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Das wird mein Jahr

Das wird mein Jahr

Titel: Das wird mein Jahr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sascha Lange
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und zeigte auf Blattläuse und verschimmelte Erdreste an der Wurzel.
    Double Trouble machte eine Handbewegung – ich sollte die Pflanzen wieder zurücktun. »Genau das ist das Problem. Was müsste man denn machen, damit die wieder wachsen?«
    »Tja …« Ich bewegte meinen Kopf bedächtig hin und her, während ich mir die Reste meines Döners in den Mund stopfte. Hier bahnte sich offenbar ein Joint Venture an. Mein Wissen für sein Geschäft. Da ließe sich Geld machen. Geld, das ich gut gebrauchen könnte, wegen der Raten für meinen Bus. Jetzt kam es darauf an, all das bisher im Kapitalismus erlernte, anzuwenden. Zunächst hieß es, grenzenlose Kompetenz auszustrahlen, das hatte ich schon bei Herrn Merk und Jens beobachtet.
    Ich setzte an zum Expertenvortrag: »Erst mal zum Problem der Wurzel. Die Pflanzen sind eindeutig zuviel gegossen worden, da fangen die an zu schimmeln. Sieht aus wie im Topf aufgezogen. Da passiert das schneller als im Freien. Zu wenig gießen ist natürlich auch nicht gut, es kommt auf die richtige Menge an. Und die Blattläuse …«, ich hielt inne und überlegte. Jetzt hatte ich genug Infos spendiert, »… Da müsste ich noch mal nachlesen.«
    Double Trouble nickte und schob mir einen zusammengefalteten Zwanzig-DM-Schein rüber. »Lies noch mal nach. Wie kann ich dich erreichen?«
    Ich nahm den Schein. »Sonntag bin ich wieder hier, so gegen dreizehn Uhr?«
    »Super, bis dann. Keep it real.« Double Trouble erhob sich, nickt mir zu und schlenderte lässig aus dem Laden. Ich holte mir noch eine Cola aus dem Kühlschrank.
    Ali schaute mich verdutzt an: »Alles okay, mein Freund? Der Kollege sah gefährlich aus.«
    »Alles in Ordnung, Ali, der ist harmlos«, antwortete ich. »Ist wie bei Hunden. Die großen tun dir nix.«
    Mein ganzes Wissen über illegale Geschäfte hatte ich bislang aus den TV-Serien »Großstadtrevier«, »Simon & Simon« und »Miami Vice«. Für den Anfang war das schon mal eine gute Datenbank. Doch die Coups dort gingen regelmäßig schief – Kriminelle waren nicht gerade die Sympathieträger im Vorabendprogramm. Ich lief durch meine kleine Wohnung und starrte aus dem Fenster auf die Gärtnerei. Wo hatte der Typ überhaupt die Hanfpflanzen angebaut? In der eigenen Wohnung? Wenn der mit der Ernte Geld verdienen wollte, würden ein paar Blumentöpfe kaum ausreichen. Vielleicht in einem eigenen Garten? Aber da würden die schnell auffallen. Außerdem wären dann die Wurzeln nicht so verschimmelt gewesen. Möglicherweise in einer Garage oder auf einem Dachboden mit Kunstlicht. Genau! Auf so einem Dachboden, wie ich ihn zu meiner Wohnung besaß.
    Als ich Sonntag wieder in Alis Dönerbude war, dauerte es nicht lange und der Hip-Hop-Typ tauchte auf, diesmal ohne Aldi-Tüte. »Hey, Blume. Was geht?« Er gab mir lässig die Hand und setzte sich an meinen Tisch. Wie das klang – ein Riesenhüne sagte »Blume«.
    Ich kam gleich zur Sache: »Also, ich habe mich noch mal schlaugemacht und glaube, die Pflanzen, die du mir gezeigt hast, kriegst du nicht mehr hin. Die sind im Eimer. Du müsstest komplett neu säen oder neu anpflanzen und vor allem die Erde austauschen, denn die Schimmelsporen sitzen da jetzt überall drin. Als nächstes bräuchtest du einen neuen Plan für die Be- und Entwässerung und eine gute Durchlüftung der Erde. Und die Lichtzufuhr. Verstehst du? Licht ist ganz wichtig.«
    Double Trouble rückte nachdenklich sein Basecap zurecht. So gefährlich wie beim letzten Mal fand ich ihn heute gar nicht mehr. »Okay, das klingt alles recht aufwändig.« Er überlegte kurz und fuhr fort: »Sag mal, Homie, siehst du eine Möglichkeit, solche Pflanzen irgendwo professionell anzubauen? Und ich kaufe dir die komplette Ernte ab.« Es klang eher wie eine Anweisung, nicht wie eine Frage. »Alles läuft natürlich sehr diskret ab, okay? Denk da mal drüber nach. Ich geb ’n Bier aus, Homie.« Er ging rüber zum Kühlschrank, holte zwei Büchsen raus und stellte sie auf unseren Tisch. »Prost, Blume.«
    »Prost, Mann«.
    »Double Trouble. Nenn mich Double Trouble, Homie.« Was meinte er nur immer mit »Homie«? Wollte er eigentlich »Honni« sagen, weil ich ausm Osten kam und hatte sich mit einem Buchstaben vertan? Oder sah ich in meinen Klamotten und meiner Frisur irgendwie schwul aus, und er hielt mich für einen Homo? Ich traute mich nicht, ihn zu fragen. Schließlich ging es hier gerade ums Geschäft.
    Sollte ich einwilligen, das Zeug anzubauen? Ich zögerte noch. Immerhin

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