Das wilde Herz der Highlands
offensichtlich ist.“
Das Lager leerte sich zusehends. Seonaid war froh, dass Sherwell nicht da war und seinen Verdacht von vorhin bestätigt fand. Ohnehin hatten schon mehrere Männer im Vorbeieilen argwöhnisch in ihre Richtung geschaut. Die Einzigen, die derzeit kein Anzeichen von Unwohlsein zeigten, waren die drei Dunbar-Krieger. Sie hatten den Eintopf zugunsten ihres üblichen Haferbreis ausgeschlagen, wie Seonaid mit Sorge bemerkte. Verflucht. Die drei hatte sie nicht berücksichtigt - ein Fehler, der sich rächen mochte, wie sie unfroh erkannte.
„Oh.“ Helen erhob sich abrupt, einen kläglichen Ausdruck auf dem Gesicht, als auch Lord Rolfe und Bischof Wykeham sich zu der Zahl derer gesellten, die sich in die Büsche schlugen. Die Männer durchlitten ihre Qual keineswegs leise, und die Laute, die zu den Frauen drangen, waren ebenfalls eine Tortur.
Auch Aeldra stand auf und versuchte Helen zu beschwichtigen. „Na, na, die werden schon wieder. Sie fühlen sich nicht wohl, das ist alles. Morgen sind sie wieder frisch wie der junge Frühling. Oder vielleicht auch erst übermorgen“, fügte sie an, als die Geräusche des Jammers um sie her Zunahmen.
„Falls sie nicht sterben“, erwiderte Helen düster.
„Nun, dann hätte ihr Leiden wenigstens ein Ende“, warf Seonaid nüchtern ein, was Helen entsetzt aufkeuchen ließ.
„Also?“, fragte Gavin.
Seonaid wandte sich zu den Männern um, die noch um das Feuer saßen. Die drei grinsten teuflisch.
„Nutzt Ihr nun die Gelegenheit zur Flucht oder nicht?“, wollte Gavin wissen.
Sie dachte kurz nach. „Werdet ihr uns aufhalten?“
Er zuckte mit den Achseln. „Der Dunbar hat nichts davon gesagt, dass wir Euch aufhalten sollen. Wir sollen nur Sherwell davon abhalten, sich umzubringen.“
Das beruhigte sie ein wenig. „Wir wollten niemanden krankmachen“, sagte sie nach einigem Zögern. Dabei musste sie die Stimme heben, um sich über den Lärm der Unpässlichen hinweg verständlich zu machen. „Der Eintopf sollte die Männer eigentlich einschlafen lassen.“
„Aber ich habe mich mit dem Kraut vertan“, klagte Helen.
„Ich werd’s ihnen sagen“, erbot sich Gavin amüsiert.
Seonaid schnitt eine Grimasse und schob Helen auf die Pferde zu. Aeldra folgte ihnen. Es war nicht leicht, Helen zum Aufsteigen zu bewegen, denn sie fürchtete, die Männer vergiftet und zum Tode verurteilt zu haben. Seonaid versicherte ihr, dass sie sich schon wieder erholen würden, da sich ihr Körper ja gerade vom giftigen Eintopf befreie. Helen schien nicht überzeugt, ließ sich aber endlich aufs Pferd helfen.
Seonaid und Aeldra berieten, wie sie mit den übrigen Tieren verfahren sollten. Gavin beobachtete sie aufmerksam und würde gewiss einschreiten, wenn sie versuchten, alle Pferde -und somit auch die der drei Schotten - loszubinden und fortzuscheuchen. Schließlich nahmen sie nur drei Pferde: Aeldras und Seonaids sowie eines, um Helens lahmende Stute zu ersetzen. Die übrigen Tiere ließen sie frei - bis auf die drei, die Gavin und seinen beiden Gefährten gehörten. Denn diese zu entwenden, damit wäre Seonaid niemals durchgekommen. Leider wusste sie auch, dass die anderen Tiere vermutlich nicht weit laufen würden und leicht mithilfe der verbliebenen zusammengetrieben werden konnten. Was bedeutete, dass all dieses Ungemach ihnen letztlich nur sehr wenig Zeit verschafft hatte.
Auf unsicheren Beinen schleppte sich Blake zurück zum Lager. Sein Leib zitterte vor Schwäche, da Blake die vergangene Stunde damit zugebracht hatte, sich am Flussufer zu übergeben. Besser fühlte er sich immer noch nicht, aber zumindest musste er nicht mehr würgen. Offenbar hatte er irgendetwas im Eintopf nicht vertragen, was er allerdings Schwester Helen nicht verraten würde. Die Frau hatte Stunden an die Zubereitung geopfert, und das Mahl war wirklich köstlich gewesen. Da sämtliche Zutaten frisch gewesen waren, schob er sein Unwohlsein auf etwas, das sich unter dem wilden Gemüse und den Kräutern befunden hatte, die die Männer gesammelt hatten. Er hoffte, dass er der Einzige war, dem der Eintopf nicht bekommen war. Das Letzte, was er brauchte, waren drei sieche Weiber, mit denen er sich herumplagen musste. Blake liebte Frauen, aber er gab warmen, willigen den Vorzug vor kränklichen, jammernden.
Er erreichte das Lager, wankte zu dem Baumstamm, auf dem er vorhin gesessen hatte, und ließ sich neben Rolfe Kenwick fallen. Der saß zusammengesunken da und wischte sich gerade mit
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