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Das Weltgeheimnis (German Edition)

Das Weltgeheimnis (German Edition)

Titel: Das Weltgeheimnis (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas de Padova
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wahrscheinlicher, da Brahe mit Kanonendonner in Galileis Forschungsgebiet vorstößt.
    Der in ganz Europa berühmte Astronom hat vor allem physikalische Einwände gegen die kopernikanische Theorie. Wie ist es möglich, fragt Brahe, dass eine Bleikugel, von einem sehr hohen Turm in richtiger Weise fallen gelassen, aufs Genaueste den lotrecht darunter liegende Punkt der Erde trifft? Seiner Ansicht nach kann die Kugel nur dann punktgenau am Fuß des Turms landen, wenn die Erde ruht. Eine rotierende Erde würde sich unter der fallenden Kugel wegdrehen, der Bleikörper müsste ins Hintertreffen geraten. Aus demselben Grund könnte man auf einer rotierenden Erde mit einer Kanone nicht genauso weit in Richtung Osten schießen wie nach Westen.
    Solche Argumente müssen Galileis Aufmerksamkeit erregen. Sie ähneln den Vorbehalten, die Claudius Ptolemäus schon im zweiten Jahrhundert nach Christus gegen die Erdrotation vorgebracht hat, nur erscheinen sie jetzt in moderner Form. Laut Ptolemäus würde sich auf einer rotierenden Erde »weder eine Wolke oder sonst etwas, was da fliegt oder geworfen wird, in der Richtung nach Osten ziehend bemerkbar machen«. Die sich drehende Erde würde alles überholen, was nicht mit ihr verbunden ist, sodass alle Wolken nach Westen ziehen müssten. Da dem nicht so sei, zeige sich hier »die ganze Lächerlichkeit einer solchen Annahme«.
    Ptolemäus und Brahe haben gute Gründe, eine Bewegung der Erde abzustreiten, zumal man dem Globus im heliozentrischen System eine aberwitzige Geschwindigkeit zuschreiben müsste. Nach heutigem Wissensstand bewegt sich ein Punkt am Äquator mit mehr als 1600 Kilometern pro Stunde in Richtung Osten. Noch höher ist die Geschwindigkeit, mit der die Erde auf ihrer Bahn um die Sonne zieht: Mit mehr als 100 000 Kilometern pro Stunde rast sie durchs All. Es widerspricht unserer Vorstellungskraft völlig, dass man von alldem nichts spürt.
    Allerdings wird man das Problem nur zum Teil los, wenn man annimmt, dass die Erde ruht. In diesem Fall müssten sich nämlich sämtliche Fixsterne in 24 Stunden einmal um unseren Globus drehen. Angesichts ihrer großen Entfernung wäre ihre Umlaufgeschwindigkeit um ein Vielfaches höher als die der rotierenden Erde. Dennoch ziehen es die meisten Gelehrten an der Schwelle zum 17. Jahrhundert vor, das Geschwindigkeitsproblem auf die Sphären außerhalb des menschlichen Erfahrungshorizonts zu verlagern.
    Eine Nische für Kopernikus
    Auch Galilei fehlt bislang eine in sich schlüssige Bewegungstheorie, aus der hervorgeht, warum man von der zweifachen Rotation der rasenden Erdkugel im Alltag nichts mitbekommt. Sein Labor ist die Nische, in der seine vielfältigen Interessen zusammenlaufen, hier reifen seine mechanischen Experimente und physikalischen Überlegungen zu neuen Konzepten heran, deren Potenzial er erst ausspielt, als er das richtige Umfeld dafür gefunden zu haben glaubt.
    Aber auch wenn er erst später mit seinem Bekenntnis herausrückt, lässt sich mit ziemlicher Sicherheit sagen, dass Galilei schon 1597 erkannt hat, dass sich das kopernikanische Weltbild nur dann durchsetzen wird, wenn es gelingt, die physikalischen Einwände gegen eine Rotation der Erde und ihren Lauf um die Sonne zu entkräften. In Tycho Brahe sieht er zeitlebens einen seiner ärgsten Widersacher, während Kepler den Dänen trotz ihrer divergierenden Ansichten als astronomischen Beobachter bewundert.
    Ihr Verhältnis zu Brahe, auf dessen Autorität sich im Lauf der kopernikanischen Debatte mehr und mehr Gelehrte berufen, könnte unterschiedlicher kaum sein: Galilei weicht einem direkten Kontakt mit Brahe, den Pinelli anzuregen versucht, aus, Kepler folgt schon bald einer Einladung nach Prag und wird Brahes Assistent.
    In Keplers Buch sucht Galilei vergeblich nach den ihn vorrangig interessierenden physikalischen Fragen. Sie werden im Weltgeheimnis nicht berührt. Es ist ein astronomisches Werk, zudem theologisch inspiriert und hochgradig spekulativ.
    Kepler behauptet nicht weniger, als den göttlichen Schöpfungsplan entziffert zu haben. »Ich habe mir vorgenommen, in diesem Büchlein zu beweisen, dass Gott, der Allgütige und Allmächtige, bei der Erschaffung unserer beweglichen Welt und bei der Anordnung der Himmelssphären jene fünf regulären Körper, die seit Pythagoras und Platon bis auf unsere Tage so hohen Ruhm gefunden haben, zugrunde gelegt … hat.«
    Es ist nicht bekannt, was Galilei von der mystischen Einkleidung des Buches hält, aber

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