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Das Wörterbuch des Viktor Vau

Titel: Das Wörterbuch des Viktor Vau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Ruebenstrunk
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sie eindeutig abbilden zu können. Allein Wilkins hat damals für seinen beschränkten Ansatz 260 großformatige Blätter mit Kategorisierungen benötigt. Seitdem hat sich der Wissensbestand auf der Welt um das mehr als Hunderttausendfache vergrößert. Wie wollen Sie das alles in Ihr kleines Notizbuch packen?«
    Â»Das beweist nur, dass Sie mein Vorgehen nicht verstanden haben. Wie war das damals, als ich die Grundlagen meiner Theorie in Wort und Wissenschaft publizieren wollte? Waren Sie es nicht, der die Redaktion bewogen hat, den Abdruck zu verweigern?«
    Â»Das war ich, in der Tat.« Brodhagen richtete seinen Zeigefinger auf Viktor. »Und ich würde es heute wieder tun. Sie mögen ein brillanter Kopf sein, Viktor, aber diese Besessenheit mit der vollkommenen Sprache hat Sie geradewegs in das Reich der Scharlatanerie geführt.«
    Â»Lassen wir es dabei bewenden«, entschied Viktor. »Sie haben Ihre Meinung und ich meine. Die Zukunft wird zeigen, wer von uns beiden recht behält.«
    Â»Das wird sie, da bin ich ganz sicher«, sagte Volante mit einem vielsagenden Lächeln.
    Doch niemand schenkte seiner Bemerkung Beachtung.
    2.
    Eine knappe halbe Stunde später standen Volante und Viktor wieder in der Eingangshalle des Hotels.
    Â»Das hättest du uns allen ersparen können«, sagte Viktor in vorwurfsvollem Ton. »Erst die sinnlose Diskussion mit Brodhagen und dann dieser ausschweifende Vortrag des Gegelten – wie war noch mal sein Name?«
    Â»Batterman. Er ist Brite und einer der führenden Köpfe der neuen semiotischen Schule.«
    Â»Also einer der Lakaien von Cornelius.«
    Volante lachte und rieb sich die Hände. »Du weißt gar nicht, wie ich diese scharfzüngigen Charakterisierungen vermisst habe. Auf deine Art bist du genauso stur und einäugig wie Brodhagen. Allerdings auf einem ganz anderen Niveau«, fügte er schnell hinzu, als er Viktors Stirnrunzeln bemerkte.
    Â»Erzählst du mir jetzt endlich etwas mehr über die Botschaft, um die es geht?«
    Â»Viel besser, ich werde sie dir zeigen. Dann wirst du sehen, warum ich dich habe herbringen lassen.«
    Sie verließen das Hotel. Draußen war es immer noch sehr warm, wenn auch deutlich angenehmer als die stechende Hitze des Tages.
    Viktor betrachtete die Umgebung. Das Hotel lag an einer breiten Straße voller Hochhäuser, die allesamt verlassen aussahen. Es gab weder Geschäfte noch Restaurants. Die Fensterfronten oder Garagenöffnungen zu beiden Seiten der Fahrbahn waren mit schweren Rollgittern verriegelt. Insektenschwärme umgaben die Neonleuchten über der Mitte der Straße, die mit unregelmäßigen Zischgeräuschen vor sich hin flackerten. Außer ihnen war kein Mensch zu Fuß unterwegs.
    Â»Ich muss gestehen, in einem Auto würde ich mich jetzt wohler fühlen«, sagte Viktor.
    Â»Mach dir keine Sorgen, mein Lieber. Ich bin diese Strecke schon häufiger gegangen, und es ist mir noch nie etwas passiert. Agua Caliente mag einen heruntergekommenen Eindruck machen, aber die Polizei funktioniert einigermaßen, und die Leute hier sind im Grunde ganz friedlich. Statistisch gesehen befinden wir uns an einem Ort, der sicherer ist als dein Zuhause.«
    Â»Statistisch gesehen ist es auch unwahrscheinlich, dass jemand den Haupttreffer im Lotto zieht oder eine Weltraumkapsel aus dem Nichts auftaucht«, widersprach Viktor.
    Am Ende der nächsten Straße leuchteten ihnen die vier großen Neonbuchstaben DSRC entgegen.
    Â»Willkommen im Dagombé Space Research Centre «, sagte Volante, als sie den Eingang erreicht hatten. Er wies sich bei dem Wachtposten, der in einem kleinen Häuschen neben der Einfahrt saß, aus, und sie gelangten in einen strahlend hell erleuchteten Hof. Hier flackerte keine Lampe. Viktor hörte das dumpfe Brummen eines Generators. Die auf Masten rund um den Hof montierten Scheinwerfer wurden offenbar unabhängig vom öffentlichen Stromnetz gespeist.
    Vor ihnen lag eine flache Halle, die äußerlich wie einer der zahlreichen industriellen Zweckbauten wirkte, die sich in jedem Industriegebiet finden. Volante öffnete die Zugangstür mit einem Code, den er auf einer Tastatur eingab.
    Â»17102205«, grinste er. »Tag und Monat von Dagombés Unabhängigkeit und Tag und Monat von Bandas Geburt.«
    Sie fanden sich in einem schmalen Gang wieder, der ebenfalls taghell erleuchtet

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