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Das Weltgeheimnis (German Edition)

Das Weltgeheimnis (German Edition)

Titel: Das Weltgeheimnis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas de Padova
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sich das Blatt plötzlich noch einmal. Kepler nämlich unterrichtete die evangelische Kirchenbehörde von seinem Missgeschick, die die Vermittlung zur Braut wieder aufnahm. »Die Autorität der Behörde machte Eindruck auf die Leute, ebenso das Gespött bei ihrem Erscheinen. Daher bearbeiteten alle um die Wette den Sinn der Witwe und ihres Vaters und eroberten ihn und bereiteten mir so eine neue Heirat.«
    Im April 1597, wenige Tage nach dem Druck seines Werkes, kommt es also doch noch zur Eheschließung – unter einem Unheil bringenden Himmel, wie der Astrologe zu seinem Bedauern feststellt. Die Sternenkonstellation lasse »eine mehr angenehme als glückliche Ehe« erwarten, eine Einschätzung, die durchaus zu Keplers Schilderungen aus späteren Jahren passt.
    Ein kleines Medaillonbild mit Öl auf Kupfer gemalt, das etwa zu dieser Zeit entstanden ist, zeigt seine Frau Barbara mit selbstbewusstem Blick, streng zurückgekämmtem Haar, das unter einer exklusiven Kopfbedeckung verschwindet, und einer weißen Halskrause, die ihr bis unters Kinn reicht. Ihre elegante Kleidung, die sie mit Würde trägt, entspricht den in Deutschland vorherrschenden sittlichen Vorstellungen der Zeit.
    Der Körper der Frau wird durch schwere, meist schwarze Stoffe verhüllt, in ein Korsett gesteckt, der Busen hinter Polsterungen, manchmal sogar hinter Bleiplatten verborgen, das Kleid bis zum Hals geschlossen. In weiten Teilen Italiens lehnt man diese unnatürliche Art, sich zu kleiden, ab. In Venedig etwa verzichten viele Frauen nicht auf ihr Dekolleté und tragen das Haar offen.
    Von der Größe des Scheiterns
    Die Hochzeitsfeierlichkeiten stellen Kepler vor ernsthafte Probleme, da es in Graz Sitte ist, die Hochzeit »aufs Glänzendste auszuführen«. Der Bräutigam aber hat sich schon mit dem Druck des Weltgeheimnisses finanziell übernommen. »Der Stand meines Vermögens ist derart, dass, wenn ich innerhalb Jahresfrist sterben würde, kaum jemand schlimmere Verhältnisse nach seinem Tod hinterlassen könnte«, gesteht er Mästlin.
    Ohne dessen »Hebammendienst« wäre das Buch wohl nie erschienen. »Ich empfinde jedes Mal einen Stich, so oft … Ihr anführt, wie viel Zeit Ihr auf den Druck verwendet habt. Ihr überhäuft mich wirklich mit allzu großer Aufmerksamkeit; ich kann das mit der Feder nicht mehr ausgleichen.«
    Kepler ist voller Dankbarkeit. Durch das Weltgeheimnis haben seine mathematischen Studien einen neuen Sinn bekommen. Er möchte den Bau der Welt auf möglichst einfache geometrische Prinzipien zurückführen und verstehen, wie Gott den Kosmos geschaffen hat.
    Viele große Theoretiker nach ihm werden sich von ähnlichen Motiven leiten lassen: Isaac Newton studiert die Natur als ein von Gott geschriebenes Buch, Albert Einstein glaubt an einen Gott, der sich in der »gesetzlichen Harmonie des Seienden« offenbart.
    Wissenschaft ohne Religion sei lahm, Religion ohne Wissenschaft blind, schreibt er. »Das Wissen um die Existenz des für uns Undurchdringlichen, der Manifestationen tiefster Vernunft und leuchtendster Schönheit, die unserer Vernunft nur in den primitivsten Formen zugänglich sind, dies Wissen und Fühlen macht wahre Religiösität aus.«
    In der Mathematik sieht Einstein das »eigentlich schöpferische Prinzip« der Wissenschaft. Er ist sich aber auch der Gefahren bewusst, die damit verbunden sind, sich auf die Abstraktionsebene der Mathematik zu begeben. Denn letztlich bilden die Physik, die sich auf materielle Phänomene bezieht, und die Mathematik, die deren Form beschreibt, in den Naturwissenschaften immer eine Einheit. Wo man nicht von der Erfahrung ausgehe, könnten rein logisch gewonnene Sätze völlig leer sein, warnt Einstein. »Mathematik ist die einzige perfekte Methode, sich selbst an der Nase herumzuführen.«
    In eben diese Falle tappt nun Kepler. Sein Modell der platonischen Körper ist eine rein mathematische Konstruktion. Ihm fehlen physikalische Anhaltspunkte dafür, warum sich die Planeten genau in den beobachteten Abständen von der Sonne befinden – eine bis heute offene Frage, die eng mit der komplexen Entstehungsgeschichte unseres Planetensystems verknüpft ist.
    Keplers Weltgeheimnis enthält allerdings weitere Leitgedanken seiner Forschung. Der überzeugte Kopernikaner möchte wissen, warum sich die weit von der Sonne entfernten Planeten langsam bewegen, die sonnennahen Planeten dagegen schnell. Bereits in seinem Erstlingswerk gibt er eine Antwort darauf, die die gesamte Himmelskunde

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