Das Wörterbuch des Viktor Vau

uns etwas schuldig, meinen Sie nicht? Es wird auch nicht lange dauern, das verspreche ich Ihnen. Wer den Kristall zuerst bekommt, er muss damit hierhin zurückkommen, weil er nur hier ausgelesen werden kann. Und Sie werden dann der erste Mann vor Ort sein.«
    Â»Also gut«, stimmte Volante widerwillig zu. »Ich bleibe hier. Aber nur für höchstens zwei Wochen.«
    Â»Ãœber die Länge Ihres Aufenthalts entscheide ich«, lächelte Winter. Er streckte ihm die Hand entgegen. »Es freut mich, dass wir auf derselben Seite arbeiten, Professor.«
    3.
    Als Winter Bandas afrikanisch eingerichtetes Büro im Präsidentenpalast betrat, konnte er ein triumphierendes Lächeln nicht unterdrücken. Endlich war sie da, die Chance, auf die er seit Jahren gewartet hatte. Jetzt musste er das Ganze nur noch seinem Vorgesetzten verkaufen.
    Gordon Banda war einer der gerissensten Menschen, denen Winter je begegnet war. Er hätte sicher auch als Unternehmer oder Wissenschaftler eine beeindruckende Karriere hinlegen können. Stattdessen hatte er sich für die Politik entschieden. Eine Vergeudung seiner Talente, dachte Winter nicht zum ersten Mal. Banda hatte Klasse, eine Eigenschaft, die Politikern von Berufs wegen fehlte. Und gerade hier, im Hinterland der großen Weltpolitik, gab es für seinen scharfen Intellekt noch weniger Betätigungsfelder als in den Metropolen der Welt.
    Andererseits war Banda ein Mensch, der langfristig plante. Das konnte er sich erlauben, denn er hatte sich auf Lebenszeit wählen lassen und musste sich nicht um Wählerstimmen scheren. Soweit Winter wusste, waren seine Konten auf den Caymans zwar gut gefüllt, aber im Vergleich zu seinen korrupten Präsidentenkollegen in den Nachbarländern war Banda geradezu bescheiden in dem, was er aus der Staatskasse entnahm.
    Nachdem er mit seinem Bericht fertig war, legte Banda die Fingerspitzen zusammen und betrachtete ihn amüsiert. »Und Sie glauben diese Geschichte mit der Zeitreise?«
    Â»Alle Indizien deuten darauf hin, Sir.«
    Der Präsident lächelte skeptisch. »Wussten Sie, dass ich während meiner Zeit in Oxford einige Semester theoretische Physik studiert habe? Nichts Besonderes, mehr ein Zeitvertreib, weil mich damals genau diese Frage interessierte: Ist es grundsätzlich möglich, in der Zeit zu reisen? Die Antwort, auf die ich gestoßen bin, war unbefriedigend. Theoretisch scheint es machbar zu sein, aber philosophisch gesehen ist es unmöglich.«
    Â»Wegen des Großmutter-Paradoxes, Sir?«, warf Winter ein.
    Banda blickte ihn anerkennend an. »Sie erstaunen mich immer wieder, Winter. Ich wusste gar nicht, dass Sie sich mit dieser Thematik beschäftigt haben.«
    Â»Allgemeinwissen, Sir.«
    Â»Nun werden Sie nicht albern. Erklären Sie mir lieber die Sache mit der Großmutter.«
    Â»Nun, wenn ich in der Zeit zurückreisen könnte, dann könnte ich beispielsweise meine Großmutter als junge Frau treffen und mit ihr ein Kind zeugen. Dann wäre ich mein eigener Großvater, und das ist logisch unmöglich.«
    Banda nickte. »Zumindest in einer Logik, die von einem einzigen Universum ausgeht. Deshalb nehmen viele Physiker an, dass es eine unbegrenzte Zahl von Universen gibt, die parallel zueinander existieren und sich nur in winzigen Details unterscheiden. Wenn Sie mit Ihrer Großmutter schlafen, dann würde sich in dem Augenblick ein neues Universum von unserem abspalten und damit den logischen Widerspruch aus der Welt schaffen.«
    Â»Und was bedeutet das für uns, Sir?«
    Â»Es bedeutet, dass die Kapsel und ihre Botschaft, streng logisch betrachtet, nicht aus der Zukunft stammen können.« Banda erhob sich und ging zu einem kleinen Wandregal, in dem ein halbes Dutzend bunt bemalter Holzfiguren stand. Er ergriff eine davon und betrachtete sie.
    Â»Haben Sie eine Vorstellung davon, wer das ist?«
    Winter war bekannt, wie sehr der Präsident diese kleinen Frage-und-Antwort-Spielchen mit seinen Untergebenen liebte. Er fragte sich zum wiederholten Mal, ob es Banda lediglich darum ging, sein Wissen zur Schau zu stellen, oder ob er wirklich daran interessiert war, einen Beitrag zur Weiterbildung seiner Mitarbeiter zu leisten.
    Â»Eine Ihrer lokalen Gottheiten, Sir?«, fragte er, obwohl er genau wusste, worum es sich handelte. Seit seiner Ankunft in Dagombé hatte er sich intensiv mit der Geschichte und den Sitten des Landes