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Das Weltgeheimnis (German Edition)

Das Weltgeheimnis (German Edition)

Titel: Das Weltgeheimnis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas de Padova
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Galilei in Angriff, was Leonardo am selben Ort aufgrund seiner fehlenden theoretischen Ausbildung nicht gelingen konnte: Er führt die Wirkungen der Technik auf mathematische Gesetze zurück.
    Beispielhaft dafür ist sein Manuskript über die Mechanik. Darin weist Galilei nun seinerseits die Schiffbauingenieure und Handwerker in ihre Schranken. Sie irrten allesamt, wenn sie glaubten, die Natur mit ihren Maschinen überlisten zu können. Die Natur sei nicht zu hintergehen. Der Vorteil, den man durch lange Hebel, durch Kurbeln oder Flaschenzüge gewinne, bestehe lediglich darin, dass man eine Last damit als Ganzes heben könne. Ohne solche Hilfsmittel müsse man das Gewicht zerstückeln. Wer weniger Kraft einsetzen will, muss längere Wege in Kauf nehmen. An diesem »Prinzip der Energieerhaltung«, wie es heute genannt wird, ändert auch eine Maschine nichts.
    Ein Mathematiker namens Kepler
    Galilei tut sich auf verschiedenen Schauplätzen als Ingenieur und Dozent um, er streift als Salonlöwe und auf Freiersfüßen durch Venedig, als im Sommer 1597 eine unerwartete Buchsendung bei ihm eintrifft. »Vorbote kosmographischer Abhandlungen enthaltend das Weltgeheimnis« heißt es auf dem Titelblatt.
    Autor des Werkes ist ein deutscher Mathematiker: Johannes Kepler.
    Betrachtet man die bisherige Laufbahn der beiden Mathematiker, begegnen sich ein dreiunddreißigjähriger Professor einer der berühmtesten europäischen Universitäten und ein Gymnasiallehrer aus der Provinz. Auf internationaler Bühne ist Galilei allerdings ein Unbekannter. Er hat noch nichts publiziert, während der acht Jahre jüngere Kepler mit tatkräftiger Unterstützung seines ehemaligen Tübinger Universitätslehrers eine ambitionierte wissenschaftliche Arbeit herausgebracht hat, die Galilei nun in den Händen hält.
    Galilei greift die Möglichkeit, mit einem Mathematiker aus dem Ausland Verbindung aufzunehmen, gerne auf. Umgehend schreibt er nach Graz zurück, um sich zu bedanken: »Euer Buch, hochgeehrter Herr, das Ihr mir durch Paulus Amberger übersandt habt, habe ich nicht schon vor einigen Tagen, sondern erst vor wenigen Stunden erhalten. Und da mir ebendieser Paulus seine Rückkehr nach Deutschland ankündigte, würde ich es in der Tat für undankbar halten, wenn ich Euch nicht durch den gegenwärtigen Brief meinen Dank zum Ausdruck bringen würde.«
    Bisher, fährt Galilei fort, habe er nur von der Einleitung Kenntnis genommen, daraus aber doch einigermaßen die Absicht des Autors erkannt. Er habe »wirklich ganz besonders Glück, einen solchen Mann als Gefährten bei der Erforschung der Wahrheit und als Freund der Wahrheit zu besitzen. Denn es ist schlimm, dass die so selten sind, die nach der Wahrheit streben und die nicht eine verkehrte Art zu philosophieren verfolgen.«
    Galilei verspricht, das Buch in Ruhe zu lesen. »Und dies werde ich umso lieber tun, weil ich schon vor vielen Jahren zu den Anschauungen von Kopernikus gekommen bin und von diesem Standpunkt aus die Ursachen vieler Naturvorgänge entdeckt habe, die aufgrund der gewöhnlichen Annahmen zweifellos nicht zu erklären sind.«
    Galilei ein Anhänger des kopernikanischen Weltbilds? Dieses Bekenntnis kommt ziemlich überraschend. Seit Jahren lässt er sich in seinen Vorlesungen an der Universität anhand eines astronomischen Standardwerks über das geozentrische Weltbild aus, nun stellt sich heraus, dass er es im Stillen längst in Zweifel zieht. Auf einmal gibt er sich als Bewunderer des Kopernikus zu erkennen, der ebenfalls in Padua studiert hat, obwohl Galilei dessen Ansichten in seinem Traktat Über die Sphäre , das er noch jahrelang an seine Studenten verteilt, nicht behandelt.
    Der einzige Vorbote dieses vermeintlichen Sinnenwandels ist ein Brief, den Galilei im selben Jahr an seinen Pisaner Freund Jacopo Mazzoni geschrieben hat. Es ist eine Kritik an Mazzonis neuem Buch. Der hatte versucht, die kopernikanische Weltsicht quasi nebenbei zu widerlegen. Galilei hat dem Philosophen daraufhin eine kleine Lehrstunde in Sachen Geometrie erteilt und ihm bei dieser Gelegenheit in einem Nebensatz seine eigenen Sympathien für Kopernikus eröffnet.
    Der Brief an Kepler ist das zweite Zeugnis dieser Art und als solches ein erstaunliches Dokument: Der Deutsche ist dem italienischen Professor völlig unbekannt, als Mathematiker und Gleichgesinnter genießt Kepler jedoch offenbar einen Vertrauensvorschuss.
    Mit seinem Brief möchte Galilei außerdem die Gelegenheit nutzen, sich dem

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