Das wilde Herz der Highlands
blitzgeschwind auf neue Gegebenheiten einzustellen.
Ihre Cousine war schon aus dem Sattel und half Helen auf die Beine, als Seonaid ihr Pferd wendete und zurückritt. Erleichtert stieß sie den Atem aus, den sie unwillkürlich angehalten hatte, denn Helen schien mit dem Schrecken davongekommen zu sein.
„Ist sie wohlauf?“, fragte Helen bang, als Aeldra sich die Stute anschaute, die sich ebenfalls wieder aufgerappelt hatte.
Aeldra untersuchte das Bein, doch wenige Schritte des Pferdes genügten, um ihr zu sagen, dass es lahmte. Sie schaute zu Seonaid auf und schüttelte den Kopf.
Missmutig verzog Seonaid den Mund, beugte sich vor und fasste Helen am Arm. „Kommt, steigt hinter mir auf. Wir teilen uns mein Pferd.“
„Aber meine Stute!“, protestierte Helen. „Sie ist verletzt.“ „Wir haben nicht die Zeit, uns um sie zu kümmern“, erwiderte Seonaid scharf, während Aeldra wieder aufsaß. „Gavin wird es tun.“
„Aber ...“
„Verschwenden wir keine Zeit mit Streitereien. Sie werden bald hier sein.“
Helen nickte und seufzte ergeben, ließ sich von Seonaid aufs Pferd helfen und schlang ihr die Arme um die Hüften. Seonaid trieb ihren Hengst vorwärts, doch sie waren noch nicht weit gekommen, als sie das Donnern von Hufen vernahmen, das rasch lauter wurde.
Fluchend spornte Seonaid ihren Hengst an, wusste aber, dass es sinnlos war. Die Reiter holten schnell auf, und ihr eigenes Tier trug das doppelte Gewicht. Daher überraschte es sie nicht, als die Männer sie schon bald überholten, ihre Pferde zügelten und sich zurückfallen ließen. Zwei von ihnen nahmen Aeldra und sie in die Zange, während Sherwell sich vor sie setzte, langsamer wurde und sie so zwang, ebenfalls zu halten.
Schweigend maßen sie alle einander mit Blicken, ehe Sherwell ein kühles Lächeln aufsetzte. „Euer überstürzter Aufbruch lässt darauf schließen, dass Ihr der Hochzeit doch entgegenfiebert. Leider scheint Euer Orientierungssinn nicht der beste zu sein, Mylady, denn wieder einmal befindet Ihr Euch auf dem falschen Weg. Dunbar liegt im Westen.“
„Ha, was für ein Scherz Ihr doch seid, M’laird“, konterte Seonaid. „Bestimmt sorgt Ihr auf Schritt und Tritt für Erheiterung unter den Frauen.“
Blakes Augen wurden schmal. Ihre Worte waren höchst zweideutig, und er argwöhnte, dass sie beleidigend gemeint waren. „Kenwick?“
„Aye?“ Der lenkte sein Pferd zu ihm und sah ihn fragend an.
„Vielleicht ist es besser, wenn Ihr die gute Schwester zu Euch aufs Pferd nehmt.“
„Sie bleibt bei mir“, entgegnete Seonaid grimmig und ließ ihr Pferd rückwärtsgehen, um auszuweichen.
„Sie reitet mit Lord Rolfe“, beharrte Sherwell nicht minder grimmig.
Seonaid setzte zu einer harschen Erwiderung an, schluckte diese und lächelte übertrieben lieblich. „Habt Ihr etwa Angst, ich könne Euch entwischen? Einmal mehr?“
Ein schiefes Lächeln umspielte Sherwells Lippen, und er nickte. „Aye. “
Seine Aufrichtigkeit verwirrte sie so sehr, dass sie nichts unternahm, als Lord Rolfe behutsam Helen zu sich aufs Pferd hob und sie so vor sich in den Sattel setzte, damit sie es bequem hatte. Dabei lenkte er das Tier ein Stück von Seonaid fort.
Die funkelte Sherwell wütend an, doch der lächelte nur. „Little George“, rief er.
„Ayer"
„Lady Aeldra reitet mit dir.“
Little George nickte entschlossen und trieb sein Pferd vorwärts, aber Aeldra war ebenso wenig wie Seonaid gewillt, ihnen die Sache leicht zu machen. Als Little George sein Pferd neben das ihre gebracht hatte, trat sie dem Riesen wie wild gegen das Schienbein, und als er sie völlig unbeeindruckt aus dem Sattel hob, versuchte sie, ihm die Faust ins Gesicht zu rammen. Schlussendlich musste er ihre kleinen Hände mit einer seiner Pranken umklammern und sich ihre Beine unter einen seiner mächtigen Schenkel klemmen, um zu verhindern, dass sie sich selbst Schaden zufügte. Derart bewegungsunfähig, blieb ihr nichts anderes übrig, als sich ruhig zu verhalten. Empört schaute sie zu ihm auf, ehe sie Seonaid entschuldigend ansah und sich seufzend an die massige Brust in ihrem Rücken sinken ließ.
Seonaid erkannte, dass es um ihre Chance zu fliehen zunehmend schlechter stand. Ein harter Zug legte sich um ihren Mund, und sie bedachte ihren Verlobten mit einem durchdringenden Blick, der einer Herausforderung gleichkam.
Dieser Herausforderung konnte Blake nicht widerstehen. Er lenkte sein Pferd zu Seonaid, doch die ließ ihren Hengst seitwärts
Weitere Kostenlose Bücher