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Das Werk der Teufelin

Titel: Das Werk der Teufelin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Gaben, die mehr als genug ihre fehlenden Sinne ausglichen, gehörte ein unnachahmlicher Spürsinn, mit dem sie die Störungen in einem kranken Leib erkennen konnte. Und mehr noch, sie beruhigte die aufgewühlten Körpersäfte – so hatte Elsa es einmal bezeichnet. Almut glaubte ihr das unbedingt, denn durch die sanfte Berührung von Trines Handflächen ging ein warmer, heilender Strom, der sich lindernd durch ihre schmerzenden Eingeweide zog. Nach einer Weile löste Trine die Hände, und Almut gelang ein leichtes Lächeln in ihre Richtung.
    »Danke, Trine. Es ist schon viel besser. Aber jetzt zeig uns, was mir dieses Ungemach verursacht hat.«
    Elsa nickte bestätigend, und auch Gertrud, die ihre Küchenpflichten vernachlässigte, um Trines Urteil zu hören, stimmte ihr zu. Sie reichte dem Mädchen als Erstes die Schüssel, in der sich die Pilzspeise befunden hatte, denn sie wusste, wenn irgendein giftiger Pilz seinen Weg in die Küche gefunden hatte, würde sie es erkennen.
    Trine schnüffelte an der Schale und leckte sich dann die Lippen, um anzudeuten, wie köstlich das Gericht gewesen sein musste. Erleichtert atmete Gertrud auf.
    »Nicht die Pilze?«, fragte Almut.
    »Nein, nicht die Pilze. Ich konnte es auch nicht glauben.«
    »Aber was dann?«, wollte Elsa wissen, und Trine betrachtete die anderen Überreste – Hühnerknochen, Brotkrumen, ein Stückchen zähes Fleisch –, von den süßen Wecken jedoch waren nur noch zwei Rosinen übrig. Aber nichts davon erregte ihr Misstrauen. Erst als sie an dem Krug mit Apfelwein schnupperte, verzog sich ihr Gesicht.
    »Der Apfelwein, Trine? Aber den haben alle anderen ebenfalls getrunken. Er kam aus demselben Fass, aus dem ich auch die Krüge für das Vespermahl gefüllt habe.«
    »Er hat ein bisschen anders geschmeckt. Ich dachte, es lag daran, weil ich zuvor süße Wecken gegessen hatte«, ließ sich Almut mit schwacher Stimme hören.
    »Dann muss jemand etwas in den Krug getan haben. Und dieser Jemand, meine Liebe, kann nur das kleine Schaf gewesen sein, denn ihr habe ich doch das Essen für dich mitgegeben.«
    »Angelika?«
    Die Köchin schnaubte: »Andere Schafe haben wir hier nicht. Wo ist sie übrigens? Sie scheint einen begnadet tiefen Schlaf zu haben. Trotz der ganzen Aufregungen heute Nacht hat sie sich nicht aus ihrem Zimmer gerührt. Ich werde sie mal ein wenig aufrütteln!«
    Angelika lag, noch in ihre Decken eingekuschelt, auf ihrem Lager, doch sie war wach, und Almut hörte, wie sie sich gegen Gertruds raue Behandlung wehrte. Dann stand sie in ihrem zerknitterten Hemd in der Kammer, ein zerzauster Engel mit müde umschatteten Augen, die vorwurfsvoll diese unvollkommene Welt betrachteten.
    »Was hast du Almut in den Apfelwein getan, Angelika?«, herrschte Elsa sie an.
    »Ich? Nichts, Elsa. Was sollte ich hineintun?«
    »Etwas, das Magenschmerzen und Erbrechen auslöst. Bist du in meiner Apotheke gewesen? Hast du etwas von meinen Tinkturen entwendet?«
    »Aber nein, Frau Elsa. Das würde ich nie tun. Sie sind doch gefährlich. Habt Ihr selbst gesagt!«
    »Es hat aber jemand etwas in den Krug gemischt, Angelika, und du bist die Einzige, die dazu Gelegenheit hatte. Du hast ihn von der Küche hierher getragen.«
    »Schon, aber ich habe ihn unten abgestellt und dann erst den Korb geholt. Es war so schwer, beides zusammen zu tragen!« Vorwurfsvoll sah Angelika die Köchin an.
    »Das stimmt allerdings, dieses närrische Geschöpf kam zweimal angetrottet, um die Sachen zu holen. Es könnte jemand in der Zeit etwas in den Krug gegeben haben.«
    »Es war aber nur Clara im Haus, und sie war schon in ihrer Kammer.«
    »Die Johanna war in Eurem Zimmer!«, tat Angelika unerwartet giftig kund.
    Almut wollte eine barsche Antwort geben, aber sie verschluckte sie lieber, als sie sich erinnerte, dass ihre Besucherin ja abgelehnt hatte, das Mahl mit ihr zu teilen. Obwohl Johanna am vergangenen Abend offener war als je zuvor, hatte sie noch immer das Gefühl, als ob sie beharrlich irgendetwas verschwieg.
    »Holt Johanna!«, bat sie, doch Trine schüttelte den Kopf. Sie betrachtete Angelika sehr ausführlich und huschte dann aus dem Zimmer. Wenige Atemzüge später war sie wieder da und hielt triumphierend einen Blumenstrauß in der Hand. Blaue Herbstzeitlosen, rötlicher Erdrauch, blühende Efeuranken, die weißen Blüten des schwarzen Nachtschattens und gelber Hahnenfuß waren zusammengebunden und bildeten ein fröhlich buntes Bild.
    »Heilige Mutter Maria, beschütze uns!«,

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