Das wilde Herz der Highlands
dann in der Annahme, dass sie sich seit Jahren nach ihm verzehrte und sich fragte, wann er sie endlich hole, und allnächtlich um sein Erscheinen betete. Dies hatte er nicht allein deshalb geglaubt, weil sich ihm das Weibsvolk sonst immer zu Füßen warf, sondern auch, weil ein Leben als alte Jungfer für Frauen nicht unbedingt erstrebenswert war. Und doch behauptete seine Braut, sich nichts inniger zu wünschen, als in diesem bedauernswerten Zustand zu verharren. Was sicher nur geheuchelt ist, erkannte er lächelnd. Frauen spielten oft mit ihm, um sich seine Aufmerksamkeit zu sichern. Und streitbare Amazone hin oder her - Seonaid Dunbar war eine Frau. Blake entspannte sich; sein Selbstvertrauen war ob dieser Einsicht zumindest teilweise wiederhergestellt. Er bedachte Lady Seonaid mit einem einnehmenden Lächeln. „Vorsicht, Mylady, man könnte fast meinen, Ihr würdet Euch nicht freuen, mich zu sehen.“
„Damit würde man goldrichtig liegen.“
Er musterte sie aus schmalen Augen. „Wenn Ihr mich glauben machen wollt, Ihr hättet Euch die letzten zehn Jahre nicht nach mir verzehrt...“
Ihr raues Lachen unterbrach ihn. „Verzehrt? Sehe ich so aus wie jemand, der vor Sehnsucht dahinsiecht? Nay, M’laird, ich habe meine Freiheit sehr genossen - in vielerlei Hinsicht.“ Blakes Augen weiteten sich, und er spürte, wie ihm vor Wut das Blut in die Wangen schoss. Er hatte den Wink sehr wohl verstanden.
„Ihr..."
„Das reicht!“, fiel Kenwick ihm scharf ins Wort. „Wir haben genug Zeit verschwendet. Begeben wir uns zurück nach Dunbar und tun endlich, wozu wir hergekommen sind.“
„Reitet nur voraus“, sagte Seonaid und drehte sich zu den Pferden um. „Aeldra und ich stoßen zu Euch, sobald wir aus England zurück sind.“
„England?“, riefen Lord Rolfe und Sherwell wie aus einem Munde.
„Aye, England“, erwiderte sie bestimmt. „Wir haben es versprochen.“ Sie wies auf Helen. „Wir haben der guten Schwester zugesichert, sie nach England zu bringen, da sie dort ihre Familie besuchen will. Wir haben versprochen, sie wohlbehalten dort abzuliefern.“ Sie bedachte die Männer mit einem lieblichen Lächeln. „Ihr erwartet doch nicht, dass wir gegenüber einer Frau, die sich gottgeweiht hat, unser Wort brechen, oder?“
Blake musterte seine Verlobte düster, denn er zweifelte sowohl die Aufrichtigkeit ihres Lächelns als auch die ihrer Worte an. Kenwicks Einwand holte ihn aus seinen Betrachtungen.
„Ausgeschlossen. Das würde diese leidige Angelegenheit um mindestens eine weitere Woche hinauszögern, wenn nicht gar um zwei.“
Er hat recht, dachte Blake.
„Was schlagt Ihr vor?“, hielt Seonaid ihm ungnädig entgegen. „Sollen wir sie etwa im Wald aussetzen und sich selbst überlassen?“
„Nay, selbstredend nicht“, entgegnete Blake ruhig und mit einem Mal heiter. „Wir müssen sie nach Hause bringen.“ Als Kenwick ihn entsetzt anstarrte, zuckte er mit den Achseln. „Nun, Lady Seonaid hat ihr Wort gegeben, und da sie meine Verlobte ist, gilt ihr Wort als das meine. Versprochen ist versprochen. Wir können sie schwerlich zwingen, ihre Zusage nicht einzuhalten.“ Blake wand sich unbehaglich unter Kenwicks finsterem Blick, ehe er sein Wort wieder an Seonaid richtete. „Wir werden sie nach Hause geleiten, wie Ihr zugesichert habt, aber mehr gestehe ich Euch nicht zu.“
Sie entspannte sich lächelnd. „Das ist alles, worum ich bitte, M’laird.“
Blake blinzelte. Sie hatte ein reizendes Lächeln. Bezaubernd sogar. Wieso war ihm das bislang nicht aufgefallen? Weil sie ihn bisher nie auf diese Weise angelächelt hatte.
„Nay.“
Alle wandten sich zum Bischof um, der aus dem Dickicht trat und sich zu der Gruppe gesellte.
„Seht einem alten Mann nach, dass er sich einmischt, aber ein Umweg über England erscheint mir kaum zweckdienlich und würde nur eine Hochzeit hinauszögern, die bereits viel zu lange aufgeschoben worden ist. Wir reiten nach Dunbar.“
„Was aber ist mit der Schwester?“, fragte Seonaid, enttäuscht darüber, dass ihr die Möglichkeit zu entgleiten drohte, die Hochzeit zu vertagen.
„Ganz einfach“, erwiderte er und drehte sich zu Helen um. „Schwester ...?“
„Helen“, erwiderte sie mit piepsiger Stimme.
Der Bischof nickte versonnen. „Schwester Helen, begleitet uns doch nach Dunbar, und wohnt der Hochzeit bei. Lord Rolfe und ich werden anschließend ohnehin nach England zurückkehren, und es wäre uns eine Freude, Euch zu Eurer Familie zu
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