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Das Wolkenvolk 02 - Lanze und Licht

Titel: Das Wolkenvolk 02 - Lanze und Licht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kai Meyer
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wieder die pochende Ader an ihrem Hals und hätte sie am liebsten geküsst.
    » Glaub mir, auch du würdest alles tun, um noch einmal in diesem reinen Licht zu stehen. « Sie blickte hinüber zum Höhle n ausgang. Der helle Spalt legte sich als haarfeiner Reflex über ihre Pupillen. » Es fehlt dir schon im nächsten Augenblick, und du meinst, dir das Herz herausreißen zu müssen, so groß ist dein Gefühl von Verlust. Ich wünschte, ich könnte es dir beschreiben, so wie es wirklich ist, aber es gibt dafür keine Worte … Und ich würde auch gern behaupten, dass ich es bereue und dass ich froh wäre, wenn ich das Licht niemals gesehen und gefühlt hätte . Aber, bei allen Göttern, Niccolo, das wäre eine Lüge. Ich bereue, was ich getan habe, all das Schrec k liche … all die Toten. Doch das Mondlicht – nein, ich bin froh, dass ich weiß, wie es sich anfühlt. Sogar jetzt noch. Einmal in jedem Monat lässt er mich im Licht baden, und dann wird alles gut … Ich weiß nicht, was sonst aus mir würde. « Die Spieg e lung des Höhleneingangs in ihren Augen war zu einem eigenen Feuer geworden, das Niccolo erschreckte und zugleich auf rätselhafte Weise anzog.
    Seine Stimme klang belegt. » Der Aether hat dich allen Ernstes süchtig gemacht nach Licht? «
    Sie nickte langsam, die Augen noch immer nach draußen gerichtet. Dort stieg die Sonne höher und übergoss die Felsen mit rotem Feuer. Niccolo fragte sich unwillkürlich, wie dieser Morgen wohl ausgesehen hätte, wenn das dort draußen reines Sonnenlicht gewesen wäre, unberührt von der Allgegenwart des Aethers.
    Nachdenklich strich er eine schwarze Strähne aus ihrem Gesicht und wünschte sich, er könnte es genauso mit dem Schatten machen, der über ihren Zügen lag. Sie ließ es gesch e hen, wie hypnotisiert von der Erinnerung an das Mondlicht. Er hatte das Gefühl, den Blick von ihrer zarten Schönheit abwe n den zu müssen. Ihre Traurigkeit ließ sie noch verletzlicher erscheinen. Er meinte, sie beschützen zu müssen, und wusste es doch besser.
    » Ich wünschte, ich könnte dir helfe n «, sagte er niedergeschl a gen. » Irgendwie. «
    Sie presste eine Weile lang die Lippen aufeinander, ehe sie schließlich antwortete. » Das kannst du. «
    » Wie? «
    Sie löste ihre Hand von seinem Arm und zeigte auf das Schwert, das ein paar Schritt entfernt im Felsboden steckte.
    » Niemals! «, entfuhr es ihm.
    » Wenn du mich tötest, wird das alles hier ein Ende haben. «
    » Das wird es nicht! « Seine Stimme überschlug sich . » Der Aether würde andere Diener finden. Wahrscheinlich hat er das sogar schon. Warum sollte er sich damit zufriedengeben, nur dich - «
    » Ich war schon fast eine Xian, Niccolo. Da draußen in der Welt gibt es niemanden wie mich. «
    Er nahm ihr Gesicht ganz sanft in beide Hände un d d rehte es vorsichtig in seine Richtung. Dann küsste er sie, presste seine Lippen ganz fest auf ihre. Sie kam ihm entgegen, drückte sich noch enger an ihn, weinte und lächelte dabei und schien nun wahrhaftig in seinen Armen zu liegen wie ein Geist, wie etwas, das er sich immer ersehnt hatte, ein Traumgespinst, das zu einem lebenden, atmenden Mädchen geworden war.
    * * *
    Niccolo erwachte, weil er Mondkind nicht mehr neben sich spürte. Er hatte sicher nicht lange geschlafen, war nur kurz eingenickt. Als er sie nicht sofort entdeckte, fiel sein Blick auf seine Kleidung, zerknüllt neben ihm am Boden . Tieguais Schriftrolle ragte unter seinen Sachen hervor.
    Wo war Mondkind?
    Nicht weit von ihm, nur ein paar Schritt entfernt. Sie war vollständig angezogen, wieder in all das Weiß gehüllt wie eine Fee, und sie stand neben dem Schwert, das noch immer bebend im Boden der Grotte steckte.
    » Wie hast du das gemacht? «, fragte er leise, um sie nicht zu erschrecken.
    Sie löste ihren Blick von Silberdorn und schaute zu ihm hi n über. » Was meinst du? «
    » Dein Kleid. Wir haben darauf gelegen. Jetzt hast du es an, und ich bin nicht mal wach geworden. «
    Sie schenkte ihm ein flatterndes Lächeln. » Ich habe es ger u fen, und da ist es zu mir gekommen. « Ein Schulterzucken. » Ganz einfach. «
    Eine bessere Antwort würde er nicht bekommen. Und es gab so viel Wichtigeres.
    » Du willst doch nicht noch immer, dass ich das tue, oder? «, fragte er mit einem Wink auf das Schwert und schlüpfte in seine Sachen. Er hatte gehofft, möglichst unbeschwert zu klingen, so als gäbe es nicht den geringsten Zweifel. Aber aus einem Grund, den er nicht gleich

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