gleichwinkligen Seitenflächen bestehen, darunter so bekannte wie der Würfel und die Pyramide.
    Kepler hat dabei vor allem eines vor Augen: dass genau fünf platonische Körper existieren, nicht mehr und nicht weniger. Aus dem Studium Euklids weiß er, dass außer der Pyramide mit vier Seitenflächen und dem Würfel mit sechs noch der regelmäßige Acht-, Zwölf- und Zwanzigflächner dazu zählen. An dieser Zahl hängt er sein ganzes Weltgeheimnis auf.

    Keplers Planetenmodell aus ineinandergeschachtelten regulären Körpern. In den Radien der verschiedenen Kugeln spiegeln sich die Abstandsverhältnisse der Planeten. [9]
    Das kopernikanische System kennt nämlich genau sechs Planeten: Merkur, Venus, Erde, Mars, Jupiter und Saturn. Dem entsprechen in Anlehnung an die aristotelische Kosmologie sechs Kugelschalen um die Sonne. Zwischen diese sechs Sphären könnten die fünf platonischen Körper passen: um die Kugelschale des Jupiter herum zum Beispiel der Würfel, der seinerseits von der Sphäre des Saturn eingehüllt wird. Sollte dies der göttliche Bauplan des Universums sein, würde das die Zahl der Planeten und womöglich auch ihre Abstände voneinander erklären.
    In Gedanken und Skizzen baut sich Kepler ein Weltmodell aus den ineinandergeschachtelten Kugeln und platonischen Körpern zusammen. Er prüft, ob dieses System mit den bekannten Beobachtungsdaten irgendwie in Einklang zu bringen ist. Und siehe da: Es klappt! Wenn auch nur halbwegs genau.
    In höchster

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