Das Werk der Teufelin
warum sollte sie mir Giftrauke in den Apfelwein getan oder gar deine Figur zerstört haben? Mist, Maria, allmählich scheint es mir, als ob all das dieselbe Handschrift trägt. Böswillige Zerstörung – und das ist das Werk einer Teufelin. Kann sich Thea so verwandelt haben? Ist sie vom Teufel besessen, der sie diese Dinge tun lässt? Sie ist launisch und gehässig in der letzten Zeit. Ich muss Pater Ivo fragen, ob das Anzeichen von Besessenheit sind. Es wäre gut, wenn er sich mit ihr einmal unterhalten würde. Aber Maria, liebliche Frau, auch Angelika könnte sich in den Klauen des Teufels befinden, nicht wahr? Auch wenn sie noch so schön Psalmen singt.«
Ein schauriges Kreischen zerriss die Stille der Dämmerung, gefolgt von einem furchtbaren Grollen. Almut zuckte zusammen und stieß ein entsetztes »Maria hilf!« aus. Der nächste Schrei einer gefolterten Seele gellte durch den Hof. Mit zitternden Knien erhob sie sich und stolperte zur Tür, um herauszufinden, woher die höllischen Laute stammten. Ein Poltern in der Stube ließ sie erneut zusammenfahren, und eigentlich hätte sie am liebsten die Türe hinter sich zugeworfen und sich unter dem Bett verkrochen, aber sie lehnte jetzt nur wie gelähmt an der Wand. Ein schwarzer Dämon mit glühenden Augen schoss an ihr vorbei, streifte ihre Röcke, sprang auf das Tischchen neben die Mariengestalt und fing an, sich hektisch den Schwanz zu putzen.
»Teufelchen!«, stöhnte Almut.
»Mau!«, sagte die Katze und putzte sich weiter. Über die Mauer im Hof zog sich ein roter Kater mit einer langen Schramme auf der Nase gedemütigt zurück. Aus Angelikas Kammer drangen die wimmernden Töne des einundneunzigsten Psalmes. »›Über Löwen und Ottern wirst du gehen und junge Löwen und Drachen niedertreten!‹«, zitierte Almut mit und konnte schon wieder die Komik in der Situation erkennen. »Nun ja, du junge Löwin, pass auf, dass du nicht niedergetreten wirst, wenn du solche Geräusche machst.«
Teufelchen rieb ihr Mäulchen an der Marienfigur und schnurrte. Die Bronzestatue bewegte sich nicht, sie wackelte nicht einmal.
»Die hast du wahrlich nicht heruntergeschubst, scheint mir.«
Almut streichelte die Katze und kraulte ihr das Fell zwischen den Ohren. Sie war sehr zutraulich geworden, die Schwarze, und Gertrud war mit ihr als Mäusejägerin sehr zufrieden. Als sie von den Liebkosungen genug hatte, machte sie einen Satz auf Almuts Bettstatt und rollte sich zufrieden auf den Decken zusammen. Almut hingegen kniete noch einmal nieder und versuchte, ihre Gebete zu Ende zu bringen.
»Heilige Mutter, wo war ich mit meinen Gedanken – o ja, beim Teufel. Nun, ich kann es nicht klären, ob wirklich eine von beiden von einem bösen Geist beseelt ist. Darum wird sich Pater Ivo kümmern müssen. Aber, Maria, ich könnte dem wirklich spitzfindigen Hinweis von Johanna nachgehen, den sie heute Abend geäußert hat. Wenn die Weverin den Dolch nicht erkennen kann, weil er wahrhaftig nicht der ihres Mannes ist, dann könnte er doch dem Domherren selbst gehören? O Maria, voll der Gnaden – was für eine Idee!«
Der letzte rote Widerschein am Horizont war erloschen, der Mond war noch nicht aufgegangen, und die Nacht war finster. Almuts an die Dunkelheit gewöhnte Augen konnten das Gesicht der Maria nur noch schemenhaft erkennen. Doch während sich ihre Gedanken überstürzten, schien sich deren sanftes Lächeln in eine ernste, mahnende Miene zu verändern. Almut meinte die Warnung vor einer herannahenden Bedrohung zu verspüren. Weit davon entfernt, diese Ahnung als belanglos abzutun, denn ihr Vertrauen in die Gottesmutter war unendlich, flüsterte sie schließlich: »Unversehrte Jungfrau, die du aus Gabriels Munde nahmst das selige Ave, o erbarme dich der Sünder!«
Möglicherweise war es das Gefühl der Bedrohung, das sie in dieser Nacht trotz ihrer großen Müdigkeit leichter schlafen ließ als sonst, vielleicht war es auch die leise schnarchende Katze, die sich nicht dazu hatte überreden lassen, ihr weiches Deckenlager aufzugeben. Auf jeden Fall schreckte Almut mitten in der bleigrauen Dunkelheit auf, weil sie ein leichtes Ziehen an ihrem Kopf verspürte. Mit einem unwilligen Schlag verscheuchte sie den Störenfried. Ein metallisches Klappern und ein Schmerzensschrei ertönte, und eine weiße Gestalt verließ fluchtartig die Kammer. Ihr folgte die aufgestörte Katze mit einem protestierenden Maunzen. Da sie sich tief in ihre Decken gewickelt hatte, brauchte Almut einige
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