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Das Wispern der Schatten - Roman

Das Wispern der Schatten - Roman

Titel: Das Wispern der Schatten - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam J Dalton
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du mir gezeigt? Dass ich in der Lage sein würde, die Folgen vorherzusagen, die es haben würde, Pralar zu töten? Dass ich sehen würde, dass er nicht er selbst war? Zu welchem Zweck? Viel zu gewagt und gefährlich, wenn du mich fragst.«
    Torpeth kratzte sich unter der Achsel, fing etwas mit Daumen und Zeigefinger ein und zermalmte es dann zwischen den Zähnen. » Hm. Nicht so lecker wie Pinienkerne.« Er drehte sich wieder um und musterte Aspin mit einem Auge, während das andere sich weiter in seinem Kopf drehte. Mit leiser, ausdrucksloser Stimme sagte er: » Gewagt? Das Leben eines schmächtigen Kindes, wie du es bist, ist so gut wie nichts. Die Alternative ist ein Häuptling ohne Selbstbewusstsein, der den ganzen Stamm mit in den Untergang reißen und so dafür sorgen wird, dass die Anderen endgültig triumphieren. Glaubst du, dass die Anderen befriedigt sein werden, wenn sie erst diese Welt verschlungen haben? Oder werden ihre Kraft und ihr Hunger gar noch wachsen, wenn sie die Macht des Geas dieser Welt erst vergewaltigt und geplündert haben? Werden sie weiterziehen und noch eine Welt verschlingen? Und dann noch eine? Wo endet es, kleiner Krieger und Sohn des Schnees? Endet es, wenn alle Welten zu nichts geworden und die Anderen alles sind? Gewagt? Du bist ein schmächtiger Ochse! Nichts!«
    Aspin war erschüttert. Er verstand nicht alles, was Torpeth gesagt hatte, aber doch genug, um erschrocken zu sein. Er wollte unwissend bleiben und mit diesem Ort und seinem Wahnsinn nichts mehr zu tun haben. » Nun gut, du hast recht. Es war die Mühe wert, Pralar die Selbstachtung zu verschaffen, die er benötigt. Und da es jetzt ein wenig taut, werden wir ins Dorf zurückkehren.«
    Torpeth schnalzte missbilligend mit der Zunge und schüttelte den Kopf. » Pralar kann gehen, aber du kannst nie dorthin zurück.«
    Aspin wurde schlagartig kalt. » Was?«, fragte er leise.
    Der heilige Mann gähnte, und die Augen fielen ihm zu.
    » He! Wach auf! Was meinst du damit, dass ich nicht zurückkehren kann? Antworte mir.«
    Torpeth sah ihn schläfrig an und wirkte auf einmal unermesslich alt. » Komm, komm, Sohn des Schnees, die Sache, zu der du taugst, ist das Seelenlesen. Das habe ich dir doch gezeigt, nicht wahr? Du musstest es erleben, sonst hättest du mir nicht geglaubt. Du bist in vielerlei Hinsicht ein Ochse, aber kein tumber Ochse. Du weißt, was geschehen wird, wenn du versuchst zurückzukehren.«
    Zitternd nickte der junge Krieger. Er konnte es vor seinem inneren Auge sehen. » Pralar wird mich auf dem Weg ins Dorf angreifen und töten. Er wird mir auflauern. Ich weiß zu viel über seine Zeit hier. Wann immer er als Häuptling sprechen würde, könnte ich an ihm herumnörgeln oder seine Worte untergraben, weil ich wissen würde, was ihnen zugrunde liegt. Ich würde sein Selbstbewusstsein und seine Führungskraft zunichtemachen, weil ich seine Geheimnisse kenne. Selbst wenn ich nie etwas sagen würde, würde er befürchten, dass ich es tun könnte; er würde immerzu an sich selbst zweifeln. Als starker Häuptling kann er es sich nicht leisten, mich am Leben zu lassen.«
    » In der Tat. Also kannst du, wie ich schon sagte, niemals zurückkehren, Seelenleser.« Torpeth nickte schläfrig.
    » Aber meine Eltern!«
    » Ich werde ihnen alles erklären, ihnen sagen, dass du sie lieb hast und so weiter.«
    » Wohin gehe ich jetzt, Torpeth?«
    Der heilige Mann zuckte mit einem müden Lächeln die Achseln. » Wer weiß? Immer der Nase nach. Vielleicht ins Flachland, das einst uns gehörte, wo nun aber die Anderen leben. Ins Land unserer Vorfahren, Sohn des Schnees, wo die Götter einst lebten und sich vielleicht noch heute verborgen halten.«
    Zorn. » Das ist ungerecht!«
    » Wie du willst. Dann geh deinen eigenen Weg– aber ich hätte gedacht, dass du mittlerweile gelernt hast, dass es immer einen Hirsch geben wird, der dich führt, oder einen Stein, der darauf wartet, von dir geworfen zu werden.«
    » Nein! Ich entscheide selbst über meine Taten. Ich entscheide über meine Zukunft. Mein Wille gehört mir.«
    » Ganz wie du willst, aber vergiss nicht, dass alles seinen Preis hat. Dir ist gestattet worden, am Leben zu bleiben und den Sturm zu überstehen, und dafür musst du jetzt einen Preis zahlen. Weißt du, der nackte Krieger redete einst ganz wie du. Vielleicht wird sich für dich alles besser entwickeln als für ihn. Hoffen wir es, sonst ist es diesmal wahrhaftig das Ende– unser aller Ende. Die Anderen werden das

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