Das wilde Herz der Highlands
dem Handrücken über den Mund. Er wirkte blass und leidend. Blake runzelte die Stirn, als er den Bischof hinter ihnen auf der Erde liegen sah. Stöhnend hielt sich Wykeham den Bauch. Wie es aussah, war er selbst doch nicht der einzige Betroffene, erkannte er und schaute sich nach den übrigen Männern um.
Gut die Hälfte von ihnen saß ums Feuer, ein jeder ein Häuflein Elend. Sie hielten sich den Bauch und wiegten sich in stummer Qual vor und zurück, während immer mehr aus den Büschen taumelten und sich zu ihnen gesellten. Von den Frauen fehlte jede Spur.
„Sind die Frauen auch krank?“, fragte er besorgt.
„Die Frauen?“ Mit trüben Augen sah Kenwick sich um. „Das nehme ich an. Sie müssen noch im Wald sein. Frauen sind viel empfindlicher als Männer und benötigen vermutlich mehr Zeit, sich zu erholen.“
Blake gab einen zustimmenden Laut von sich und starrte ins Feuer. Eine Weile saß er einfach da, unwillig, sich zu bewegen und seinen Magen erneut in Aufruhr zu versetzen. Aber die Frauen sollten nicht allein im Wald sein. Er wusste, dass er nach ihnen schauen müsste. Als sich die Frauen auch nach längerer Zeit nicht blicken ließen, kam er mühsam auf die Beine und zwang sich, zum Rand der Lichtung zu gehen. Dort blieb er stehen, zu ausgelaugt, um sich zu einer gründlichen Suche aufzuraffen. Stattdessen rief er in den Wald hinein. Als einzige Antwort drang ihm das Stöhnen der Männer entgegen. Verwirrt und schwankend stand er da und fragte sich, was er als Nächstes tun sollte, als unmittelbar vor ihm Little George aus dem Unterholz brach. In all den Jahren, die Blake den Hünen nun kannte, hatte er ihn noch nie anders als kerngesund erlebt. Ihn krank zu sehen war nicht schön. Abwehrend streckte Blake eine Hand aus für den Fall, dass Little George auf die Idee kam vornüberzukippen.
„Geht es wieder?“, fragte er den Riesen.
Der verzog angewidert das Gesicht, ehe er den Kopf schüttelte. „Ich hatte drei Portionen von dem Eintopf, bevor mir komisch wurde, und dafür zahle ich jetzt.“
Blake nickte mitfühlend. Er selbst hatte zwei Portionen verschlungen und wünschte nun, er wäre nicht so gierig gewesen. „Hast du die Frauen gesehen?“
Wieder schüttelte Little George den Kopf. „Habt Ihr schon diesen Schotten gefragt?“
„Den Schotten?“ Er wandte sich zum Feuer um, wo Gavin saß, und sah erst jetzt, dass dieser wie ein Trottel grinste. Es war offenkundig, dass er nicht litt wie die übrigen. Wichtiger allerdings war der Umstand, dass er allein war. Die anderen beiden Schotten fehlten, und nicht einen Herzschlag lang gab sich Blake dem Trugschluss hin, sie könnten im Wald unter den Leidenden sein. Die Schotten hatten sich geweigert, von dem Eintopf der Engländerin zu essen, und zudem wirkte Gavin höchst belustigt. Das wäre wohl kaum der Fall, wenn es seinen Gefährten schlecht ginge. Blake knurrte leise, schritt zurück zum Feuer und spürte, dass Little George ihm folgte.
„Wo sind sie?“, blaffte Blake ohne Einleitung und starrte Gavin durchdringend an.
„Meine Männer?“, fragte der grinsend.
„Nay, die Frauen.“
„Hm.“ Gavin schüttelte den Kopf. „Ihr hättet mehr Glück, wenn Ihr mich nach meinen Männern fragen würdet.“
Blake zögerte, ehe er sich auf das Spiel einließ. „In Ordnung. Also, wo sind deine Männer?“
„Sie folgen den Frauen.“
Einen Moment stand Blake wie versteinert da, während er die Neuigkeit verarbeitete. Dann blickte er unwillkürlich zu der Stelle, an der die Pferde hätten stehen sollen. Er wusste nicht recht, was er erwartet hatte, aber bis auf ein Tier waren alle verschwunden. Vermutlich lag er richtig mit der Annahme, dass dieses letzte verbliebene Pferd dem Schotten vor ihm gehörte.
„Verdammt!“, fluchte er inbrünstig. „Verdammt, verdammt, verdammt! Und abermals sind sie davongeflogen.“
„Was?“, fragte Kenwick schwach, stand auf und trat zu ihm. „Das hätten sie unmöglich schaffen können, wenn sie ebenso krank wären wie wir. Haben sie denn nichts vom Eintopf gegessen?“
„Nay, offenbar haben sie ihn lediglich gekocht“, stieß Blake aus. „Oder zumindest eine von ihnen hat das getan.“
„Aber Schwester Helen war es doch, die gekocht hat“, wandte Bischof Wykeham ein und stemmte sich mühsam in eine sitzende Haltung hoch. „Keine Braut Christi würde mich vergiften.“
„Seonaid muss sie beschwatzt haben, etwas in den Eintopf zu geben. Wahrscheinlich hat sie ihr weisgemacht, es würde
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