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Das Wesen. Psychothriller

Das Wesen. Psychothriller

Titel: Das Wesen. Psychothriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arno Strobel
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annehmen?«
    Natürlich konnte Menkhoff recht haben, immerhin war er um einiges erfahrener, trotzdem … »Und was denken Sie über seine Freundin, Nicole Klement?«
    Er winkte betont lässig ab, aber ich hatte sein Zögern bemerkt. »Sie haben doch gesehen, wie er mit ihr umspringt. Ich schätze, sie weiß nicht viel von dem, was der Kerl so treibt.«
    Auch das wollte ich nicht so recht glauben. Mein PC war mittlerweile hochgefahren. Ich tippte meine Benutzerkennung und das Passwort ein, startete das Standardprogramm und begann damit, den Bericht zu schreiben.
    Kurz nach drei unterhielt ich mich im Büro nebenan mit einem der Kollegen, die als Erste die Nachbarschaft der Familie Körprich befragt hatten. Zu meiner Überraschung erzählte er, Dr. Lichner sei bei dem Gespräch hilfsbereit und nett gewesen.
    Ich ging die Berichte durch und konnte in dem Teil, der Lichner betraf, nichts finden, das uns weitergeholfen hätte. Ich suchte die Passage, die sich mit Marlies Bertels befasste, und fand sie eine Seite davor. Sie hatte laut dem, was die Kollegen festgehalten hatten, mehrfach betont, nichts Auffälliges beobachtet zu haben, aber das hatte Menkhoff ja auch noch in Erinnerung gehabt. Wesentlich interessanter fand ich hingegen eine andere Stelle, so interessant, dass ich sie Menkhoff sofort zeigen musste.
    Als ich unser Büro betrat, erklärte er, gerade mit Marlies Bertels telefoniert zu haben, die wieder zu Hause sei. Sie blieb dabei, Dr. Lichner dabei beobachtet zu haben, wie er Juliane Süßigkeiten gegeben hatte. Mit dem Anflug eines Triumphgefühls hielt ich den Bericht hoch: »Dann sehen Sie sich das hier bitte mal an, Herr Menkhoff.« Ich legte ihm die Blätter auf den Tisch und zeigte auf die entsprechende Stelle:
    Auf die Frage von KOK G. Spang, ob sie Juliane Körprich an dem Tag auf dem Spielplatz gesehen hat, an dem sie verschwunden ist, antwortet M. Bertels: ›Nein, von meinem Fenster aus kann man nicht auf den Spielplatz sehen, die Hecken verdecken ihn.‹
    »Was zum Teufel …« Menkhoff zog die Blätter ein Stück näher zu sich heran und las den kompletten Abschnitt. Als er fertig war, schlug er mit der flachen Hand auf den Schreibtisch. »Will die uns auf den Arm nehmen, oder was? Los, wir fahren jetzt wieder dahin, und dann möchte ich wissen, wer von den beiden uns Blödsinn erzählt hat.«

11
    22. Juli 2009
    Nach Menkhoffs Telefonat beschlossen wir, endlich nach Hause zu fahren. Was auch immer es mit dem verschwundenen Mädchen auf sich hatte, an diesem Abend würden wir nicht mehr viel ausrichten können. Wir saßen schweigend nebeneinander und sahen auf die Straße vor uns.
    Bilder, die ich nach langer Zeit vergessen geglaubt hatte, waren in den letzten Stunden wieder an die Oberfläche gespült worden. Die endlosen Nächte während Lichners Prozess damals, in denen der Schlaf mir immer nur Minuten seiner bleiernen Umarmung gönnte, bevor er mich wieder brutal fallen und im Bett aufschrecken ließ. Dann die Wochen und Monate nach seiner Verurteilung. Täglich hatte ich mir wie ein Mantra immer wieder vorgesagt, dass es mehr als unwahrscheinlich war, dass ein erfahrener Polizist, Richter und Staatsanwälte sich irrten und nur ein Grünschnabel wie ich das richtige Gefühl hatte.
    Ich warf einen schnellen Blick zur Seite. Menkhoff sah mich an, er hatte mich wahrscheinlich die ganze Zeit über beobachtet. »Jetzt sag es schon, Alex.« Er nickte mir aufmunternd zu. »Na los, ich sehe dir doch am Gesicht an, dass du mir wieder erzählen möchtest, was ich zu einem Arschloch wie Lichner alles
nicht
sagen darf. Also bitte, tu dir keinen Zwang an.«
    Ich bog von der A 4 auf die A 44 ab und fädelte mich in den fließenden Verkehr ein. »Nein, ich möchte dir nicht sagen, was du zu Lichner nicht sagen darfst. Aber ich sage dir, dass ich der Meinung bin, du springst schon wieder mit beiden Füßen auf diese Sache auf.«
    »Ach,
du
bist also der Meinung. Was du nicht sagst. Vor fünfzehn Jahren hast du dich aber schön im Hintergrund gehalten mit deiner Meinung und mich den Kopf hinhalten lassen. Warum hast du damals den Mund nicht aufgemacht, Herr Hauptkommissar? Und wie war das, als sich dann herausgestellt hat, dass ich recht hatte? Als er verurteilt wurde und alle auch dir auf die Schulter geklopft haben? Da warst du doch froh, oder etwa nicht?« Seine Stimme hatte die typische Menkhoff-ist-jetzt-wütend-Lautstärke erreicht, weshalb ich ganz besonders darauf achtete, mit ruhiger Stimme weiter

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