Das Werk der Teufelin
loszuwerden.«
»War sie die ganze Zeit bei dir, bis du sie fortgebracht hast?«
»Sie hätte kaum einen Schritt vor die Tür machen können. Warum fragst du?«
»Weil ich wissen möchte, wo Johanna war, als dem Domherren seine wertvollsten Teile abhanden gekommen sind.«
»Da wir nicht genau wissen, wann und wo das passiert ist, ist es müßig, darüber nachzugrübeln. Richtig?«
»Leider ja. Ich merke schon, ich muss mich mehr um den Domherren kümmern als um die Teufelin.«
»Wozu hast du deinen geistlichen Verehrer?«
»Wen?«
»Diesen Pater mit den unergründlichen Augen.«
»Pater Ivo ist mit Sicherheit kein Verehrer von mir, und ob seine Augen unergründlich sind, kann ich dir nicht sagen. Mir ist es noch nicht aufgefallen.«
»Na, mir schon. Und du weißt auf Anhieb, wen ich meine, nicht?« Aziza grinste ihre Schwester hintersinnig an. »Aber das ist deine Angelegenheit. Auf jeden Fall wird er sicher mehr über den Domherren herausfinden können als du. Dieser klerikale Klüngel kennt sich untereinander.«
Aber die Erwähnung von Pater Ivo hatte Almut wieder die Ereignisse des Vormittags ins Gedächtnis gerufen, und ihre Miene verdüsterte sich. Da war noch die Weverin, die jetzt vermutlich im Kerker schmachtete.
»Du machst ein Gesicht, als ob der Weltuntergang nahe wäre. Was ist verkehrt an deinem Pater?«
»Nichts. Und er ist nicht mein Pater!«
»Wenn du es sagst, keusche Schwester.«
»Ach, lass es, Aziza. Ich habe mich um so viel zu kümmern, ich weiß nicht, wo ich anfangen soll.«
»Mit einem Problem, nicht mit allen auf einmal. Ich habe meiner Mutter einen Boten geschickt, wir werden also erfahren, wie Johanna ihre Zeit bei ihr verbracht hat. Aber die Antwort wird auf sich warten lassen, es lungert viel Kriegsvolk zwischen Köln und Bonn herum. Ich schicke dir Nachricht, wenn ich mehr weiß.«
»Danke, Aziza. Und jetzt werde ich erst einmal die Angelegenheiten im Konvent regeln. Ich fürchte, es wird wieder Gezänk geben.«
25. Kapitel
Wie erwartet, hatte Almut all ihre knapp be messene Geduld aufbringen müssen, um die Arbeiten zu verteilen und sich die Sorgen und Beschwerden anzuhören, Rat zu erteilen und aufgebrachte Gemüter zu beschwichtigen. Erschöpft sank sie zu Bett und wachte erst mit dem Hahnenschrei aus ihrem traumlosen Schlaf auf. Sofort zogen ihr all die Fragen wieder durch den Kopf, die sie beantworten musste. Seufzend stand sie auf und öffnete die Fensterläden. Das Unwetter hatte sich endgültig verzogen, und ein klarer, schöner Herbstmorgen leuchtete ihr entgegen. Doch es war kühl geworden, jede sommerliche Wärme hatte sich mit dem Sturm verabschiedet. Eigentlich war es gerade recht, um eine anstrengende körperliche Arbeit im Freien zu verrichten. Vielleicht ordnen sich ja dabei meine Gedanken, sagte sie sich und zog den alten Kittel an, den sie trug, wenn sie sich den Bauarbeiten widmete.
Die Sonne hatte schon einen weiten Bogen über das Himmelsgewölbe gezogen, als sie schließlich, zufrieden auf den Schaufelstiel gestützt, ihr Werk betrachtete. Die Grube für das Fundament der Kapelle war ausgehoben und dort, wo sie die Eckpfeiler eingeplant hatte, waren tiefe Löcher gegraben.
»So tief wie zehn Mann übereinander sind die Fundamente für den neuen Dom«, erklärte sie Clara, die erstaunt den Haufen Erde betrachtete, der sich auf dem Hof auftürmte.
»Na, so tief wirst du hoffentlich nicht graben wollen.«
»Nein, das reicht jetzt. Ich werde bald anfangen können, sie mit Steinen und Mörtel auszufüllen.«
»Ein seltsames Vergnügen hast du dir da ausgesucht! Wenn dir mal wieder der Sinn nach etwas gesitteterer Arbeit steht, dann kannst du das Manuskript lesen, das ich gestern fertig geschrieben habe.«
»Was hast du übersetzt?«
»Was Sirach zu den guten und den bösen Frauen sagt.«
»Sehr schön. Ich hörte schon, dass er dazu etwas zu sagen hat!«
»O ja. Du wirst deine Freude daran haben.«
»Später, Clara.«
Almut schaufelte noch eine Weile, wechselte zwischendurch ein paar Worte mit den Beginen, die betriebsam durch den Hof eilten, vom Markt oder ihren Krankenbesuchen zurückkamen oder die Bestellungen der feinen Seiden- und Leinenwäsche zu den Auftraggebern brachten. Irgendwann, es hatte bereits schon zur Sext geläutet, bemerkte sie auch Angelika, die sich mit gemächlichen Schritten zum Kräutergarten bewegte und andächtig einem späten Schmetterling nachblickte. Sie legte die Schaufel zur Seite und ging auf sie zu.
»Geht
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