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Das Wesen der Dinge und der Liebe: Roman (German Edition)

Das Wesen der Dinge und der Liebe: Roman (German Edition)

Titel: Das Wesen der Dinge und der Liebe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Gilbert
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stützen, irgendeine Tatsache sei wohlbekannt und könne sich somit den Erfordernissen einer präzisen Dokumentation entziehen.«
    Henry, so krank und matt er sich fühlte, brach in schallendes Gelächter aus.
    »Und das, Sir«, rief er dem Professor mit dröhnender Stimme zu, »ist eine wohlbekannte Tatsache!«
    Worauf sich Beatrix, als wäre nichts geschehen, dem Butler zuwandte und sagte: »Es scheint so, als könnten wir zum Nachtisch schreiten.«
    •
    Eigentlich sollten die Gäste über Nacht in White Acre bleiben, doch der verärgerte, irritierte Professor entschloss sich, mit seiner Kutsche wieder in die Stadt zu fahren, und teilte mit, dass er es vorzöge, dort in einem Hotel zu übernachten, um bei Tagesanbruch die beschwerliche Rückreise nach Princeton anzutreten. Niemand war betrübt über den Abschied von Professor Peck. George Hawkes fragte noch bei ihm an, ob man sich die Kutsche ins Stadtzentrum von Philadelphia vielleicht teilen könne, und der Gelehrte willigte unwirsch ein. Ehe auch George sich empfahl, bat er um eine kurze, private Unterredung mit Alma und Prudence. So begaben sich die drei in den Salon, während die anderen Gäste im Atrium ihre Mäntel und ihr Gepäck zusammensuchten.
    Auf ein unmerkliches Nicken von Prudence hin, wandte sich George an Alma:
    »Miss Whittaker«, fing er an, »Ihre Schwester sagte mir, Sie hätten, wenn auch eigentlich nur zur Befriedigung Ihrer eigenen Neugier, eine höchst interessante Abhandlung über die Monotropa -Pflanze verfasst. Ich frage mich, ob Sie mir vielleicht – vorausgesetzt, Sie sind nicht zu erschöpft – Ihre wichtigsten Erkenntnisse anvertrauen möchten?«
    Alma war verwirrt. Welch ungewöhnliches Ansinnen und welch ungewöhnlicher Zeitpunkt. »Gewiss sind Sie selbst zu erschöpft, um zu dieser späten Stunde über meine botanische Liebhaberei zu sprechen«, kam sie ihm entgegen.
    »Ganz und gar nicht, Miss Whittaker«, sagte George. »Ich würde es begrüßen. Im Gegenteil, ich fände es sogar erholsam.«
    Sofort spürte auch Alma, wie die Anspannung von ihr abfiel. Endlich ein einfaches Thema! Endlich Botanik!
    »Nun, Mr Hawkes«, sagte sie, »wie Sie sicherlich wissen, wächst die Monotropa hypopitys nur in schattiger Umgebung und zeichnet sich durch ihre weißliche Blässe aus, ein fast gespenstischer Farbton. Bisher gingen Naturforscher davon aus, dass es der Monotropa an Pigmenten fehle, weil in ihrer Umgebung ein Mangel an Sonnenlicht herrsche, doch diese Theorie ergibt für mich keinen Sinn, da schattige Umgebungen einige unserer lebendigsten Grüntöne hervorbringen, man denke etwa an Farne und Moos. Des Weiteren haben meine Untersuchungen gezeigt, dass die Monotropa sich ebenso gut von der Sonne weg als auch zu ihr hin neigen kann, was mich zu der Frage geführt hat, ob sie tatsächlich aus den Sonnenstrahlen Nahrung bezieht oder vielleicht doch eher aus einer anderen Quelle. Ich bin zu der Überzeugung gelangt, dass die Monotropa ihre Nahrung aus den Pflanzen bezieht, in denen sie wächst. Mit anderen Worten glaube ich, dass sie ein Parasit ist.«
    »Womit wir wieder bei einem der Themen des heutigen Abends angelangt wären«, sagte George mit leisem Lächeln.
    Du liebe Güte, George Hawkes scherzte! Alma hatte gar nicht gewusst, dass er zu so etwas fähig war, und so entfuhr ihr, kaum dass sie seinen Witz verstanden hatte, ein erfreutes Lachen. Prudence lachte nicht. Schön und unnahbar wie ein Gemälde, saß sie daneben und betrachtete die beiden still.
    »Ja, allerdings!«, antwortete Alma lebhaft. »Im Gegensatz zu Professor Peck und seinen Kopfläusen kann ich jedoch mit einer Dokumentation aufwarten. Bei meinen mikroskopischen Untersuchungen konnte ich feststellen, dass der Stängel der Monotropa keine der cuticularen Poren aufweist, durch die andere Pflanzen Luft und Wasser aufnehmen, und er scheint auch über keinen Mechanismus zu verfügen, Feuchtigkeit aus dem Boden zu ziehen. Ich glaube, dass die Monotropa Nahrung und Feuchtigkeit von ihren ›Pflegeeltern‹ nimmt, wenn ich das so sagen darf. Ich glaube, dass ihre leichenhafte Blässe daher rührt, dass ihre Nahrung gewissermaßen vorverdaut wurde, nämlich von ihrem Wirt.«
    »Eine höchst bemerkenswerte Vermutung«, stellte George Hawkes fest.
    »Nun, zum jetzigen Zeitpunkt ist es tatsächlich nur eine Vermutung. Vielleicht wird die Chemie das, worauf mein Mikroskop einstweilen nur hindeutet, irgendwann beweisen können.«
    »Wenn Sie nichts dagegen hätten, mir

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