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Das Wörterbuch des Viktor Vau

Titel: Das Wörterbuch des Viktor Vau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Ruebenstrunk
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letzten Begegnung. Er war unrasiert, und der dunkle Schatten der Bartstoppeln auf seinen Wangen verlieh ihm den Ausdruck eines Strafgefangenen, der seit langer Zeit in Einzelhaft schmorte.
    Fitzsimmons dagegen wirkte wie das blühende Leben. Er steckte in einem Lodenmantel, den er offen trug, und einer knielangen Wollhose, die in rote Strümpfe mündete. Zwei kantige Wanderschuhe vervollständigten den rustikalen Eindruck.
    Â»Auf Sie ist Verlass!«, rief er. »Pünktlich wie die Maurer. Und wie ich sehe, haben Sie den jungen Enrique mitgebracht.«
    Â»Er wird Ihnen nicht viel nützen«, brummte de Moulinsart.
    Â»Das werden wir ja sehen.« Fitzsimmons wies auf zwei freie Stühle. »Setzen Sie sich doch. Ich nehme an, unser Freund Winter wird auch jeden Moment eintreffen.«
    Enrique nahm neben Vau Platz, der dem Geschehen mit leerem Blick folgte. Der Mann war sichtlich fertig und würde es nicht mehr lange machen.
    An der Tür hörten sie ein Geräusch. Es waren Winter und Astarte.
    Â»Entschuldigen Sie die Verspätung«, rief Winter. »Wir sind in eine Verkehrskontrolle geraten. Es scheint, die Polizei wird aufgrund der vielen Bombenanschläge langsam ein wenig nervös.«
    Â»Das würden Sie auch, wenn die Anschläge in Ihrem geliebten Agua Caliente stattfänden«, konterte de Moulinsart. »Sie haben einfach das Glück, dass sich niemand für Ihr Kaff interessiert. Nur Weltmächte wie die Dynastie stellen für Terroristen eine Herausforderung dar.«
    Astarte stürzte auf Viktor Vau zu und ergriff seine Hände. »Professor, was hat man Ihnen getan?«
    Vau lächelte müde. »Nichts, meine Liebe. Ich bin nur ein wenig erschöpft, das ist alles.«
    Enrique staunte sie mit großen Augen an. »Wieso bist du denn hier?«, fragte er. Bevor sie ihm antworten konnte, ergriff Winter das Wort.
    Â»Ich habe Roderick gebeten, dieses Treffen einzuberufen, weil jeder von uns etwas hat, das ein anderer gerne besitzen würde. Wir sollten uns darüber verständigen, wie wir diese Situation zu unser aller Vorteil wenden können.«
    Â»So, wie ich es sehe, haben Sie nichts, das mich interessieren könnte«, sagte Fitzsimmons.
    Â»Meinen Sie?« Winter lächelte. »Roderick, Sie haben zwar Professor Vau in Ihrer Gewalt, aber nicht sein Wörterbuch. Wo das ist, weiß nur diese junge Dame, an deren Wohlergehen wiederum jener junge Mann ein Interesse hat, der Sie begleitet, Armand. Dummerweise sieht es so aus, als hätten Sie damit auch die schlechtesten Karten in der Hand. Was mich betrifft, so hätte ich natürlich auch gerne Zugang zu Professor Vaus Notizbuch. Frau Apostolidis will das aber erst dann herausgeben, wenn sie sicher sein kann, dass Professor Vau und Herr da Soza sich frei bewegen können.«
    Â»Lächerlich«, spuckte de Moulinsart. »Sie sind hier nicht in Dagombé, Winter. Wenn ich etwas haben will, dann nehme ich es mir.«
    Â»Nicht von mir«, widersprach ihm Fitzsimmons. »Ich bin im Grunde auch Ihrer Meinung, was den Kollegen Winter betrifft, aber er hat nicht ganz unrecht.«
    Sein Rivale schnaubte. »Wir wissen noch nicht einmal, um was es hier geht, und wollen in Verhandlungen einsteigen, bei denen wir etwas aufgeben sollen?«
    Â»Das habe ich mich auch schon die ganze Zeit gefragt«, meldete sich Enrique zu Wort. »Was Professor Vau entwickelt hat, ist eine künstliche Sprache. Die Regeln dafür hat er in seinem Notizbuch niedergeschrieben. Ich frage mich, welches Interesse die Sicherheitsdienste daran haben, dass Sie einen solchen Aufwand betreiben.«
    Â»Ich würde Ihnen beipflichten, mein lieber Freund, wenn da nicht diese Raumkapsel wäre«, erwiderte Fitzsimmons. »Stellen Sie sich vor: Eine hochtechnologische Gesellschaft, die sogar das Zeitreisen beherrscht, fürchtet sich vor dem, was Professor Vaus Notizbuch enthält. Da ist unsere Neugier doch nur zu verständlich, finden Sie nicht?«
    Â»Was wollen Sie mit einer Kunstsprache?«, warf Astarte ein. »Selbst wenn sie irgendwelche Auswirkungen hat, es dauert Jahrhunderte oder länger, bis sie sich so verbreitet hat, dass alle Menschen sie sprechen. Wir alle sind dann schon längst tot, und wer weiß, ob es Ihre Dynastie dann noch geben wird.«
    Â»Sie wollen uns auch glauben machen, dass es sich nur um diese Sprache handelt«, schnappte de Moulinsart. »Aber was

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