Das Werk der Teufelin
entfuhr es Elsa, der Apothekerin, die mit Entsetzen auf das Pflanzenbündel in Trines Hand blickte.
»Was ist, Elsa?«
»Das Einzige, was in diesem Strauß ungefährlich ist, ist der rote Erdrauch. Heiliger Joseph, was für eine Ansammlung von Giftkräutern. Kind, wo hast du die her?«
Schmollend schob Angelika die Unterlippe vor und antwortete ein wenig trotzig: »Sie wuchsen auf der Wiese vor der Mauer und am Teich. Durfte ich die nicht pflücken? Sie sind so hübsch!«
»Wahrlich, hübsch! Es ist schon erstaunlich, wie vieles von dem, was spät im Jahr noch blüht, besonders giftig ist.«
Trine hatte den Krug zur Hand genommen und ihre Nase hineingesteckt, dann schüttete sie den Rest des darin enthaltenen Apfelweins in einen Becher, rührte mit dem Finger darin herum und fischte schließlich etwas Schlaffes, Grünes heraus.
»Zerdrückte Pflanzenteile, Stängel wahrscheinlich«, kommentierte Elsa. Trine nickte wissend und deutete auf den Hahnenfuß mit seinen glänzend gelben Blüten hin.
»Giftrauke, Hahnenfuß. Natürlich, der führt zu Magenkrämpfen und Erbrechen. Und ein bisschen zu viel davon führt zum Tod. Allerdings wohl nicht in dieser Menge!«, urteilte Elsa abschließend, als sie sich ebenfalls den Krug und die Pflanzenreste darin besah. »Man könnte das für einen gefährlichen und äußerst üblen Streich halten.« Dabei musterte sie Angelika scharf, doch das Mädchen blieb ungerührt davon und zitterte nur ein wenig in ihrem kurzen Hemd, denn der Morgen war ausnehmend kühl.
Trine steckte um Almut die Decken fest und wedelte auffordernd mit den Händen.
»Ja, ich glaube, wir sollten Almut jetzt ruhen lassen. Sie muss etwas schlafen und kann nachher einen Brei zu sich nehmen. Ich werde etwas für sie richten. Um die Übeltäterin kümmern wir uns später.«
Energisch schob Gertrud alle bis auf Trine aus der Kammer, und erleichtert schloss Almut die Augen. Die Hand des Mädchens rief sie aber wieder zurück, und müde verfolgte sie deren Handbewegungen und Grimassen.
»Du meinst, ich habe mir eine Feindin geschaffen. Oh, darüber bin ich mir ganz sicher. Ich weiß nur nicht, wen. Du bist sicher, dass es Angelika ist? Glaubst du, das dumme Schaf versteht etwas von Giftpflanzen? Sie kann Petersilie nicht von Gras unterscheiden, und Blüten nicht von Blättern. Im Kräuterbeet hat sie nur Unsinn angerichtet.«
Trine nickte, führte dann aber eine weitere ausdrucksvolle Pantomime auf, und Almut betrachtete sie interessiert.
»Na gut, du hast Recht, gerade die Dummen sind besonders gefährlich, andererseits – Johanna ist nicht dumm, sondern sogar sehr schlau, und sie hat irgendein Geheimnis, das sie verbirgt. Wer weiß, ob sie mir nicht Übles will, weil ich ihr auf der Spur bin.«
Trine bedeutete ihr, Johanna sei ein guter Mensch, was an sich auch Almuts Einschätzung war. Sie wollte etwas erwidern, als die Tür aufging und Clara den Kopf hereinstreckte.
»Ich will dich nicht lange stören, Almut. Ich bringe dir nur die Seiten, die du lesen wolltest. Thea hat sie gestern Abend unten auf den Tisch gelegt.«
»Danke, Clara.«
»Ruh dich aus.«
»Mach ich.«
Sie schloss die Tür hinter sich, und Almut begann, an ihrem Zeigefingerknöchel zu nagen. Thea! Thea war also gestern noch kurz im Haus gewesen. Vermutlich gerade als der Apfelwein-Krug unbeaufsichtigt auf dem Tisch stand und daneben ein verlockendes Bündel Giftpflanzen.
»Ich komm nicht weiter, Trine. Es könnte genauso Thea gewesen sein. Sie ist so schlecht auf mich zu sprechen in der letzten Zeit!«
Trine überlegte eine Weile und nickte dann zustimmend.
»Obwohl ich ihr das irgendwie nicht zutraue. Aber im Augenblick fühle ich mich sowieso viel zu matschig, um über all das nachzudenken. Ich werde ein bisschen schlafen!«
Genau das tat sie, und als sie erwachte, stand Gertrud mit einer Schüssel süß duftenden Breis an ihrem Bett. Sie hatte ebenso einen Becher mit heißer Milch, dem Honig und ein Löffel von Trines neuestem Heilmittel, dem Melissengeist, beigemischt waren, mitgebracht, und Almut gelang es, einige Happen zu essen. Danach fühlte sie sich wohl genug, um einige Zeilen von Claras neuester Übersetzung der Worte Sirachs zu lesen. Doch lange hielt sie diese Anstrengung nicht durch. Sie nickte darüber erneut ein, und die Pergamentbögen rutschten aus ihren Fingern.
Das nächste Mal wurde sie von einer tiefen Männerstimme in die Welt der Wachen zurückgerufen.
»Ihr könnt sie nicht sprechen, Pater Ivo, sie
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