Das Wolfsgen - Maximum Ride ; 2
lächelte und winkte der Menge zu, ehe er das Besucherzentrum verließ. Die Männer in Schwarz liefen ihm wie die Ameisen hinterher.
Alle Augen waren auf uns gerichtet. Ich kniete nieder, um auf Angels Augenhöhe zu sein, und quälte mir ein Lächeln ab. »Ich kann es nicht fassen, dass das passiert ist«, sagte ich. »Alles in Ordnung mit dir?«
Angel nickte. »Ich bekam Angst, weil plötzlich meine ganze Klasse weg war. Da bin ich einen Gang entlanggelaufen, dann noch einen, und dann habe ich den Präsidenten getroffen. Aber es ist nichts Besonderes passiert. Keiner der Typen um ihn hat sich in einen Eraser verwandelt.«
»Okay«, sagte ich, obwohl mein Herz immer noch schneller als sonst schlug. »Von jetzt an bleibst du dicht bei uns. Ich will dich nicht noch mal verlieren.«
»Klar doch, Max«, versprach Angel ernst und gab mir die Hand.
Ich wollte nicht, dass sie den Führer der Freien Welt in ihre Gedankenspiele einbezog. Doch darüber würde ich später ein Wörtchen mit ihr reden.
61 »Zoom ran.« Jeb beugte sich über den Schwarzweißmonitor.
Wortlos spulte Ari das Band zurück und zoomte heran. Wieder sah er, wie die Menge im Besucherzentrum sich wie ein Schwarm Fische nach draußen drängte. Wieder erschien das Bild des lächelnden Präsidenten in der linken oberen Ecke des Bildschirms. Er zoomte den Präsidenten und das blonde Kind neben ihm heran.
Jeb starrte wie gebannt auf den Bildschirm und berührte die Bilder, als könne er die Personen berühren.
Ari sah, dass Jebs Augen auf Angel konzentriert waren, dann auf Max und dann auf den Präsidenten. Sein Magen verkrampfte sich. Was musste geschehen, damit Jeb ihn so anschaute? Er hatte sich nie um Ari gekümmert, als dieser noch ein normales Kind gewesen war. Dann hatte man Ari in eine mutante Missgeburt verwandelt, so wie die Vogelkinder. Was musste geschehen? Es hatte nicht einmal geholfen, zu sterben, was für die meisten Menschen eine Trumpfkarte war.
Er sah, wie Max’ Augen auf dem Bildschirm größer wurden. Mit den weiten Jacken merkte man kaum, dass diese Kinder mutante Missgeburten waren. Ari dagegen fiel gleich auf. Seine später hinzugefügten Flügel waren zu groß, um sich eng an seine Wirbelsäule zu legen. Seine Haut war rau, weil er so oft die Gestalt hatte wandeln müssen. Und seine Gesichtszüge – Ari konnte es nicht genau beschreiben; vielleicht kam es daher, dass man die Haut eines Siebenjährigen gestreckt hatte, damit sie über den Schädel eines mannsgroßen Erasers passte.
Max lächelte den Präsidenten nervös an. Selbst auf diesem winzigen Schwarzweißbildschirm war sie atemberaubend schön. Groß, schlank, sandfarbenes Haar mit Strähnchen. Er wusste, dass die Muskeln unter den Ärmeln der Jacke hart wie Stahl waren. Er spürte noch schmerzhaft die Stelle, wo sie ihm in die Rippen getreten hatte, und machte ein grimmiges Gesicht.
Und da saß sein eigener Vater und ergötzte sich an den Bildern, als handele es sich um ein Thanksgiving-Dinner. Als ob das seine Kinder seien. Als ob er auf sie stolz sei und sie zurückhaben wollte. Ari dagegen zählte überhaupt nicht, war Luft.
Aber er würde sie nicht zurückbekommen. Nie und nimmer. Dafür würde Ari sorgen. Die Pläne waren geschmiedet, die Räder in Gang gesetzt. Anfangs würde Jeb wütend sein, aber er würde sich schon wieder einkriegen.
Ari legte die Hand über den Mund, um das Grinsen zu verbergen.
62 »Max?«
Nudge stand auf der Schwelle meines Zimmers und trat vor Aufregung von einem Fuß auf den anderen.
»Ja?«
»Ich glaube, ich kenne jetzt das Geheimnis des Codes.«
»Schieß los«, sagte ich, nachdem wir uns alle in ihrem Zimmer versammelt hatten.
»Ich glaube, es stammt aus einem Buch«, sagte sie. »Okay, es könnte auch ein Computer-Code sein. In dem Fall knacken wir ihn nie. Aber ich glaube, sie wollen, dass wir ihn knacken – dass du ihn knackst. Es ist ein Teil deines Tests.«
»Bestimmt falle ich bei diesem Test durch.«
»Noch nicht«, mischte sich Nudge ein. »Es gibt noch ein paar Dinge, die wir nicht versucht haben. Zum Beispiel beziehen sich alle Nummern auf ein Buch.«
»Welches Buch?«, fragte Iggy.
»Ein dickes Buch mit vielen Wörtern. Ein Buch, das man leicht findet«, sagte Nudge. »Eins, das überall ist und das ein Haufen Leute haben.«
»Sakrileg« , schlug der Gasmann vor.
Iggy verzog das Gesicht. »Nein. Die Bibel, Schwachkopf. Die gibt’s überall. In Hotels, in den Häusern der Menschen, in Schulen. Das
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