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Das Werk der Teufelin

Titel: Das Werk der Teufelin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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im Raum verteilt, die jeweils mit einem Baldachin aus rotem oder blauem Stoff versehen waren. Manche waren zugezogen, andere waren offen, und Almut nahm die im Wasser sitzenden Paare wahr, die sich an den Gerichten auf den Tischen davor gütlich taten. Aziza räkelte sich in einem der Zuber und winkte Almut übermütig zu. Andreis goss soeben eine Kanne dampfend heißen Wassers nach.
    »Komm, Almut. Ich habe uns ein wenig Huhn bestellt und einen leichten Wein.«
    Mitsamt dem Hemd stieg Almut in den riesigen Bottich und fand eine Sitzbank darin.
    »Du bist ein wenig rötlich im Gesicht! Ist es die Hitze, oder haben deine unschuldigen Ohren Dinge zu hören bekommen, die ihnen nicht bekommen sind.«
    »Ich hörte Erstaunliches, doch. Aber dazu später.«
    »Ja, ich denke, ich habe ebenfalls die eine oder andere Neuigkeit für dich.« Aziza goss sich und Almut je einen Becher kühlen Wein ein. »Dein Domherr hat sich hier außer bei dem Bader nicht besonders beliebt gemacht.«
    »Martha erzählte mir von einem Streit. Wodurch aber hat er sich denn bei dem Bader beliebt gemacht?«
    »Oh, er hat ihn viele Wochen vom Fegefeuer – in dem er sicherlich wegen seiner zahlreichen Sünden lange schmoren muss – befreit.«
    »Wie ist ihm denn das gelungen?«
    »Domherren stehen dem Thron Gottes näher als wir andern Sterblichen. Domherren können daher Ablasszettel verteilen. Normalerweise verkaufen sie sie für gutes Geld. Um den Bau der Kathedrale zu finanzieren. Sagt man. Dieser Domherr hat jedoch kein Geld, sondern Leistungen für seine Ablässe verlangt. Eine attraktive Angelegenheit für den Bader, der sein Gewissen damit beruhigt hat. Die Mägde und Knechte halten jedoch nicht so viel davon. Sie werden einst weiterhin ihre Zeit im Fegefeuer absitzen, und in dieser Welt bekommen sie noch nicht einmal den Lohn für ihre Dienste.«
    »Hoffen wir, dass der edle Herr jetzt selbst geröstet wird!«, zischte Almut.
    »Er scheint in dieser Welt einiges dafür getan zu haben, damit dein frommer Wunsch in Erfüllung geht.«
    Almut schwieg und nippte an ihrem Wein. Irgendwas machte sie an der Bemerkung über den Ablasshandel stutzig, aber sie wusste nicht, was es war. Natürlich war ihr die Praxis vertraut, dass man sich für Geld oder Leistungen von den höllischen Strafen freikaufen konnte. Vor allem seit der neue Dom errichtet wurde, war das üblich geworden. Ein Ablass von einem Jahr und vierzig Tagen wurde allen Stiftern und Spendern von den hohen Klerikern versprochen. Das mochte angesichts der Ewigkeit zwar nur ein Tropfen auf dem heißen Stein sein, aber offensichtlich hatten genügend Menschen so viel Furcht vor der Buße, dass ihnen schon eine solch kurze Zeitspanne ohne Qualen erstrebenswert schien. Hin und wieder mahnten die Priester sogar in ihren Predigten, man möge bei der Abfassung seines Testamentes das Bauvorhaben bedenken.
    »Worüber grübelst du, Schwester?«
    »Über das Fegefeuer!«
    »Ich hätte dich nicht ins Schwitzbad mitnehmen sollen. Die Hitze dort hat dich offensichtlich auf solch ungemütliche Gedanken gebracht.«
    »Ich frage mich, ob man wirklich mit Geldzahlungen in dieser Welt die Strafe in der nächsten mildern kann.«
    »Psst, im Zuber nebenan könnte ein Prälat sitzen, der es begrüßt, wenn für Ketzer das Fegefeuer schon in dieser Welt brennen würde«, flüsterte Aziza. »Unterhalten wir uns über lustigere Dinge.«
    Das gelang Almut nicht so ohne weiteres, und als das Wasser kalt geworden war, beschlossen sie, die Badestube zu verlassen. Es war ein Genuss, nach der feuchten Wärme die kühle, frische Luft einzuatmen.
    »Hat es dir weitergeholfen, mit Martha zu sprechen?«
    »Ja, leider. Es sieht so aus, als ob Johanna allen Grund gehabt hat, den Domherrn zu hassen. Sag mal, wann genau hast du sie zu dir genommen?«
    »Lass mich überlegen. Es war kurz nachdem du diesem Unhold in die Hände gefallen bist. Darum habe ich dir davon auch nichts erzählt. Es muss am ersten oder zweiten Augusttag gewesen sein.«
    »Und wann hast du sie zu deiner Mutter gebracht?«
    »Nun… Es war an einem Montag. Nach dem Tag der heiligen Afra. Der ist am fünften August. Es ging ihr vorher zu schlecht, um zu reisen.«
    »Die Fehlgeburt?«
    »Die Fehlgeburt, pah! Sie war bei einer Engelmacherin. Einer Stümperin sondergleichen. Aber was sollen die armen Mägde anderes machen, wenn sie schwanger werden? Der Bader wirft sie raus, sie verlieren Obdach und Einnahmen, also versuchen sie, das Unglück

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