Das wilde Herz der Highlands
lassen. Sie so zu sehen hatte Blake nicht nur verblüfft, sondern ihm schier den Atem verschlagen.
Und auch nun überraschte sie ihn wieder. Nach wie vor trug sie das Haar offen. Es war gebürstet worden, bis es sanft schimmerte, und so drapiert, dass es ihr ums Gesicht und über die Schultern floss. Sie hatte ein hauchdünnes weißes Gewand an, unter dem er die Spitzen ihrer Brüste erahnen konnte. Und sie sah hinreißend aus, ja mehr noch - sie war sinnlich und begehrenswert. Das allerdings war es nicht, was ihn überraschte. Was ihn verstörte, war der Umstand, dass seine Seonaid, seine wilde Amazone, seine schöne, feurige, mutige, starke, streitbare Braut... verzagt wirkte.
Ihre Augen waren groß, ihre Wangen blass, und die Hände hatte sie im Schoß zu Fäusten geballt. Sie sah so verängstigt aus wie ein Kind. Leise schloss Blake die Tür und hob unwillkürlich die Hände, eine beschwichtigende Geste, wie er sie bei einem wilden Pferd benutzt hätte, das er zu zähmen gedachte. Aber er näherte sich ihr nicht. Auch sagte er nichts - in Ermangelung der passenden Worte. Was hätte er schon sagen können? Keine Angst, alles wird gut, ich komme jetzt zu Euch und besorge es Euch ordentlich?
Mit diesem Anblick hatte Blake nicht gerechnet. Er wusste überhaupt nicht, womit er gerechnet hatte. Seonaid war eine Kämpferin, und ein wenig hatte er wohl erwartet, dass ihm eine Auseinandersetzung bevorstehe. Im Grunde argwöhnte er das auch jetzt noch. Verängstigte Tiere setzten sich oft zur Wehr, wenn sie in die Enge getrieben wurden, und mit einem Mal war er dankbar dafür, dass man Seonaid die Waffen abgenommen hatte. Er hatte die Rangeleien mit ihr durchaus genossen - nun gut, bis auf die vielleicht, bei der sie ihm den Fuß ins Gemächt gerammt hatte. Aber das Risiko, entmannt zu werden, hätte der Hochzeitsnacht dann doch ein wenig zu viel Würze für seinen Geschmack verliehen.
„Worauf wartet Ihr? Bewegt Euch endlich her, damit wir es hinter uns bringen und schlafen können.“
Die schroffe Forderung ließ ihn verwirrt blinzeln. Binnen eines Herzschlags war Seonaid eine andere geworden. Verschwunden war die Frau, die mit weit aufgerissenen Augen bang dreinblickte. Die Frau, die ihn nun ansah, zeigte grimmige Entschlossenheit. Allerdings war sie nach wie vor blass, bemerkte er, und auch die Hände hatte sie noch immer verkrampft. Also war ihr plötzlicher Wandel wohl eher eine draufgängerische Flucht nach vorn.
Er zwang sich, ruhig zu erscheinen - denn sie würde sich kaum entspannen, solange er es nicht tat -, und näherte sich ihr. Dabei blickte er sich in der Kammer um, auf der Suche nach einer Eingebung. Wie sollte er vorgehen? Er hatte nicht die Absicht, es einfach „hinter sich zu bringen“, wie sie es so charmant ausgedrückt hatte. Er wollte ihr nicht wehtun, obwohl er wusste, dass es wahrscheinlich unumgänglich war. Schließlich war dies ihr erstes Mal. Blake war es gewohnt, Frauen zu betören und nicht einfach ...
„Das Bett ist hier drüben.“
Ihr bissiger Ton ließ ihn ruckartig herumfahren. Er runzelte die Stirn.
„Los, los, erledigen wir es endlich“, drängte sie, schlug die Bettüberwürfe zurück und enthüllte damit auch den Rest ihres Nachthemds.
„Seonaid“, sagte Blake ruhig. „Ich habe nicht vor, Euch einfach ... Möchtet Ihr etwas trinken?“, fragte er, als er sah, dass sie sich noch mehr verspannte.
Sie seufzte erleichtert. „Aye, viel. Erst hier oben ist mir aufgegangen, dass ich etwas hätte trinken sollen, aber da war es zu spät. Wie gedankenlos von mir.“
Noch während sie sprach, glitt sie vom Bett und schritt forsch an Blake vorbei zur Tür. Er atmete ihren Duft ein. Man hatte sie nicht nur gebadet, sondern auch eingepudert, und als sie an ihm vorbeieilte, stieg ihm lieblicher Blumenduft in die Nase. Was ihn kurioserweise ein wenig enttäuschte. Eine jede Dame, die er bislang verführt hatte, hatte ähnlich gerochen - eingepudert, parfümiert und süßlich. Das aber entsprach nicht Seonaids Wesen. Für gewöhnlich roch sie nach frischer Luft und Wald, mit einem Hauch Moschus, ihrem ganz eigenen Duft. Diese Mischung war ihm lieber, wenngleich er ihr das nicht sagen würde. Amüsiert verzog er den Mund, als Seonaid die Tür aufriss, die er soeben geschlossen hatte, und etwas in den Gang rief.
Dann schlug sie die Tür wieder zu, atmete tief durch, wandte sich ihrem Gemahl zu und sah ihn an. Er betrachtete sie mit einem schiefen Grinsen, sodass sie an sich
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