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Das Wörterbuch des Viktor Vau

Titel: Das Wörterbuch des Viktor Vau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Ruebenstrunk
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Enrique machte einen Schritt nach vorn. Sofort fasste ihn einer der beiden Agenten am Arm. De Moulinsart gab ihm ein Zeichen, loszulassen.
    Â»Sie werden uns doch jetzt auf den letzten Metern keinen Ärger machen?«, fragte er.
    Â»Keine Sorge. Ich will hier einfach nur raus.«
    De Moulinsart nickte. »So ist es recht. Dann wollen wir mal.«
    Er schickte seine Männer zum Auto zurück und ging mit Enrique zum Wachtposten, der sie nach einem kurzen Check seiner Namensliste durchwinkte. De Moulinsart blickte sich erwartungsfroh um. Er war zum ersten Mal auf dem Gelände der Weltausstellung und war gespannt, was man schon sehen konnte.
    Er fragte sich, warum Fitzsimmons ausgerechnet diesen Ort für ein Treffen ausgesucht hatte. Natürlich wusste er, dass der Bauleiter, dieser Graf zu Bodenstein, zu dem Klüngel gehörte, den er gerne um sich scharte, bezweifelte aber, dass das irgendeine Bedeutung hatte. Wahrscheinlich erschien es ihm einfach als ein Ort, an dem er vor einem Racheakt de Moulinsarts sicher war.
    Vom Tor aus stieg eine breite Allee leicht hügelan. Zu beiden Seiten lagen kleinere Pavillons auf Rasenflächen verstreut, zu denen kiesbestreute Wege führten. Es sah eher nach einem königlichen Vergnügungspark als nach einer Ausstellung aus, welche der Welt den aktuellen Stand der Hochtechnologie präsentieren wollte. Eine geschickte Täuschung, denn die kleinen Häuschen waren nur der Zugang zu größeren Hallen, die unter der Erdoberfläche lagen. Das gesamte Areal war ein gigantischer Maulwurfsbau mit unterirdischen Gängen und Grotten, die perfekt ausgebaut waren. Es gab eine Metrolinie, die direkt bis unter den Hügel führte, sowie eine Verbindung zu den ehemaligen Katakomben, deren Höhlen zum Teil für die Ausstellung genutzt wurden.
    Ãœberall waren Arbeiter im Schein der Laternen unterwegs. Neben den eleganten Leuchten der Weltausstellung waren allerorts noch Baustellenlampen aufgebaut, die das Gelände in ein gleißendes Licht tauchten. Vorarbeiter und Ingenieure flitzten auf kleinen Gyroscootern vorbei, das Mobiltelefon am Ohr.
    Eine Gruppe von drei Arbeitern stand einige Meter vom Hauptweg entfernt. Sie warteten auf ihren Kollegen, der stehen geblieben war und in seiner Umhängetasche herumwühlte. Irgendwie kam de Moulinsart die Gestalt merkwürdig bekannt vor, aber bevor er darüber nachdenken konnte, ertönte hinter ihm ein Ruf.
    Zwei Gyroscooter jagten die Zufahrt hoch, direkt auf sie zu. Ehe er reagieren konnte, hatte ihn Enrique am Arm gepackt und zur Seite gezerrt. Die beiden Scooter schossen vorbei. De Moulinsart fluchte hinter ihnen her und warf Enrique einen Blick zu.
    Â»Danke.«
    Â»Keine Ursache«, erwiderte Enrique ausdruckslos.
    Schweigend legten sie den Rest des Weges zum Unabhängigkeitspalast zurück. Durch den Zwischenfall hatte de Moulinsart die Gestalt auf dem Rasen vergessen.
    Sie betraten das Gebäude durch eine geöffnete Tür neben der riesigen Eingangspforte. Die Halle, in die sie kamen, war gewaltig. Ein Saal für Giganten, dachte de Moulinsart, und ihn erfüllte ein heißer Stolz auf den Staat, dem er dienen durfte. Wer brachte heutzutage noch solche Bauwerke zustande? Dazu benötigte man Visionen, die besten Architekten und Baumeister und vor allem eine stabile Gesellschaftsordnung. Kein Wunder, dass die Anarchisten gerade die Weltausstellung als Ziel auserwählt hatten, war sie es doch, die der ganzen Welt den Glanz und die Überlegenheit der Dynastie demonstrierte.
    Drei gewaltige Glaskuppeln wölbten sich über ihnen und ließen genügend Licht herein, um die Halle in ein blasses Zwielicht zu tauchen. Elegant geschwungene Stahlträger stützten die Empore, die rund um das Gebäude verlief und deren verschlungenes Geländer ein Meisterwerk an Metallschmiedekunst war. Die von außen noch verhangenen Fenster waren in Hunderte einzelner Scheiben aufgeteilt, von denen jede individuell von einem Künstler gestaltet worden war. Der Boden bestand aus handgearbeiteten Fliesen, die in symbolischer Form die Errungenschaften der Dynastie darstellten.
    Â»Ist Ihnen bereits die Luft ausgegangen?« Die Stimme riss de Moulinsart aus seinen Betrachtungen. Es war natürlich Fitzsimmons, der mit Vau an einem Tisch genau im Zentrum des Saals saß.
    De Moulinsart und Enrique traten näher heran. Der Professor sah deutlich schlechter aus als bei ihrer

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