Das Werk der Teufelin
was hast du? Mein Gott, du bist weiß wie die Wand.«
Geistesgegenwärtig hielt Johanna ihr den Kopf über die Waschschüssel, und Almut erbrach sich. Dann versuchte sie, ihr noch einen Becher von dem Apfelwein einzuflößen, doch daraufhin musste sie nur noch weiter erbrechen, und vor Schmerzen krallten sich ihre Hände über dem Magen in den festen Stoff ihrer Tracht und drohten sie zu zerreißen.
»Wasser!«, stöhnte sie und würgte wieder.
Johanna half ihr, von dem Wasser aus dem Krug zu trinken, aber das meiste ergoss sich über ihren Hals. Weitere Krämpfe schüttelten sie, und schließlich fiel Almut in eine dunkle Ohnmacht. Johanna legte sie unter Anstrengung auf ihr Bett, weckte Clara und bat sie, nach Almut zu sehen. Dann hastete sie die Treppen hinunter, um heftig an Elsas Tür zu pochen.
In einem über die Brust zusammengerafften Hemd und mit wirren Haaren stand Elsa kurz darauf an Almuts Lager und fragte: »Was hat sie gegessen?«
»Nur was Gertrud ihr in den Korb gelegt hat. Brot, Schinken, Wecken und – ach ja, Pilze.«
»Pilze! Wir haben auch Pilze gegessen. Holt Gertrud! Und bring Wein und Wasser mit.«
Almut schwebte zwischen einer Wirklichkeit aus Licht und Geräuschen und einer Welt, die nichts anderes als das wahrhaftige Fegefeuer zu sein schien. Ihr ganzer Leib brannte von innen heraus, und zahllose Dämonen zerrten an ihr, versuchten sie zu ertränken, sie schrien und zankten, begannen, ihr die Zunge herauszureißen und sie zu ersticken.
»Sie muss weiter erbrechen, Johanna. Steck ihr den Finger in den Hals…«
»Ich kann sehr wohl giftige Pilze von essbaren unterscheiden…!«
»Richtet sie auf, löst die Kleidung…«
»Mehr Wasser. Halte ihr die Nase zu, dann muss sie schlucken…«
Würgend und hustend kam Almut zu sich, um sich gleich wieder in Krämpfen zu winden.
»Trine!«, flüsterte sie.
»Trine ist bei Krudener. Es ist mitten in der Nacht. Wir können sie erst morgen früh holen. Komm, Almut, du musst trinken!«
»Kann nicht. Schmerz!«
»Du kannst, oder du stirbst.«
Gertruds barsche Stimme brachte sie dazu, noch einige Schlucke Wasser zu trinken, die sie aber sofort darauf wieder erbrach.
»Ich braue einen Trank für sie, aber das braucht seine Zeit!«
Elsa fegte aus der Kammer, und Almut versank wieder in ihre Ohnmacht. Sie tauchte auf, als ihr etwas Heißes in den Mund gegossen wurde. Es war eine furchtbare Nacht, in der Phasen der Besinnungslosigkeit sich mit Brechkrämpfen abwechselten, doch ganz allmählich, in den Morgenstunden, ließen die Schmerzen in ihrem Bauch nach, und sie fiel in einen unruhigen Schlaf.
Elsa, Gertrud und Johanna saßen erschöpft an ihrem Bett und sahen sich an, während Clara sich an die Tür lehnte. Sie hatte, trotz ihrer empfindlichen Nerven, die ganze Nacht durchgehalten, Laken gewechselt, Wasser aus dem Brunnen geholt, Milch gewärmt und geholfen, die Kranke von dem Gift in ihrem Körper zu befreien. Denn Gift war es, darüber waren sich alle einig. Wenn auch Gertrud auf das Energischste abstritt, es habe an dem Pilzgericht gelegen, das sie zubereitet hatte.
»Aber was hätte es sonst sein können, Gertrud? Ich will doch nicht sagen, dass du es absichtlich getan hast. Aber ein falscher Pilz…«
»Unmöglich.« Gertrud schnaufte. Sie war müde, und ihre Sicherheit kam allmählich ins Schwanken. »Oder vielleicht doch?«
»Trine wird es wissen. Wir sollten so bald wie möglich nach ihr schicken.«
»Die erste Magd, die kommt, wird zu ihr laufen!«
Im Morgengrauen hämmerte also die Truitgen an Meister Krudeners Tür und verlangte atemlos nach Trine. Das taubstumme Mädchen konnte nicht fragen, worum es ging, doch die besorgte Miene der Magd und ihr Deuten auf den Magen alarmierten sie. Rasch suchte sie einige Fläschchen und Krüge zusammen, um sie in ihren Korb zu verstauen, und eilte mit ihr zum Eigelstein.
Almut lag bleich und erschöpft in ihren Decken, als Trine die Kammer betrat. Das Mädchen stellte den Korb ab und kniete an ihrem Lager nieder. Besorgt betrachtete sie das eingefallene Gesicht ihrer mütterlichen Freundin und machte dann einige fragende Zeichen. Almut deutete mit einer schwachen Handbewegung auf die Reste ihres abendlichen Mahls, die noch auf dem Tisch standen. Trine nickte, aber bevor sie sich dieser Dinge annahm, zog sie sacht die Decke von Almuts Oberkörper, legte ihr beide Hände fest auf Bauch und Magen und schloss die Augen. Es war eigentlich keine besondere Geste, doch zu Trines seltsamen
Weitere Kostenlose Bücher