Das Wörterbuch des Viktor Vau
verschwinden.«
Volante machte unwillkürlich einen Schritt nach hinten. Er löste Viktors Finger von seinem Arm.
»Nun setz dich erst mal und erzähl mir, was überhaupt los ist.« Er steuerte seinen Freund zum Ledersessel in der Zimmerecke. »Hast du irgendetwas angestellt? Die Kapsel zerstört? Dein Verhalten kam mir gleich so seltsam vor.«
Viktor schüttelte den Kopf. »Wenn es das nur wäre. Es ist viel schlimmer.«
»Aber die Sprache auf dem Blatt! Du musst doch erkannt haben, dass sie deiner verdammt ähnlich sieht!« Volante gestikulierte wild mit den Händen.
»Flavio, bitte.« Viktor machte ein gequältes Gesicht. »Hilf mir einfach, hier rauszukommen.«
Volante betrachtete seinen Freund, der wie ein Häufchen Elend in dem Sessel hockte. Dass er seine letzte Frage nicht beantwortet hatte, war für ihn Aufklärung genug.
»Deine plötzliche Flucht â sie hat etwas mit dem Dokument zu tun, stimmtâs?«, versuchte er es noch einmal. »Du hast es entziffern können.«
Viktor zögerte einen Moment, dann nickte er müde. »Genug, um zu wissen, dass ich fortmuss, bevor die anderen dahinterkommen.«
»Und du willst mir wirklich nichts sagen? Vielleicht finden wir gemeinsam einen Weg, wie wir dich aus der Sache raushalten können. Wenn du jetzt verschwindest, wird unweigerlich ein Verdacht auf dich fallen, auch wenn die Botschaft noch nicht entschlüsselt ist.«
Volante sah die Panik in den Augen seines alten Freundes.
»Kannst du nicht einfach einen Flieger nehmen?«, fragte er.
»Unmöglich. MagZep oder Schiff bedeutet, dass sie wissen, wo ich bin. Nein, ich muss irgendwie über die Grenze kommen und von da aus weiter.«
»Hmm.« Volante legte die Fingerspitzen zusammen und bewegte den Kopf rhythmisch vor und zurück, eine seiner Eigenarten, wenn er nachdachte. SchlieÃlich sah er auf.
»Hast du Geld?«
»Ein paar Hundert Dagombé-Credits und Kreditkarten.«
»Das wird nicht reichen.« Volante ging zu einem Sideboard. Er schob das Foto Bandas, das darüber hing, beiseite und öffnete durch Eingabe eines Zahlencodes den dahinter versteckten Safe, aus dem er ein Bündel mit Geldscheinen holte.
Er hielt Viktor den Packen hin. »Unions-Credits werden überall angenommen. Damit dürftest du auf jeden Fall über die Grenze kommen und dein Ticket nach Hause bezahlen können.«
»Danke«, erwiderte Viktor und steckte das Geld ein. »Du bekommst es natürlich von mir zurück, wenn sich diese ganze Sache erledigt hat.«
»Mach dir darüber jetzt keine Gedanken.« Volante wischte sich die Hände am Morgenmantel ab, so als wolle er jede Spur der Geldscheine beseitigen. »Mir fällt da gerade was ein â¦Â« Er stand auf und holte ein Adressbuch aus seiner Nachttischschublade. »Ich hatte mal einen Assistenten, der aus Dagombé kam, James Malango. Er ist seit vielen Jahren wieder zurück. Leider haben wir lange keinen Kontakt mehr gehabt. Vielleicht kann er dir helfen, falls er noch die alte Telefonnummer hat.«
Viktor schloss die Augen, während Volante darauf wartete, dass am anderen Ende jemand abhob.
ut:
Flucht
1.
Hauptstadt der Union
Die Leiche lag zwischen zwei Müllcontainern in einem Hinterhof.
Die Streifenbeamten, die zuerst am Tatort eingetroffen waren, hatten den Fundort notdürftig mit Absperrband gekennzeichnet und konnten die Schaulustigen, die trotz der frühen Stunde wie auf ein geheimes Kommando wenige Minuten nach dem Leichenfund aufgetaucht waren, nur mit Mühe zurückhalten.
Marc Fellner bahnte sich einen Weg durch die Menschentraube, die sich in der Toreinfahrt gebildet hatte. Er hatte die Nachricht vor zehn Minuten erhalten und war sofort ins Auto gesprungen, aber die ersten Reporter waren bereits vor ihm am Tatort.
Er ignorierte ihre Fragen und duckte sich unter dem Absperrband hindurch.
»Wer hat sie entdeckt?«, fragte er den uniformierten Beamten, der ihn über den Hof begleitete.
»Diese Frau.« Der Mann deutete zur Hauswand, an der eine stark geschminkte Blondine mit einer Polizistin auf einer kleinen Bank saÃ. Als die Frau seinen Blick bemerkte, sprang sie auf und lief auf ihn zu.
»Sind Sie der Kommissar?«, fragte sie, als sie ihn erreicht hatte. »Können Sie Ihren Leuten sagen, dass sie mich gehen lassen sollen? Ich komme zu spät zur Arbeit.«
Es
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