Das Werk der Teufelin
sei.
»Nur die Hälfte der Säcke. Und das Mehl voller Steinsplitter. Eine Schande ist das! Wir werden uns die Zähne an dem Brot ausbeißen.« Mürrisch wies Gertrud auf eine Schüssel mit weißem Mehl und dem Sieb, in dem sich recht grober Steingrieß abgesetzt hatte.
»Ich werde mich nach einem anderen Müller umsehen! Himmel, wenn doch Magda hier wäre.«
»Ist sie aber nicht, Almut. Und du bist heute nicht in der Lage, mit Handwerkern und Kaufleuten zu verhandeln. Gott im Himmel, was für eine Laus ist dir über die Leber gelaufen!«
»Keine.«
»Doch, eine gewaltige. In Holzpantinen. Was hast du angerichtet? Dich wieder mit dem kleinen Schaf angelegt?«
»Angelika habe ich heute noch gar nicht gesehen.«
»Oder ärgerst du dich über Thea?«
»Aber nein. Deren Grillen vergehen wieder. Ach, Gertrud, ich trage jetzt auch noch die Schuld daran, dass dieser verdammte Vogt die Weverin gefangen gesetzt hat. Weil ich meine Neugier mal wieder nicht bezähmen konnte.«
»Setz dich, Almut. Hier ist ein süßer Wecken, ganz frisch. Und Butter. Und nun erzähl mir, wer die Weverin ist und warum du schuld daran bist, dass sie in der Hacht gelandet ist.«
Die unerwartete Fürsorge und die Anteilnahme lösten Almuts Reizbarkeit auf, und mit einem langen Seufzer begann sie von ihren vormittäglichen Erlebnissen zu erzählen. Als sie geendet hatte, setzte sich Gertrud zu ihr und legte ihre mehlige Hand auf die ihre.
»Hör auf, dir Sorgen zu machen, der Pater wird sich schon um diese Ursula kümmern. Kannst froh sein, dass man dich nicht auch gleich dabehalten hat. Du hast keine Schuld daran. Ritter und Domherrn«, Gertrud spie die Worte förmlich aus, »mit den hohen Herren ist nicht zu spaßen. Sie nehmen sich, was sie wollen, und sie sehen nur, was sie sehen wollen.«
»Ich hätte es mir denken können.«
»Nein, hättest du nicht. Woher solltest du ahnen, dass dieser Ritter sich gerade in dem Augenblick in der Hacht aufhielt. Iss endlich deinen Wecken!«
»Ich mag nichts essen.«
»Iss, dann geht es dir besser.«
Mit einem schiefen Lächeln gehorchte Almut, und wirklich, nach ein paar Bissen sah die Welt schon nicht mehr ganz so schwarz aus. Gertrud siebte weiter Mehl und murrte dabei leise vor sich hin. Schließlich fragte sie: »Was hast du als Nächstes vor?«
»Vermutlich noch mehr Schaden anrichten!«
»Du gehst mir auf die Nerven!«
»Schon gut. Ich muss es ja jemandem sagen. Aber sprich nicht darüber, Gertrud. Es wird nur wieder Aufregung geben.«
»Bin kein Klatschmaul, das weißt du doch.«
»Richtig, das bist du nicht. Darum verrate ich es dir auch. Ich werde mit Aziza in das Badehaus gehen, in dem Johanna gearbeitet hat, und versuchen, herauszufinden, wie sie zu dem Domherrn gestanden hat. Sie selbst spricht ja nicht darüber.«
»Ist ein braves Mädchen, die Johanna. Fleißig. Und fromm. Ganz anders als diese alberne kleine Ziege von Angelika. Wird halt einen Ärger gegeben haben mit dem Domgrafen. Ist das eigentlich richtig, dass er –ähm – entmannt wurde?«
»Woher weißt du das denn?«
»Der Pitter…«
»Der Bengel!«
»Ist schon gut, die ganze Stadt redet davon. Glaubst du, Johanna hat…?«
»Wär das nicht möglich?«
»Möglich schon. Aber frag dich mal, wo das passiert sein soll. In der Badestub?«
Almut sah die hagere Köchin verblüfft an.
»Gertrud, du bist einmalig! In der Badestub! Unbemerkt von allen Gästen. Nein, das muss irgendwo anders geschehen sein. Und irgendwie wird der Domgraf es zu verheimlichen gewusst haben. Ich muss darüber nachdenken.«
»Tu das, und halt die Ohren auf. Du bist die Einzige, die Magda wirklich helfen kann. Ich bin gestern bei ihr gewesen.«
»Was?«
»Nach der Messe. Hab mich mit dem Ratsherrn zusammengetan.«
»Und hast uns nichts erzählt?«
»Gibt nichts zu erzählen. Es geht ihr gut, aber sie langweilt sich zu Tode!«
»Es ist so ungerecht!«
»Geh baden, Almut. Ich hab ein Auge auf die Dinge hier!«
»Danke, Gertrud.«
Die neuen Gedanken lenkten Almut von ihrem schlechten Gewissen ab, und als kurz darauf Aziza erschien, um sie abzuholen, war sie schon wieder besser gelaunt. Ihre Schwester tat ein Übriges dazu und plauderte auf dem Weg zur Marspforte über die gängigen Stadtskandälchen und neuesten Entwicklungen im Streit zwischen dem Rat der Stadt Köln und dem Erzbischof.
»Stell dir vor, der Graf von Ziegehain ist jetzt auch ein Feind der Stadt. Und sogar der Bischof von Paderborn und der Herzog von Österreich
Weitere Kostenlose Bücher