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Das Wispern der Schatten - Roman

Das Wispern der Schatten - Roman

Titel: Das Wispern der Schatten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam J Dalton
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gottberührten Welt aus Leben und Tod wandelte, ist er jetzt nur eine schattenhafte Erinnerung, ein Schrei im ruhelosen Wind.«
    Und die Nacht endete immer damit, dass Torpeth im Haus herumsprang und tanzte, danach in Zorn geriet und fragte, ob sie an diesem Tag irgendetwas gelernt hätten. Die jungen Krieger nickten unweigerlich, da nur dies den heiligen Mann jemals zu besänftigen schien.
    Ein Flüstern riss Aspin aus seinen Träumen über klagende, rufende und streitende Götter. Torpeth hockte neben dem schlafenden Pralar und raunte dem Häuptlingssohn etwas ins Ohr. Der heilige Mann schrie auf und machte einen Satz rückwärts, als er sah, dass Aspin ihn beobachtete. Dann zischte das schmutzige Wesen: » Pralar, wach auf! Da ist dein Feind.«
    Mit einem Brüllen warf der Häuptlingssohn das Ziegenfell von sich, unter dem er geschlafen hatte, und wälzte sich auf die Füße. Aspin kam wankend selbst auf die Beine und versuchte, mit einem Kopfschütteln den letzten Schlaf zu verscheuchen. Er brachte das kleine Feuer zwischen sich und Pralar.
    » Pralar, ich bin nicht dein Feind! Ich bin gerade erst aufgewacht.«
    Torpeth klatschte in die Hände und hüpfte in einer Ecke des Zimmers herum. » Du bist der Herausforderer, Sohn des Schnees! Du bist Pralars Feind. Wenn er dich nicht besiegen kann, ist seine Herrschaft verwirkt.«
    Pralar zog einen brennenden Ast aus dem Feuer und schleuderte ihn nach Aspin. Dann sprang er über die Feuergrube und versuchte, seinen Gegner in die Finger zu bekommen. Aber trotz seiner Verwirrung ließ Aspin sich nicht so einfach fangen. Er duckte sich mühelos unter dem Ast hinweg, rollte sich neben dem Feuer nach vorn ab und entkam so Pralars zupackenden Händen. Im Abrollen schleuderte er Glut wie eine Wolke über seinen Kopf nach hinten.
    Ein ärgerlicher Aufschrei ertönte, als Pralar von den glimmenden Holzstückchen getroffen wurde. Aspin hoffte, dass der Häuptlingssohn in beiden Augen geblendet worden war und zugleich noch ein tödliches Maß an Glut eingeatmet hatte, aber er spürte den Atem des anderen im Nacken und erkannte, dass er kein solches Glück gehabt hatte. Statt sich ganz aufzurichten, blieb er in der Hocke und schwang ein Bein im Bogen nach hinten. Er traf seinen Gegner an den Knöcheln, sodass Pralar zur Seite hinschlug. Aspin zog in Erwägung, mit Fäusten und Ellbogen nachzuhelfen, aber das wilde Grinsen auf Pralars Gesicht machte ihm deutlich, dass es ein schwerer Fehler gewesen wäre, ihm zu nahe zu kommen.
    Aspin sprang vorwärts und rannte dann, so schnell er konnte, zum anderen Ende des Hauses, wo Torpeth, wie er wusste, einen kleinen Haufen Steine aufbewahrte, obwohl Aspin keine Vorstellung hatte, zu welchem Zweck sie dem heiligen Mann dienten. Er hob einen auf und wirbelte herum, um sich dem erzürnten Krieger zu stellen, der auf ihn zustürmte.
    Pralar war nur noch sechs große Schritte entfernt. Aspin hob den Stein. Er malte sich aus, wie der Stein Pralar mitten an der Stirn traf, und stellte sich vor zu hören, wie Risse im Knochen sternförmig von der Aufschlagstelle ausgingen. Er spürte, wie der weiche Teil von Pralars Hirnschale zusammengedrückt wurde und zu bluten begann. Schmerz, Dunkelheit, dann Tod. Der Stamm würde trauern, und alle würden sich versammeln, um zuzusehen, wie der alte Häuptling den kalten, steinigen Boden aufzugraben versuchte, damit sein einziger Sohn bestattet werden konnte. Dann würden die Familien mit Söhnen zu streiten beginnen, wer als Nächster den Stamm anführen sollte. Es würden sich Gruppen bilden, und der Stamm würde sich langsam spalten. Es würde Generationen lang Meuchelmorde und Fehden geben.
    Und all das wegen dieses kleinen Steins in Aspins Hand. Warum hörte Pralar nicht einfach auf? Er wusste doch sicher, dass er Aspin geradezu zwang, ihn zu töten. Aber Pralar war nicht er selbst. Er legte keinerlei Selbsterhaltungstrieb an den Tag, sondern benahm sich, als hätte er völlig den Verstand verloren.
    Aspin warf den Stein nach Pralars Bein. Das hatte die gewünschte Wirkung– der Häuptlingssohn stolperte und verlor das Gleichgewicht–, aber Pralars Vorwärtsbewegung war so schwungvoll, dass es für Aspin kein Entkommen gab. Pralar prallte gegen seinen kleinen Herausforderer und nagelte ihn gegen die Rückwand des Hauses des heiligen Mannes. Die großen Hände des Häuptlingssohns fanden Aspins Hals und begannen zuzudrücken.
    Aspin schlug wild um sich, aber Pralar setzte sein Gewicht ein, um ihn zu

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