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Das Wesen. Psychothriller

Das Wesen. Psychothriller

Titel: Das Wesen. Psychothriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arno Strobel
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Kriminalhauptkommissar. Ich muss unbedingt meinem Vater erzählen, was für lustige Beamte er doch hat. Das wird ihm sicher sehr gut gefallen.«
    Menkhoff ließ ihn kopfschüttelnd stehen und ging weiter den Flur entlang, an dessen Ende das Büro unserer Chefin lag. Ich sagte: »Es ist wirklich ein beruhigendes Gefühl, ein Beamter Ihres Vaters zu sein, Kollege Wolfert«, und folgte meinem Partner. Was er mir hinterherrief, konnte ich nicht mehr verstehen.
    Kriminaloberrätin Ute Biermann hatte den Telefonhörer am Ohr, als wir nach kurzem Anklopfen die Tür ein Stück öffneten. Sie deutete an, dass wir hereinkommen sollen, und beendete das Telefonat, noch bevor Menkhoff und ich an den Stühlen vor ihrem imposanten Mahagonischreibtisch angekommen waren. »Guten Morgen, bitte setzen Sie sich.«
    Ute Biermann war für ihren ausgefallenen Geschmack bekannt, der sich nicht nur an der rot umrandeten Brille, die als Blickfang in kontrastreicher Rivalität zu ihren raspelkurzen, pechschwarz gefärbten Haaren stand, sondern oft auch an ihrer Kleidung zeigte: für eine Frau Anfang fünfzig manchmal eher unkonventionell. Sie war schon in den gewagtesten Farbkombinationen im Büro erschienen, allerdings ohne dass es jemals billig ausgesehen hätte. An diesem Tag hatte sie sich aber für eine schlichte, dunkelgraue Stoffhose und eine beige Bluse entschieden.
    Unsere Vorgesetzte tippte auf den Bericht, der vor ihr auf dem Schreibtisch lag. »Erzählen Sie mir von Dr. Lichner.«
    Da Menkhoff keine Anstalten machte, ihrer Aufforderung nachzukommen, berichtete ich in allen Einzelheiten, was sich seit dem Vorabend ereignet hatte.
    »Haben Sie schon was über die Mutter herausfinden können?«
    »Nein, aber wir werden gleich drangehen.«
    »Gibt es außer einem anonymen Anruf noch etwas, was darauf hindeutet, dass Lichner seine Tochter entführt hat?«
    »Seine Nachbarin zum Beispiel«, schaltete sich Menkhoff nun ein. »Sie hat bestätigt, dass er mit einem etwa zweijährigen Kind zusammenwohnt. Dann das frisch gestrichene Kinderzimmer, der Eintrag im Melderegister … Genügt das nicht? Ich bitte Sie, Frau Biermann, der Kerl hat vor 16 Jahren schon mal ein kleines Mädchen umgebracht.«
    Die Kriminaloberrätin hob ein Blatt des Berichts an und ließ ihre Augen über die darunter liegende Seite wandern. »Hier steht, die Nachbarin ist eine Art … Punkerin, die erst nicht mal sicher war, dass Lichner überhaupt neben ihr wohnt.« Menkhoff warf mir einen missbilligenden Seitenblick zu.
    »Und von einem Kinderzimmer steht da gar nichts, nur von einem frisch gestrichenen Raum. Woher wissen Sie, dass es ein Kinderzimmer ist oder war, Herr Menkhoff?«
    »Na, das ist doch logisch. Alle anderen –«
    »Tut mir leid, ich sehe die Logik nicht, und was den Eintrag im Melderegister betrifft – meines Wissens steht dort nur etwas über die Geburt eines Menschen, nicht aber über sein Verschwinden. Wer sagt denn, dass das Kind nicht bei seiner Mutter lebt? Das sollten Sie zuallererst mal überprüfen.« Sie legte die Unterarme auf dem Schreibtisch ab und faltete die Hände wie zum Gebet. »Also: Gibt es zum jetzigen Zeitpunkt außer Ihren Vermutungen auch einen
Beweis
, irgendetwas, was vor dem Haftrichter Bestand hat?« Stille, Sekundenlang, dann nickte sie. »Das habe ich befürchtet. Also gut, ich gebe Ihnen Zeit bis 14 Uhr, so lange kann ich Lichners Anwalt wohl hinhalten, wenn er ihn erreicht hat, was Gott sei Dank immer noch nicht der Fall ist. Wenn Sie bis dahin nichts vorweisen können, das der Staatsanwaltschaft und dem Richter ausreicht, die Untersuchungshaft anzuordnen, werde ich Herrn Lichner gehen lassen. Mit dem, was Sie bisher haben, werde ich jedenfalls keinen Antrag stellen. Ich habe keine Lust, mich lächerlich zu machen.«
    Menkhoffs Oberkörper straffte sich mit einem Ruck. »Aber wir werden –«
    »Danke, das ist alles.« Sie sah demonstrativ auf ihre Armbanduhr. »Gleich neun Uhr, Herr Menkhoff, Sie haben nicht mehr viel Zeit, Sie sollten sich beeilen.«
    Auf dem Flur stieß Menkhoff einen deftigen Fluch aus, so dass uns aus einigen der offenen Büros neugierige Gesichter ansahen. »Auch wenn es dir nicht gefällt, sie hat recht«, sagte ich, als wir unser Büro erreicht hatten.
    »Ja, ja, ja. Jetzt verschon mich bloß mit schlauen Sprüchen. Der Scheißkerl hat seine Tochter verschwinden lassen, da bin ich sicher. Und ich werde verdammt nochmal auch Beweise dafür finden.«
    »Ach, übrigens, ich habe noch was

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