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Das Wetter vor 15 Jahren

Das Wetter vor 15 Jahren

Titel: Das Wetter vor 15 Jahren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolf Haas
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zwanzig Jahre jünger als ich.
    Literaturbeilage Nein, ich meinte: Herr Kowalski und die Schreibkraft Claudia hätten zusammengepasst.
    Wolf Haas Ja, die beiden! Auf alle Fälle! Und die Schreibkraft Claudia hat ihn ja wirklich sehr gemocht, darum hat Riemer auch versucht, da irgendwie nachzuhelfen.
    Literaturbeilage Das Besondere an Claudias Reaktion war aber doch, dass sie seinen Wetterbericht nicht als persönliche Kränkung aufgefasst hat.
    Wolf Haas Das muss man ihr hoch anrechnen. Vielleicht hat geholfen, dass sie ihn aus der Firma gut kannte. Sie wusste einfach, dass der Herr Kowalski das Gegenteil von jemandem ist, der andere Leute niederredet. Das ist ein absolut zurückhaltender, oder man muss es nicht so wertend sagen -
    Literaturbeilage Ist „zurückhaltend" wertend?
    Wolf Haas Jedenfalls einfach ein ruhigerer Mensch. Nicht so ein Redhaus.
    Literaturbeilage Redhaus?
    Wolf Haas Ja Quasselstrippe.
    Literaturbeilage Er ist wohl eher das Gegenteil von einem Redhaus.
    Wolf Haas Also so der Superschweiger ist der aber auch nicht. Eigentlich ganz normal.
    Literaturbeilage Solange er nicht über das Wetter vor fünfzehn Jahren zu reden anfängt.
    Wolf Haas Oder über sonst einen lange vergangenen Tag in Farmach. Bis zum eigentlichen Wetter vor fünfzehn Jahren ist er ja überhaupt nur zwei- oder dreimal vorgedrungen -
    Literaturbeilage In Ihrem Buch erinnert sich Kowalski, dass er bei der Schreibkraft Claudia wegen ihres überraschenden Interesses erstmals auch über den Einfluss der Vulkane auf das Wetter sprach. Stimmt das würklich, oder ging es Ihnen da vor allem um die Vorausdeutung auf das Unglück, das ihn in Farmach erwartete?
    Wolf Haas Na ja, die Vulkane. Das haben Sie jetzt sehr hervorgehoben. Ich glaube nicht, dass das im Buch mehr als eine Nebenbemerkung ist.
    Literaturbeilage Es heißt hier, die Schreibkraft Claudia sei die Erste, mit der er würklich über das Wetter reden kann.
    Wolf Haas Wirklich Wetter reden.
    Literaturbeilage Über diese Formulierung bin ich ja beim Lesen am Anfang immer gestolpert. Dass man mit ihr würklich Wetter reden konnte.
    Wolf Haas Wie Tacheles reden. Wirklich Wetter reden.
    Literaturbeilage Die erste Frau, mit der man würklich Wetter reden kann, die nicht nur am Wetter von morgen interessiert ist, nicht nur an ihrer Wetterfühligkeit, sondern, wenn ich das mal so salopp zusammenfassen darf, an den letzten Dingen. Und er zählt auf, was er ihr alles sagen konnte. Das fängt an bei ürgendwelchen Wolkenverwandlungen und gipfelt in dem Satz: „Wie ein schwerer Vulkanausbruch sogar den Deckel zwischen Troposphäre und Stratosphäre hebt, die Wolken in die Stratosphäre hinaufpresst und so das Wetter über Kontinente hinweg beeinflusst."
    Wolf Haas Jetzt nageln Sie mich fest. Das kann ich jetzt wahrscheinlich nicht ganz bestreiten, dass da auch eine gewisse Vorausdeutung auf das Unglück drinnen liegt. Ich bin nur ein bisschen vorsichtig, weil ich den Lesern nicht aufs Aug drücken will, dass man dauernd solche versteckten Vorausdeutungs-Ostereier suchen muss.
    Literaturbeilage Na klar, sonst wird aus einem Buch ein blödes Rätsel, das man dechiffrieren muss. Wolf Haas Grundsätzlich geht es bei der Erwähnung der Vulkane ums Wetter. Darum beschreib ich das ja auch so genau, dass eben das Wetter in der Troposphäre stattfindet, weil in der Stratosphäre oben keine Wolken mehr sind. Außer ein Vulkan erzeugt so einen brutalen Aufwind, dass der Deckel, den die Stratosphäre auf die Troposphäre hält, aufgedrückt wird.
    Literaturbeilage Die Tropopause.
    Wolf Haas Das sollte so sachlich und unmetaphorisch wie möglich bleiben. Aber natürlich, wenn man den Schluss der Geschichte kennt, kann man da vermutlich schon ein gewisses Grummeln hören bei dem Gespräch über die Vulkane. Das würde mich dann auch nicht stören, wenn ein Leser sagen würde: Bei den Vulkanen, da hab ich's mir schon gedacht!
    Literaturbeilage Also ich hab's mir da noch nicht gedacht.
    Wolf Haas Dann passt's ja eh genau. Es soll nur ein bisschen anschieben sozusagen. Also gerade so, dass man sich's noch nicht denkt, dass man es aber doch irgendwie -
    Literaturbeilage - spürt.
    Wolf Haas (lacht)
    Literaturbeilage Dazu kommen wir schon noch. Zu Ihrer sexistischen Kampfvokabel.
    Wolf Haas Was meinen Sie jetzt? Annis Spürterror?
    Literaturbeilage Dazu später. Bleiben wir noch kurz beim Vulkan. Auch zum unterdrückten Charakter Herrn Kowalskis könnte man Parallelen ziehen.
    Wolf Haas Ich weiß nicht,

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