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Das Wispern der Angst: Thriller (German Edition)

Das Wispern der Angst: Thriller (German Edition)

Titel: Das Wispern der Angst: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Frei
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stand sie seufzend auf, ging ins Bad, putzte sich methodisch wie immer die Zähne und schminkte sich ab. Ein müdes Gesicht blickte ihr aus dem Spiegel entgegen. Sie hatte dunkle Ringe unter den Augen, ihre Lippen waren rissig von der Kälte.
    Schon im Schlafanzug sah sie kurz zu Kim ins Zimmer: Sie hatte sich halb unter der Decke vergraben und rührte sich nicht. Unter dem Bett lugte ihr Teddy hervor. Jenna schlich auf Zehenspitzen durch das Zimmer, hob den Teddy auf, legte ihn unter die Decke und strich Kim sanft über den Kopf. Auf ihrer Wange glitzerte eine Tränenspur: Kim hatte sich wieder einmal in den Schlaf geweint.
    Jenna fühlte die Verzweiflung erneut in sich aufsteigen. Sie schlief in dieser Nacht miserabel.
    o
    Die Schatten flüsterten, wie in jeder Nacht.
    Das Grau des Nebels beugte sich dem Dunkel der Schatten.
    Das Wispern erfüllte das Reich mit verlorenen Hoffnungen, Sehnsüchten und Träumen.
    Er hatte gehört, dass es einen Weg gab, dem Vergessen zu entgehen. Es gelang nur ganz wenigen.
    Also wartete er.
    Und lauschte.
    Und plante.
    o

2
    Donnerstag, 2. Februar
    »Das ist einfach hoffnungslos!«
    Wütend versetzte Jenna ihrem Bildschirm einen Schlag mit der flachen Hand und sah den Flatscreen, der bedenklich wackelte, zornig an.
    »Was ist hoffnungslos?«
    Ein attraktiver Mittfünfziger mit kurz geschorenen grauen Haaren, in weißem Hemd und Jeans streckte den Kopf zur Tür herein.
    »Rainer? Was machst du denn hier? Es ist doch erst zehn.«
    »Nicht fragen, meine Hübsche«, winkte Rainer Henrich ab. »Und jetzt sag mir, was so hoffnungslos ist.«
    »Ach, Rainer …« Jenna ließ sich in ihrem Stuhl zurückfallen und legte die Füße auf den Tisch. »Diese Titanschrauben treiben mich noch in den Wahnsinn. Was soll einem dazu bitteschön einfallen? Und er will es auch noch erotisch! Was glaubt der gute Herr Kleinert eigentlich? Mutter und Schraube? Pin-up mit Schraube?«
    »Willst du wissen, was man mit Schrauben so alles anfangen kann?«, fragte Rainer zurück und grinste lausbübisch.
    »Gott bewahre! Da weißt du sicher mehr als ich.« Jenna hob die Hände. »Aber wenn er so weitermacht, besorge ich ihm ein Nacktmodell, auf dem ich die Schrauben platziere.«
    »Na also, geht doch«, feixte Rainer und wandte sich ab.
    »Das ist nicht dein Ernst!«
    »Warum nicht? Schlag es ihm vor. Ich glaube, die Idee gefällt Herrn Kleinert durchaus.«
    »Raus!«, rief Jenna und lachte.
    Kurz darauf stand sie in Rainers Büro. »Ich geh mal rüber zu dem Eisenwarenladen in der Müllerstraße. Ich brauche ein Päckchen Schrauben. Hab’ da eine Idee.«
    Rainer saß über Papiere gebeugt und strich immer wieder einzelne Stellen rot an. Er nickte stumm und machte eine einladende Geste mit der Hand.
    Jenna hüpfte die Stufen hinunter, trat aus dem Haus und schlug den Mantelkragen hoch. Der Winter leistete ganze Arbeit in diesen Tagen, die Räumfahrzeuge konnten die Schneemassen kaum bewältigen. Die Straßen waren zwar frei, doch immer größere Schneeberge türmten sich an den Kreuzungen und auf den Gehwegen und machten das Durchkommen für Fußgänger zum eisigen Hürdenlauf.
    Jenna umrundete den Gärtnerplatz und lief die Corneliusstraße nach Norden. Ein kalter Wind wehte ihr die Haare vors Gesicht. Mit einer Hand suchte sie in ihrer Manteltasche nach einem Zopfgummi, als plötzlich, etwa zwei Meter vor ihr, ein blauer Lieferwagen aus einer Einfahrt rauschte. Jenna blieb abrupt stehen, fuchtelte mit den Armen und schrie: »Geht’s vielleicht noch schneller? Das ist ein Gehweg!« Sie blickte nach vorn, die Straße hinunter, um der Mutter mit dem Kinderwagen, die gleich auftauchen und über die Straße gehen würde, eine Warnung zuzurufen. Da öffnete sich auch schon die grün gestrichene Haustür, eine junge Frau wuchtete einen Kinderwagen rückwärts auf den Gehweg, was aufgrund einer Stufe und des festgetretenen Schnees auf dem Gehweg nicht ganz einfach war.
    »He! Passen Sie auf!«, rief Jenna ihr zu und wies mit ausgestrecktem Arm auf den Lieferwagen, der nun langsam in die Corneliusstraße einbog und dennoch bedrohlich über den matschigen Belag schlitterte.
    Die junge Frau drehte sich aufgeschreckt um und stellte sich schützend vor den Buggy. Ihr kleiner Sohn richtete sich auf und versuchte trotz Anschnallgurt um sie herumzuschauen.
    Wo war Timmy?
    Jenna blickte sich suchend um. Tatsächlich, da kam der Golden Retriever schon angesprungen, rieb seinen Kopf am Knie der jungen Frau und bellte fröhlich.

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