Das wilde Herz der Highlands
und Aeldra auf ihren Pferden mitten hinein in die Angreifer preschen. Offenbar waren sie umgekehrt, um herauszufinden, was geschehen war, und hatten sich unverzüglich zu den Pferden geschlichen. Seonaid hätte sie beide küssen mögen. Stattdessen packte sie Blake, legte sich seinen Arm um die Schultern, um ihn zu stützen, als er wankte, und schleppte ihn auf die Tiere zu.
Aeldra führte Seonaids und Blakes Pferde mit sich und ließ die Zügel fahren, als Seonaid danach griff. Sofort machte sie sich mit Little George daran, mit dem Schwert auf Greenwelds Männer einzuschlagen, wobei sie ihr Tier steigen und mit den Vorderhufen auf die Erde trommeln ließ. Das plötzliche Auftauchen der beiden lenkte die Gegner erst einmal ab und verschaffte Seonaid so Gelegenheit, Blake in den Sattel seines Hengstes zu helfen. Sie schwang sich hinter ihm aufs Pferd, schlang ihm die Arme um den Leib und nahm die Zügel auf. Ihren eigenen Hengst führte sie als Handpferd mit. Rasch rief sie Aeldra und Little George etwas zu, dann drückte sie dem Pferd die Fersen in die Flanken und stürmte von der Lichtung.
In gestrecktem Galopp jagte sie dahin, bis sie nach einer Weile merkte, dass Blake immer mehr in sich zusammensackte. Seonaid hatte ihm den Arm mit der Zügelhand umgelegt, die Zügel ihres eigenen Pferdes hielt sie in der anderen Hand. Sie argwöhnte, dass sie bald beide Hände brauchen würde, um Blake zu halten und zugleich das Pferd zu lenken.
Ein Blick nach hinten sagte ihr, dass Aeldra und Little George dicht hinter ihnen waren. Sie schaute nur flüchtig zurück, doch die beiden schienen nicht verletzt zu sein, wie sie erleichtert feststellte. Sie rief nach Little George, der umgehend zu ihr aufholte. Seonaid warf ihm die Zügel ihres Handpferdes zu, und er fing sie auf.
„Blake ist verletzt“, rief sie.
„Aye, ich weiß“, erwiderte er und musterte seinen Herrn besorgt.
„Wie stark blutet er?“, wollte sie wissen, da sie es selbst nicht sehen konnte.
Sein grimmiger Ausdruck war beredt genug, und fast hätte Seonaid ihr Pferd gezügelt.
„Sie sind uns auf den Fersen!“, brüllte Little George, als habe er ihre Gedanken erraten.
Sie fluchte. Das waren schlechte Neuigkeiten. „Wir müssen ihn in Sicherheit bringen, damit wir anhalten und uns um ihn kümmern können!“
„Wir sind nicht weit von Eberhardt Castle entfernt.“ Es war Blake, der gesprochen hatte. Er hatte sich ein wenig gedreht, und sein schmerzverzerrtes Gesicht wies darauf hin, dass die Bewegung ihm zu schaffen machte.
„Was hat er gesagt?“, rief Little George über das Donnern der Hufe hinweg.
Es verwunderte Seonaid nicht, dass er nichts verstanden hatte. Blake hatte so leise gesprochen, dass sie ihn selbst kaum verstanden hatte. „Dass wir nicht weit von Eberhardt Castle sind. Stimmt die Richtung? Wie weit ist es?“
„Keine Stunde, schätze ich“, gab Little George zurück. „Und, aye, die Richtung stimmt.“
Seonaid zögerte, ehe sie sich an Blake wandte. „Glaubt Ihr, Ihr haltet durch?“
Er nickte knapp, anstatt sich erneut umzudrehen, bemerkte sie stirnrunzelnd und wünschte, sie könnte einen Blick auf die Wunde werfen. So wusste sie nicht, ob sie ihm glauben konnte oder ob seine Antwort allein auf Stolz und Trotz zurückging. Beide Eigenschaften machten Männer nicht selten zu Narren.
„Hier!“
Sie schaute zur anderen Seite. Auch Aeldra hatte aufgeholt und hielt ihr mit ausgestrecktem Arm einen Stoffstreifen hin, den sie sich aus ihrem Plaid gerissen hatte.
„Er blutet heftig“, rief sie, während Seonaid ihren Gemahl gerade so lange losließ, dass sie sich den Stoff greifen konnte. „Verbinde ihn, sonst kommt er nicht weit.“
Seonaid nickte, zauderte jedoch. Sie konnte schlecht die Zügel halten, Blake stützen und den Verband anlegen. Little George erlöste sie aus dem Dilemma, indem er nach den Zügeln des Handpferdes nun auch noch die Zügel ihres Reittiers packte. Während sie Blake fahrig und ungeschickt den Stoff um den Leib wickelte, lenkte Little George drei Pferde. Seonaid zog den Verband, so fest sie konnte. Als Blake aufstöhnte, zuckte sie zusammen, lockerte den Stoff jedoch nicht. Sie wusste, sie tat ihm weh, aber er würde nur überleben, wenn sie die Blutung stillte. Sie hatte einen kurzen Blick auf den Rücken seiner Tunika erhascht, und die Menge an Blut, die er verloren hatte, ließ ihr das Herz vor Angst zu Eis erstarren. Ihr wurde übel bei dem Gedanken, dass die Vorderseite der Tunika
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